Schwetzingen

Inklusives Sportevent beim "Open Sporty Sunday"

"Es ist so schön, in strahlende Augen zu schauen". Kinder aus der gesamten Region nahmen teil.

19.09.2023 UPDATE: 19.09.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 53 Sekunden
Man kann den Kindern ansehen, wie viel Spaß sie beim „Open Sporty Sunday“ in der Sporthalle des Schwetzinger Hebelgymnasiums haben. Foto: Lenhardt

Von Marion Gottlob

Schwetzingen. Worüber andere nur reden, das wird in Schwetzingen Wirklichkeit: Beim "Open Sporty Sunday" treffen sich Kinder mit und ohne Handicap jeden Monat zwei Stunden lang zum gemeinsamen Sport. Initiatoren und verantwortliche Organisatoren sind Jens Rückert vom TV Schwetzingen 1864 und Michael Zipf von der HG Oftersheim/Schwetzingen. Bei jedem Treffen erhalten alle Kinder eine Urkunde. Jens Rückert, Mitglied des Vorstands des TV Schwetzingen, sagt: "Bei uns ist jedes Kind ein Gewinner."

Die Idee entstand in der Corona-Zeit, als offensichtlich wurde, dass speziell den Kindern Gemeinsamkeit und Bewegung fehlten. 2021 folgte die Gründung des monatlichen Trainings- und unverbindlichen Schnupper-Angebots "Open Sporty Sunday". Nun findet das Ereignis regelmäßig in der Sporthalle des Hebelgymnasiums statt.

Man kann es sich kaum vorstellen: Jedes Mal entwickeln Natalie Zimmermann, Studentin der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd, und Gabriel Henrich, Tobias Dosch und Max Rubenbauer, alle Studenten der PH Heidelberg, im Team neue, kreative Ideen und sportpädagogische Konzepte für den variablen Bewegungsparcours. "Wir bauen nie das Gleiche auf, mal gibt es Tanz und mal andere Bewegungsspiele", bestätigt Natalie Zimmermann.

Man kann den Kindern ansehen, wie viel Spaß sie beim „Open Sporty Sunday“ in der Sporthalle des Schwetzinger Hebelgymnasiums haben. Fotos: Lenhardt

Beim RNZ-Besuch im August können die Kinder mit einem riesigen Ball große Kegel umwerfen. Natalie Zimmermann erklärt: "Das macht richtig Spaß. Die Kinder lernen, den Ball in die richtige Richtung zu stoßen." Im Bälle-Becken wiederum können die Kleinsten die Bewegung der Bälle am ganzen Körper erfühlen. Beim Roundnet spielt eine ganze Gruppe, deren Mitglieder den Ball so ins Netz werfen, dass die anderen ihn möglichst nicht fangen können. "Die Kinder dürfen auch eigene Regeln erfinden", erläutert Gabriel Henrich.

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Beliebt ist eine Hindernis-Station, an der die Kinder zunächst zwei Kästen hochsteigen, dann über eine hängende Bank balancieren, eine schräge Bank hinauflaufen und sich über die Sprossenwand zu einer weiteren Bank hangeln, um dann nach unten zu rutschen. Teamer und Coach Hanspeter Eichhorn, Abteilungsleiter Volleyball und früherer Lehrer, erläutert: "Hier können die Kinder neue Erfahrungen wie Klettern und Rutschen ausprobieren – vor allem können sie Ängste überwinden."

Ein Mädchen ist so mutig, dass sie auf der hängenden Bank extra hin- und herschaukelt. Der vier Jahre alte Paul ist ein bisschen vorsichtiger. Er krabbelt erst einmal über die instabile Bank, doch anschließend läuft auch er strahlend hin und her. "Ich überrede kein Kind zu einer Mutprobe. Bei uns sollen die Kinder selbst entscheiden lernen, welche Grenzen sie überwinden möchten", betont Hanspeter Eichhorn.

An der Wellenbahn können die Kinder per Seil die "Wellen" erklettern und sich über "Wellen" hinunterkullern lassen. Hier treibt Clown Schoko, alias Regina Oni-Weber, ihren Schabernack mit den Kindern und rollt mit ihnen hin und her. Sie sagt: "Ich möchte die Kinder aus ihrer Komfortzone locken und ihnen die Lust und Freude an der Bewegung vermitteln." Die Kinder lassen sich auf den Spaß ein.

