Schwetzinger Ehrenamtsschule

Sprachwissenschaftlerin gibt Flüchtlingen Deutschunterricht

Katrin Bischl ist eine von ungefähr 20 Ehrenamtlichen, die in verschiedenen Fächern unterrichtet

17.08.2018 UPDATE: 19.08.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 16 Sekunden

In Schwetzingen gibt es eine Ehrenamtsschule für Flüchtlinge. Etwa 20 engagierte Lehrer, so wie Katrin Bischl, geben den Flüchtlingen ehrenamtlich und kostenlos abends Unterricht. Foto: Lenhardt

Von Marion Gottlob

Schwetzingen. Es wird geschwatzt und gelacht, aber es ist ein ganz besonderes Plauderstündchen: Katrin Bischl gibt fünf Flüchtlingen ehrenamtlich Unterricht in Deutsch. Jeder Teilnehmer spricht so viel wie möglich, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Katrin Bischl ist eine von ungefähr 20 Ehrenamtlichen, die Unterricht in verschiedenen Fächern erteilen. Die Sprachwissenschaftlerin bereitet Geflüchtete auf Sprachprüfungen vor und begleitet sie während der Ausbildung. Die Stadt Schwetzingen stellt im ehemaligen Hotel Atlanta kostenlos Räume für den Unterricht zur Verfügung.

Seit wann es diesen Unterricht gibt, können die Beteiligten gar nicht sagen. Im Arbeitskreis Integration (früher AK Asyl) fanden ganz unbürokratisch Menschen zusammen, die helfen wollten. Zu ihnen zählen Hausfrauen, Rentner, Theologen und Angestellte. Es gibt jede Woche 19 Unterrichtsangebote und einen "Springer-Unterricht". Auf dem Stundenplan stehen unter anderem Mathematik, Deutsch und Sozialkunde. Bischl erinnert sich: "Als 2015 so viele Flüchtlinge kamen, wollte ich etwas tun." Viermal pro Woche gibt sie mittlerweile anderthalb Stunden am Abend Nachhilfe für Berufsschüler. Die Materialien für den Unterricht erarbeitet sie selbst, kauft sie auf eigene Kosten oder von Spendengeldern, die die Stadt verwaltet.

Bischl stimmt den Unterricht individuell auf die Bedürfnisse ihrer Schüler ab. Beim Besuch der RNZ geht es um den Antritt einer neuen Stelle und über die Rechte und Pflichten eines Arbeitgebers wie Arbeitnehmers. Ein Flüchtling sagt: "Wenn ich arbeite, dann habe ich das Recht, jeden Monat Geld zu bekommen." Seine Lehrerin fragt: "Wie nennt man das Geld?" Die Gruppe trägt verschiedene Begriffe zusammen: "Gehalt, Lohn, Entgelt - es ist kein Taschengeld."

Der Unterricht ist für Flüchtlinge gedacht, die entweder keine oder wenig staatliche Unterstützung für die kostenpflichtigen Kurse an der Volkshochschule oder anderen Institutionen erhalten. Abdou aus Gambia ist seit mehr als zwei Jahren in Deutschland. Er hat Deutsch-Kurse in Mannheim und Schwetzingen besucht. Zunächst hat er ein Jahr lang als Helfer bei einer großen Supermarktkette gearbeitet und macht nun eine Lehre zur Fachkraft für Lagerlogistik: "Ich möchte mein Deutsch verbessern - ich möchte lernen, wie ich mit meinen Kollegen sprechen kann."

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Der 28-jährige Alagie aus Gambia lobt den Kurs: "Wir haben so viel gelernt." Er hat zwei Jahre lang in verschiedenen Bereichen gejobbt, nun beginnt er eine Ausbildung als Elektriker. Der 34 Jahre alte Abdoulie absolviert schon seit einem Jahr eine Ausbildung zum Bürokaufmann: "Die Sprache ist so schwer." Er übt, wie man mit Kunden spricht und E-Mails formuliert. Der Spracherwerb ist wichtig. Bakary (21) arbeitet als Maler und weiß: "Wer die Sprache kann, der kann Kontakt zu anderen Menschen haben und um Hilfe bitten." Ein weiterer Flüchtling hat seinen Hauptschulabschluss gemacht und startet nun eine Lehre als Fliesenleger: "Beim Schreiben und Lesen habe ich keine Probleme, aber beim Sprechen", erklärt er.

Neben dem Sprachunterricht werden die Unterschiede der verschiedenen Kulturen besprochen. Ein Beispiel: In manchen afrikanischen Ländern ist es üblich, sich am Arbeitsplatz überschwänglich zu begrüßen. Doch wenn ein Flüchtling in Deutschland eine Sekretärin mit dieser Begeisterung begrüßt, fühlt sie sich vielleicht belästigt. Ein Vorgesetzter empfindet so eine Begrüßung eventuell als unangemessen und respektlos. Also ist ein wenig Zurückhaltung angesagt.

Auch Themen wie Konkurrenz können in diesem Sprachunterricht der besonderen Art besprochen werden. Die Männer haben fast ausschließlich gute Erfahrungen gemacht und erfahren Hilfsbereitschaft. Doch es kann Konkurrenz unter Landsleuten und zu Kollegen aus anderen Ländern geben. Ein Sprachschüler betont jedoch: "Vieles geht gut: Ich arbeite, ich lerne, ich schaue in die Zukunft."

Und der Umgang mit Frauen? Die Flüchtlinge lachen und deuten auf ihre Lehrerin: "Boss-Lady!" Katrin Bischl sagt lächelnd: "Ich werde als Frau und Lehrerin akzeptiert."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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