Mannheim

Zehntausende zeigen Solidarität mit Ukraine (Update/Fotogalerie)

Es war eine der größten Demonstrationen der letzten Jahre in der Quadratestadt.

05.03.2022 UPDATE: 05.03.2022 22:26 Uhr 3 Minuten, 36 Sekunden
Foto: Gerold

Von Marco Partner

Mannheim. Tausend wurden erwartet, zehntausend Teilnehmer kamen: Mit einer beeindruckenden Friedensdemo bringen am Samstag unerwartet viele Menschen ihre Solidarität mit der Ukraine zum Ausdruck. Auf einem Schweigemarsch durch die Mannheimer Innenstadt sieht man gelb-blaue Fahnen mit Friedenstauben sowie in Eile gebastelte Transparente und Plakate: "Stop Putin", "Stand with Ukraine", "Give Peace A Chance" oder "Sprechen nicht Schießen" ist darauf zu lesen ist. Es ist ein friedlicher Protest gegen die russische Invasion - und laut den Veranstaltern die größte Friedensdemo, welche die Region je erlebt hat.

Zoe Hettler hat noch um 2 Uhr nachts ihr Plakat in der Küche gestaltet. "Slawa Ukrajini", Ruhm der Ukraine: Der Slogan der Euromaidan-Protestbewegung von 2014, der nach dem militärischen Angriffs Russlands zum Symbolspruch des Widerstands wurde, ist in kyrillischer Schrift darauf zu lesen. Am späten Nachmittag versammelt sich die Mutter mit ihrer Familie und Freunden wie tausend andere Demonstranten am Alten Messplatz. Um Präsenz zu zeigen und Mitgefühl zu demonstrieren. "Trotz Friedensverhandlungen sterben weiter Zivilisten, es ist erschreckend und sehr belastend. Das Einzige, was wir tun können, ist neben Hilfsaktionen auf Kundgebungen zu gehen. Wir hoffen, dass es irgendwie in die Ukraine rüberschwappt. Aber auch nach Russland, damit die Leute dort sehen, was wirklich passiert", betont die Frau aus Eberbach.   

Um 17 Uhr setzt sich der Friedensmarsch in Bewegung. Auch ein Geflüchteter aus Somalia, der selbst den Kriegswirren seines Landes entkommen musste, läuft mit. "Europa muss zusammenhalten", betont er. Angela Hidding geht normalerweise für Klimademos wie Fridays For Future mit jungen Menschen auf die Straße. Ihr Mann Fritz hat als Kind den Zweiten Weltkrieg selbst miterlebt. "Mein Vater wurde wegen Aussagen gegen Hitler weggesperrt", sagt der 1934 Geborene. Und doch will das ältere Paar auch differenzieren. "Man muss aufpassen, wir sprechen nicht von den Russen, sondern von der russischen Regierung", betont sie.

Das personifizierte Feindbild ist auf den Transparenten schnell zu erkennen. "Putin wird seine Meinung nicht ändern, wir können mit der Aktion den Krieg nicht beenden. Aber wir können zeigen, dass wir hinter der europäischen Politik stehen", sagt Tadeusz Grzeszczyk aus Bürstadt, der täglich mit seinen Verwandten in Polen telefoniert und von Hilfsaktionen für Ukraine-Flüchtlinge erfährt. Auf der Breiten Straße zücken Passanten ihre Smartphones, die Einkaufsbummler sind an diesem Samstag deutlich in der Minderheit. Denn aus Ludwigshafen kommend, reihen sich am Paradeplatz weitere tausend Demonstranten in den gigantischen Menschenzug ein. Mit Studenten, jungen Familien, Senioren und auch vielen Russlanddeutschen, die Flagge für die Ukraine zeigen.

Auf das symbolische Schweigen folgen im Ehrenhof des Schlosses die Reden. "Wir sagen Nein zum Krieg, Nein zu Putin und Nein zum Überfall der Ukraine", ruft Organisator Gerhard Fontagnier von der Initiative Uffbasse, die ursprünglich eine Pandemie-Kundgebung plante, aufgrund der schrecklichen Ereignisse mit zerbombten Städten und Dörfern die Vorzeichen der Demo schnell änderte. Somit können wir unserer Ohnmacht Ausdruck verleihen, für Frieden zusammenstehen, helfen und gemeinsam ein starkes Zeichen setzen. Wir sind auch bei den mutigen Menschen in Russland, die sich gegen die Kriegspolitik des russischen Präsidenten erheben und dort für ihren Einsatz verhaftet werden", betont Mit-Organisator Chris Rihm.

