Die Ersten könnten jede Minute in Mannheim eintreffen
Die Stadtverwaltung hat die Jugendherberge an den Rheinterrassen zur Unterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine umfunktioniert.

Von Olivia Kaiser
Mannheim. Die Jugendherberge ist so etwas wie ein Ass im Ärmel der Stadtverwaltung – ein vergleichsweise kleines, aber überaus geeignetes, wenn es darum geht, gewappnet zu sein. 2015 beispielsweise wurde das Gebäude am Rhein als Flüchtlingsunterkunft ins Spiel gebracht, im April 2020 eine Corona-Quarantänestation eingerichtet. In beiden Fällen kam es nicht zur Belegung. Das ist jetzt anders: Die Stadtverwaltung hat in den vergangenen zwei Tagen mithilfe der Freiwilligen Feuerwehr aus der Jugendherberge eine Notunterkunft inklusive Erstanlaufstelle für Geflüchtete aus der Ukraine gemacht.
Derzeit befänden sich bereits etwa 100 ukrainische Geflüchtete in Mannheim, die privat bei Verwandten und Freunden untergekommen sind, erklärte Oberbürgermeister Peter Kurz am Dienstag bei einem Vororttermin in der Jugendherberge. Doch es werden noch weit mehr Menschen erwartet, vor allem Mütter mit Kindern und Senioren. Deshalb hat die Stadtverwaltung die Task Force "Ukrainehilfe" gegründet, der Sozialamtsleiter Jens Hildebrandt vorsteht.

Wann die ersten Schutzsuchenden in der Jugendherberge eintreffen, sei noch unklar, aber es könnte "jede Minute so weit sein", verdeutlicht Claudia Möller, die die Einrichtung und die Verwaltungsangebote koordiniert. Dazu zählen die melderechtliche Erfassung sowie eine Sozialberatung, bei der festgelegt wird, in welchem Umfang die geflüchteten Sozialleistungen erhalten. Denn die meisten Ukrainer mussten ihr Hab und Gut zurücklassen, sind praktisch mittellos. "Da sie in Deutschland arbeiten dürfen, sind auch Mitarbeitende des Jobcenters vor Ort und beraten", betont Hildebrandt.
Die Jugendherberge bietet Platz für 230 Personen. Wobei das Ziel sei, dass sie so kurz wie möglich in der Notunterkunft bleiben müssen. "Wir erleben eine große Welle der Solidarität", so Kurz. "Für diese Hilfs- und Spendenbereitschaft danke ich allen." Viele Bürgerinnen und Bürger haben die Bereitschaft signalisiert, Geflüchtete aufzunehmen. Daher gibt es auch eine Wohnraumvermittlung. An einer Pinnwand hängen bereits die ersten Angebote. Manche Menschen stellen ein Zimmer zur Verfügung, andere eine ganze Anliegerwohnung. "Aber wir bräuchten 20 Pinnwände", sagt Liza Klaus-Bosike. Die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung ist für die Wohnraumvermittlung zuständig.
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"Wer bereit ist, Geflüchtete aufzunehmen, kann sich bei uns melden", appellierte der Oberbürgermeister an die Bevölkerung. Die Task Force arbeite zwar gerade fieberhaft daran, weitere Notunterkünfte einzurichten, doch ohne die Unterstützung der Bevölkerung werde man wohl nicht alle Hilfesuchenden unterbringen können. "Wie viele Menschen zu uns kommen werden, ist nicht vorherzusehen", so Kurz. "Es könnte aber durchaus eine vierstellige Zahl sein."
Ein wichtiges Augenmerk gilt dabei auch der medizinischen Versorgung – Stichwort Corona. "Wir machen den Menschen mehrfach in der Woche ein Impfangebot", berichtet Gesundheitsamtsleiter Peter Schäfer. Denn die Immunisierungsquote in der Ukraine liege lediglich bei 30 Prozent. Doch auch die medizinische Versorgung abseits der Pandemie – beispielsweise für Menschen mit chronischen Krankheiten, die auf Medikamente angewiesen sind – sei gewährleistet, so Schäfer. Dabei sei man auf die Unterstützung der niedergelassenen Ärzte angewiesen, die man anschreiben werde.
Im Gebäude stehen zudem ein Speisesaal und eine Küche, Gemeinschaftsräume und ein Pavillon zur Verfügung, wo es unter anderem ein Betreuungsangebot für Kinder geben soll. "Es ist wichtig, dass die Menschen erst einmal zur Ruhe kommen können", sagt Claudia Möller, betont aber auch: "Wir haben hier keine Spendenannahmestelle." Diese Aufgabe könne von den Verwaltungsmitarbeitenden und den freiwilligen Helfern in der Jugendherberge nicht gestemmt werden.
Die Stadt Mannheim hat mit dem Verein "Mannheim hilft ohne Grenzen" eine Spendenaktion gestartet. Mit dem Geld werden benötigte Hilfsmaterialien beschafft und in Mannheim angekommene Geflüchtete aus der Ukraine unterstützt. Spenden können an folgendes Konto gerichtet werden: Empfänger: Mannheim hilft ohne Grenzen e.V., IBAN: DE 23.6709.0000.0095.9221 04, Bank: VR Bank Rhein-Neckar eG, Verwendungszweck: "Ukraine". Für Anliegen und Fragen rund um Spenden, Hilfsangebote, Wohnraum und Dolmetscherleistungen wurde eine zentrale Servicestelle eingerichtet. Sie ist von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr unter der Rufnummer 0621/293 32 99 oder per E-Mail an ukraine-hilfe@mannheim.de zu erreichen.