Rhein-Neckar

Zu wenig Strom bedeutet Wohlstandsverlust

"Energieforum Rhein-Neckar" fordert zügigen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Ländlicher Raum muss Städte künftig mitversorgen.

16.11.2022 UPDATE: 16.11.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden
Großverbraucher: Allein der Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen benötigt rund ein Prozent der deutschen Strommenge. Foto: dpa

Von Harald Berlinghof

Mannheim. "Wir müssen Vollgas geben, um unsere Klimaziele noch zu erreichen", brachte es Manfred Schnabel, Präsident der IHK Rhein-Neckar am Dienstag beim viertägigen "Energieforum Rhein-Neckar" im Mannheimer Technologie- und Gründungszentrum "Mafinex" auf den Punkt. Es ging in einem Podiumsgespräch um die bezahlbare, klimaschonende und krisensichere Seite der Energieversorgung. Und hier schob Schnabel gleich einen Gedanken nach, der nicht jeden Tag zu hören, aber eigentlich ganz selbstverständlich ist: "Deutschland muss als Vorreiter in der Welt, besser als Vorbild dienen in Bezug auf die Umsetzbarkeit von Klimaschutzzielen. Und zwar – das ist ganz wichtig – unter Sicherung unseres Wohlstandes. Niemand in der Welt wird einem Modell folgen, das Wohlstandsverluste generiert", glaubte er.

Die Unternehmen und die großen Industriebetriebe seien wichtige Wirtschaftsfaktoren. Die BASF ist zugleich der größte Stromverbraucher der Metropolregion. Der Chemiekonzern benötigt rund ein Prozent der gesamten deutschen Strommenge. "Ohne ausreichend Strom werden wir an Wohlstand verlieren. Große Konzerne wie die BASF können notfalls in andere Regionen und Länder ausweichen. Die Leidtragenden werden aber die Menschen vor Ort sein", beschwor Schnabel in seinem Statement den zügigen Ausbau der Stromerzeugung auf Basis der Erneuerbaren Energien.

Die Fakten dafür lieferte ihm die vom Fraunhofer Institut erarbeitete und von der IHK in Auftrag gegebene Stromstudie für die Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) bis zum Jahr 2045. Dort wird deutlich, dass der Strombedarf in der Region mit Hilfe von Windkraftanlagen, Dach- und Freiflächen-Photovoltaik sowie kleinerer Beiträge von Biomasse und Wasserkraft rein rechnerisch abgedeckt werden kann. Doch wurde errechnet, dass das nur dann gilt, wenn man ein abstraktes, aber technisch mögliches Potenzial der Energieformen zugrunde legt. Das sogenannte realistische Potenzial reicht dagegen nicht aus. Darunter versteht man bürokratische Hürden beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, politische Vorgaben oder psychologische Hindernisse. Etwa, dass Eigentümer einfach nicht mitmachen wollen.

Auch der Vorstandsvorsitzende der MVV Energie AG, Georg Müller, bedauerte zu hohe bürokratische und politische Hürden beim Ausbau. "Gesetzliche Steuerungsmaßnahmen müssen konstant sein. Sonst entsteht bei Unternehmen Unsicherheit und Investitionszurückhaltung", so der Firmenchef. Die Mannheimer Grünen-Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen machte deutlich, dass man in der Regierungskoalition in Berlin daran arbeite. Im "Osterpaket" habe man im April schnellere Umsetzungsplanungen verabredet. "Umweltverträglichkeitsprüfungen oder Bürgerbeteiligungen sind wichtig, aber sie müssen beschleunigt werden", sagte sie. Es gebe bürokratische Hürden für Privatpersonen, die als kleine Details wahrgenommen würden, die aber am Ende beim Ausbau der Erneuerbaren Energien eine negative Wirkung entfalten.

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Deutlich wurde in der IHK-Studie, dass die größten Potenziale für Windenergie und Freiflächen-Photovoltaik im Neckar-Odenwald-Kreis, im Kreis Bergstraße und im Rhein-Neckar-Kreis liegen. Für Solardächer sind eher die Städte, aber auch der Rhein-Neckar-Kreis prädestiniert.

Bisher befinden sich die Stromversorger in den Städten an den Flüssen (etwa das Großkraftwerk Mannheim). Von dort wird auch der ländliche Raum versorgt. Doch "der Wind hat sich gedreht". In Zukunft muss der ländliche Raum die Städte mitversorgen. Die Flüsse wie der Rhein behalten ihre Bedeutung als Transportwege.

Und in Zukunft muss nicht mehr Kohle zu den Kraftwerken gebracht werden, sondern Wasserstoff, der in der Modellregion Rhein-Neckar als Energiebasis neben den "Erneuerbaren" fungieren muss. Doris Wittneben, Leiterin des Fachbereichs Zukunftsfelder und Innovation in der MRN GmbH, betonte, dass man im Verband im zweiten Quartal 2023 eine Untersuchung vorlegen werde, die den Wasserstoffbedarf der Metropolregion benennen werde. "Es werden aber sicher Wasserstoff-Importe von außerhalb nötig sein", sagt sie.

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