Verkehrsbehinderungen durch Material-Transporte sind massiv
Die Anlieferung von Teilen für die Windräder läuft aber ohne Pannen - Keine Störung durch Windkraftgegner

Baustelle im Wald: Am "Stillfüssel" bei Siedelsbrunn entsteht der Windpark aus fünf Windkraftanlagen. Sie sollen noch dieses Jahr ans Netz gehen und rund 43.000 Megawattstunden Strom im Jahr erzeugen. Das würde rein rechnerisch für etwa 14.000 Haushalte reichen und 22 000 Tonnen CO2 einsparen. Der Energiekonzern Entega aus Darmstadt baut die Windkraftanlagen für 35 Millionen Euro gemeinsam mit der Erbacher Energiegenossenschaft Odenwald. Foto: Entega
Von Carsten Blaue
Siedelsbrunn. "Alles läuft reibungslos", sagt David Maaser von der Transportlogistikfirma Schwandner. Im Auftrag des Energieunternehmens Entega aus Darmstadt bugsieren Maaser und seine Leute seit Ende Oktober die Einzelteile der fünf Windkraftanlagen von Mörlenbach-Weiher auf den Landstraßen 3120 und 535 hinauf zum "Stillfüssel" im Wald bei Siedelsbrunn. Jede einzelne Fahrt ist ein überlanger Schwertransport. Im Schneckentempo geht es durch Serpentinen auf den Berg. Jedes Mal ist es eine zweistündige Millimeterarbeit für die Lenker der selbst fahrenden Vielachser. Und ein Geduldstest für alle anderen Verkehrsteilnehmer. Die Verkehrsbehinderungen durch die Transporte sind zum Teil massiv. Da liegen die Nerven schon mal blank.
Steffen Deichfuß, stellvertretender Sprecher des Landkreises Bergstraße, spricht von uneinsichtigen Autofahrern, die die Transporte durch ihr Verhalten verzögern würden. Einzelfälle, sagt er. Fast noch kritischer sind die Behinderungen im Busverkehr - gerade Schulbusse nach Wald-Michelbach stecken oft fest.
Da helfen auch die Stellen an der Strecke nicht viel, an denen das schwere Gerät überholt werden kann. Daher kam es im Busverkehr schon zu Fahrplanänderungen und zur Streichung ganzer Linien. Für die betroffenen Odenwälder läuft das Ganze also nicht ganz so reibungslos ab, obwohl das Landratsamt der Firma Schwandner Umsicht bescheinigt.
Für Entega zählt, dass es vorangeht: "Wir liegen mit den Transporten und den Arbeiten im Zeitplan und gehen davon aus, dass die Anlagen noch in diesem Jahr ans Netz gehen", sagt der Pressesprecher des Energieversorgers, Michael Leukam. Bis jetzt hat es 21 Fahrten gegeben, bei denen vor allem Turmschalen aus Stahl auf die riesigen Lichtungen im Wald gebracht wurden.
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Jede dieser sogenannten Drittelschalen ist 28 bis 33 Meter lang und 37 bis 40 Tonnen schwer. Die ersten Drittelschalen wurden an den Standorten schon zu ganzen Röhren montiert. "Der Turmaufbau beginnt, sobald der Kran für die Vormontage errichtet ist", informiert Leukam. Für die Endmontage braucht Entega später dann einen noch größeren Kran. Doch bis dahin wird es noch etwas dauern.
Weitere 57 Transporte werden nötig sein - also viel mehr als zunächst mitgeteilt. Noch fehlen insgesamt 32 Turmteile, die aus Husum und Dänemark zum Ablageplatz bei Mörlenbach gebracht werden, um von hier aus den Weg zum "Stillfüssel" anzutreten.
Jeweils fünf Fahrten werden zudem für die Maschinenhäuser und Narben der Windkraftanlagen gebraucht. Und schließlich sind da noch die 15 Transporte für die 62 Meter langen Rotorblätter aus glasfaserverstärktem Epoxitharz, Kohlenstofffasern und massiven Metallspitzen. Die ersten hat Maasers Mannschaft schon in den Wald gefahren.
Anfangs wurden für jede Tour immer zwei "Selbstfahrer" mit Turmteilen beladen. Im Moment schiebt sich nur einer mit seiner schweren Last über die elf Kilometer lange Route, für die im Vorfeld ein sogenanntes "Roadbook" ausgearbeitet worden war. Darin wurde zwar jedes Verkehrszeichen und jedes Detail im Verkauf der Strecke berücksichtigt - die zwei Andreaskreuze, die am Übergang der Solardraisinen-Bahn im Weg standen, aber offenbar nicht. Die mussten erst abmontiert werden, was den ersten Transport am 23. Oktober verzögerte.
Seitdem läuft’s, und auch die Windkraftgegner haben die Anlieferverkehr bislang nicht gestört, wie Leukam auf Anfrage bestätigt. Die Bürgerinitiativen "Gegenwind Siedelsbrunn und Ulfenbachtal" halten lieber an ihren traditionellen Donnerstagsdemos fest. Morgen bekommen sie politische Unterstützung. René Rock, FDP-Fraktionssprecher im hessischen Landtag, hat sich angekündigt.
Richard Leiner von der Bürgerinitiative "Rettet den Odenwald" findet die Entwicklung bemerkenswert, dass sich ausgerechnet die hessischen Liberalen das Thema zu eigen machen: "Die FDP ist ja selbst darüber verwundert", sagt er, "dass Naturschutz und Anwohnerschutz plötzlich zu ihren zentralen Themen werden und die Grünen den Naturschutz zugunsten des Windkraftausbaus komplett aufgegeben haben."