"Die Menschen in meiner Heimat fürchten um ihr Leben. Familien sind unter Beschuss, auch Kinder wurden getötet, das ist schreckliche Realität mitten in Europa. In Gedanken bin ich die ganze Zeit bei meiner Familie, bei Freunden, bei meinem Land. Wie kann ein Mensch das Leben von Millionen anderer zerstören? Lasst uns mit diesem Monster Putin nicht allein, der Krieg betrifft nicht nur die Ukraine, er ist auch zwischen Demokratie und Totalitarismus. Seid laut und fordert Unterstützung.?", sagt Kataryna Malakhova von der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft Rhein-Neckar.

Mit Larissa Bogacheva aus Heidelberg sollte auch eine Friedensaktivistin die Bühne betreten, deren Mutter aus Russland und der Vater aus der Ukraine stammt. Die in Ludwigshafen tätige Sozialpädagogin ist selbst nicht vor Ort, kommt aber dennoch zu Wort. "Ich spüre Trauer, Schmerz und Scham. Niemand darf später sagen, er habe es nicht gewusst. Aber es gibt viele freidenkende Russen, es gibt Hoffnung", wird sie zitiert und eine Frage in den Raum gestellt, die keine Antwort kennt. "Wofür sterben eigentlich die russischen Soldaten?"

Update: Sonntag, 6. März 2022, 14.01 Uhr


Mannheim. (pol/mare) Tausende Menschen haben am Samstag in Mannheim friedlich für Frieden und Solidarität mit der Ukraine demonstriert. Das meldet die Polizei.

Kurz nach 16.45 Uhr setzte sich ein Demonstrationsaufzug zum Thema "Frieden und Zusammenhalt! Solidarität mit der Ukraine" vom Alten Messplatz in Richtung des Mannheimer Schlosses in Bewegung. Zeitgleich startete am Berliner Platz in Ludwigshafen ein Aufzug mit demselben Thema, der gegen 17.30 Uhr ebenfalls am Ehrenhof eintraf.

Wie bereits im Vorfeld erwartet, wurden die angemeldeten Teilnehmerzahlen vermutlich auch dem guten Wetter geschuldet deutlich übertroffen. Auch zahlreiche "Kurzentschlossene" schlossen sich spontan dem Versammlungsgeschehen an. In der Spitze nahmen in Mannheim rund 9000 Personen am Aufzug teil, der sich zeitweise über die gesamte, rund eineinhalb Kilometer lange Strecke bis zum Ehrenhof erstreckte. Der Demonstrationsaufzug aus Ludwigshafen erreichte eine Teilnehmerzahl von rund 1200 Personen.

An der gemeinsamen Abschlusskundgebung im Ehrenhof des Mannheimer Schlosses fanden sich rund 7200 Demonstranten ein, wobei weitere rund 3000 Teilnehmer auf der gesperrten Bismarckstraße Platz fanden, damit die pandemiebedingten Auflagen erfüllt werden konnten.

Auf den Mannheimer Straßen kam es zwischen 16 und 19 Uhr zu Verkehrsverdichtungen, insbesondere im Bereich des Parkrings und vom Kaiserring bis zum Friedrichsplatz. Die Bismarckstraße war auf Höhe des Schlosses für kurze Zeit in beide Fahrtrichtung voll gesperrt.

Bis kurz nach 18 Uhr war außerdem auch der öffentliche Personennahverkehr zwischen dem alten Messplatz und dem Ehrenhof beeinträchtigt.

"Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Thema "Frieden und Zusammenhalt" von allen Teilnehmern auch im Rahmen des Demonstrationsgeschehens optimal umgesetzt wurde", zieht die Polizei Fazit. Es kam zu keinem Zeitpunkt zu Störungen oder strafbaren Verhalten.

Es war eine der teilnehmerstärksten Versammlungen der letzten Jahre in Mannheim.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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