Wer sozial ist, wird belohnt
Die Stadtverwaltung hat Konzept konkretisiert – Im Mai entscheidet der Gemeinderat

Soziale und bezahlbare Wohnungen werden gebraucht. Symbolfoto: Marijan Murat/dpa
Von Alexander Albrecht
Mannheim. Wohnen für jeden Geldbeutel - damit das auch künftig in Mannheim möglich ist, hat der Gemeinderat bereits im Juni 2017 ein Zwölf-Punkte-Programm verabschiedet. Der Grundsatzbeschluss sieht vor, dass in neu gebauten Mehrfamilienhäusern mit mindestens zehn Wohneinheiten insgesamt 30 Prozent der Wohnungen preiswert angeboten werden muss. Inzwischen sind im Rathaus konkrete Leitlinien erarbeiten worden, die der Gemeinderat Anfang Mai absegnen soll. Baubürgermeister Lothar Quast hält den Eingriff in den Markt für zwingend erforderlich und nannte beim gestrigen Pressegespräch Zahlen.
Danach wird es auch für Durchschnittsverdiener in Mannheim immer schwieriger, eine angemessene und bezahlbare Wohnung zu finden. So liegt die Kaltmiete in Neubauten im Schnitt bei 11,20 Euro pro Quadratmeter. Betroffene stecken in einem Dilemma: Sie haben einerseits Schwierigkeiten, die ansteigenden Mietpreise zu bezahlen, andererseits ist ihr Einkommen noch so hoch, dass sie keine Ansprüche auf staatliche Unterstützung haben. Um ihnen - insbesondere den Familien - zu helfen, hat die Verwaltung drei der zwölf Punkte präzisiert:
Das Quotenmodell: Die 30-Prozent-Regelung wird nur bei Häusern angewendet, für die noch keine Baugenehmigung oder ein Bebauungsplan vorliegt. Die Investoren sollen nicht auf die Idee kommen, lediglich kleine oder Ein-Zimmer-Wohnungen günstig anzubieten. Deshalb wird ihnen auferlegt, mindestens 20 Prozent der entstehenden Wohnfläche unter die Sozialquote fallen zu lassen. Die preiswerten Mieten liegen um ein Drittel niedriger als die ortsüblichen, das sind zu Beginn in der Regel 7,50 Euro pro Quadratmeter - und dürfen nach zwei Jahren um höchstens fünf Prozent je Quadratmeter erhöht werden.
Festgelegt hat die Stadt auch die Einkommensgrenzen für Mietwohnungen, die von Landesförderprogrammen ausgenommen sind. Sie liegen beim Einpersonen-Haushalt bei einem Bruttojahreseinkommen von 47.600 Euro, bei drei Personen sind es 76.500 Euro. Für jedes weitere Familienmitglied steigt die Einkommensgrenze um 9500 Euro brutto jährlich. Wie sonst auch üblich, müssen die Mieter beim Vermieter Verdienstbescheinigungen vorlegen. Zweiterer weist die Einhaltung der Grenzen per Formblatt bei der Stadt nach.
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Das Vergabemodell: Im ehemaligen Benjamin Franklin Village hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft die Investoren verpflichtet, bestimmte Kriterien wie Barrierefreiheit, ein Energiekonzept oder Raum für Menschen mit einer Behinderung zu befolgen. Daran will sich die Verwaltung auch beim Verkauf weiterer städtischer Grundstücke orientieren. Dabei bekommt nicht der Meistbietende den Zuschlag. Nach einem Schulnotensystem wird stattdessen derjenige belohnt, der zum Beispiel mehr als 30 Prozent preisgünstigen Wohnraum zur Verfügung stellt. Auch die Architektur oder ein Mobilitätskonzept fließen in die Bewertung mit ein.
Das Anreizmodell: Städtische Grundstücke werden nicht zum Markt-, sondern zum Bodenwert angeboten. Wer 31 bis 39 Prozent bezahlbaren Wohnraum anbietet, bekommt 30 Prozent des Bodenwerts erlassen. Und wer noch mehr preisgünstige Wohnungen vermietet, erhält einen noch höheren "Rabatt". Dieser kann bis zu 70 Prozent des Bodenwerts betragen. Wahlweise ist es auch möglich, einen verbilligten Erbbauzins mit 20-jähriger Laufzeit zu vereinbaren. Von der Regelung betroffen sind hauptsächlich Flächen, die früher von der US-Armee genutzt wurden, aber ganz aktuell auch ein Teil der Schafweide in der Neckarstadt.
Quast ist überzeugt, dass es mit dem Zwölf-Punkte-Programm der Stadt innerhalb der nächsten zehn bis zwölf Jahre gelingen wird, 10.000 neue Wohneinheiten mit gemischter Bevölkerungsstruktur in Mannheim zu schaffen. "Würden wir das nicht machen, könnten wir dieses Ziel mit Sicherheit abhaken", sagte der Baubürgermeister.