Mutter und ehrenamtliche Trainerin, Petra Frank, bestätigt: "Die Kinder sind so unterschiedlich und haben so viel Lebensmut. Ich bin dankbar, dass ich sie unterstützen darf. Das macht Spaß." Karla (10) ist geistig-körperlich behindert mit einer Autismus-Spektrum-Störung. Fast jeden Monat besucht sie mit ihren Eltern und ihrem nicht behinderten Bruder Anton den "Open Sporty Sunday".

"An dieser Veranstaltung können wir mit der ganzen Familie teilnehmen", freut sich Mutter Julia. Karla liebt das Spiel mit dem großen Schwungtuch. Ihre Mutter Julia ergänzt: "Sie genießt es, den Wind zu spüren." Manchmal mag Karla auch schaukeln, rutschen oder ein Spiel auf dem Trampolin erproben.

Brigitte Weik, TV-Mitglied wurde im vergangenen Jahr als "Heldin des Jahres" für ihren ehrenamtlichen Einsatz im Verein ausgezeichnet. Gemeinsam mit dem großen Team (insgesamt über 80 Teamer) achtet sie darauf, dass sich die Kinder wohlfühlen und nicht ängstigen. "Wir fördern die Selbstständigkeit der Kinder. Hier können sie sich individuell entfalten", sagt sie.

Die Eltern der Kinder sind meist nicht in der Halle, sondern auf der Empore. Weik fügt hinzu: "Wir nehmen den Eltern für zwei Stunden die Sorge für die Kinder ab – gleichzeitig üben die Eltern das Loslassen." Extra auch für die Eltern gibt es im Foyer der Halle einen "Familien-Treff" mit kostenlosen (gegen eine freiwillige Spende) Kalt- und Warmgetränken und Snacks.

Mutter Caroline ist das erste Mal dabei: "Hier lernen schon kleine Kinder die Begegnung mit anderen Kindern mit und ohne Handicap. Das ist gelebte Inklusion." Mutter Stephanie ergänzt: "Hier können wir Eltern in Ruhe miteinander reden." Christine Kreichgauer vom TV-Vorstand und ihr Mann Thomas sind ehrenamtlich für das Catering verantwortlich. Das Paar ist einer Meinung: "Wir engagieren uns gerne. Es ist so schön, wenn man in die strahlenden Augen der Kinder schaut."

An jedem Open Sporty Sunday nehmen in der Regel zwischen 50 und 90 Kinder teil. Zu Beginn des Treffens wandern viele von ihnen zunächst alleine zwischen den Stationen hin und her. Doch je länger sie da sind, desto mutiger werden sie und wagen oft Gruppenspiele.

"Diese Möglichkeit für Begegnungen von Kindern mit und ohne Einschränkung fehlt meist im normalen Alltag und erst recht im organisierten Vereinssport", sagt Jens Rückert. "Wir bieten den Raum und die Zeit für solche gemeinschaftlichen Erlebnisse. Und zwar mit Sport in seiner ursprünglichen Form.

Hier gibt es weder überflüssigen Leistungsdruck noch konkurrierenden Wettkampf", ergänzt er. Die Kinder würden so den puren Spaß an der Bewegung in einem respektvollen und verständnisvollen Umgang miteinander erleben." Und dieses Konzept kommt bestens an. Zum Abschied meinte ein Vater mit einem freudigen Lächeln: "Meine Kinder freuen sich auf jedes Treffen."


> Der Schwetzinger "Open Sporty Sunday" ist für Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren (gerne auch etwas jünger oder älter) mit und ohne Handicap. Es gibt innovative Turn- und Spielgeräte zum aktiven Ausprobieren, eine spezielle "Wheelchair Sports Area" mit einem Parcours und Spielfeld für Rollstuhl-Basketball und Para Boccia sowie eine breite Palette von unterschiedlichsten Ballspielen. Die kommunale Schulsporthalle ist komplett barrierefrei.

Das Angebot ist kostenlos und die aktive Teilnahme ohne Vereinsmitgliedschaft möglich – das ist zumindest regional einmalig. Medizinisch betreut wird die Veranstaltung von einem Team des DRK Schwetzingen und Dr. Markus Wallenwein, Trainer und TV-Abteilungsleiter Leichtathletik. Der umfassende Versicherungsschutz gilt grundsätzlich und selbstverständlich für alle Teilnehmer. Eine Anmeldung ist unbedingt erforderlich. Mehr Infos unter www.tv1864.de

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