Oftersheim

Der Rod & Gun Club wird nach knapp 50 Jahren plattgemacht

Wilder Westen mitten im Hardtwald - "Die haben es krachen lassen"

09.08.2019 UPDATE: 10.08.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 24 Sekunden

Noch steht der Schießstand des Rod & Gun Clubs, bald wird alles dem Erdboden gleichgemacht. Foto: Lenhardt

Von Rolf Kienle

Oftersheim. Das war der Wilde Westen pur: eine Lodge, Countrymusik und Squaredance am Wochenende, Cowboy-Outfit, Barbecue und Schießen. Ganz nach dem Geschmack vieler US-Amerikaner, die sich im Hardtwald ein Refugium schufen und sich dort vermutlich fast wie zuhause fühlten. Das war der Rod & Gun Club, der 1971 gegründet wurde und mit dem Abzug der US-Streitkräfte 2013 ein Ende fand. Manche trauern dem Clubleben noch heute nach, denn "die haben es krachen lassen" - was nicht nur fürs Schießen galt.

Ein wenig erahnt man den Westernflair noch: Das flache Gebäude gleich hinter dem Parkplatz war Bar, Laden, Lounge, Büro und Treffpunkt in einem. An der Schmalseite des Raums, gegenüber der Bar, prangt ein ziemlich beeindruckendes Motiv eines Jägers mit Hund in den schneebedeckten Alpen. Ganz große Kulisse - mindestens fünf Meter breit und zwei Meter hoch. Man mag es für Kitsch halten, aber es ist ein Hingucker.

Wer da am prasselnden Feuer des riesigen Kamins saß und den Blick auf die Alpenlandschaft warf, der war definitiv in einer anderen Welt. Manche schon vorher: "Wenn ich durch das Tor fuhr, war ich in Amerika", erinnert sich André Eller aus Oftersheim. Er hat viele Jahre am Schießbetrieb teilgenommen und war Vorsitzender des Schützenvereins Deutsch-Amerikanischer Freundschaftsclub (DAF).

Sonntags boten die Akteure des Rod & Gun Clubs stilechten Brunch an, was preiswert und üppig war, erzählt Eller. Gelegentlich gab es "Feste vom Feinsten" mit Steak und Hummer - Letzterer frisch aus dem US-Bundesstaat Maine eingeflogen. "Alles für kleines Geld."

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Auch Johanna und Wolfgang Willam kamen gern zum Schießen in den Rod & Gun Club. Die Squaredance-Formationen übten ihre Tänze und Westernbands traten auf. "Am Wochenende war richtig was los." Dann traten die Schützen auch mal in Westernkleidung auf, was mitunter gut zu den Wettbewerben passte. Auf dem Clubgelände fand unter anderem die Weltmeisterschaft im Westernschießen statt: Geschossen wurde aus der Hüfte.

Mittlerweile sind die Willams ein paar 100 Meter weiter gezogen. Vom Schießen wechselten sie zu Golf. Den Platz legten die Amerikaner schon Mitte der 1950er-Jahre gleich hinter dem Wald an. Irgendwann wollten sie auch dort offenbar nicht mehr unter sich bleiben und ließen einen deutschen Golfclub zu. Am Clubhouse, das sich heute Fairway nennt, hat sich optisch nicht viel geändert: Country-Stil mit offenem Kamin. Auf der Speisekarte stehen natürlich Spareribs und Chickenwings. Was sonst.

Zurück zum Rod & Gun Club. Obwohl es Territorium der US-Streitkräfte war, kam man anfangs mit einer einfachen Karte aufs Gelände. Offiziell durfte man als Deutscher im großzügigen Laden nicht einkaufen. Die Ware - Gewehre und Munition - war zollfrei und direkt von der Army beschafft. Ein T-Shirt oder eine Baseballkappe gab’s schon mal auf Umwegen. Waffen oder Munition nie. "Das sieben Hektar große Areal war für Sportschützen das Nonplusultra", weiß André Eller. Etwas Besseres hat er noch nicht gesehen.

Schon vor 2013 war klar: Der Spaß hat bald ein Ende. Es war angekündigt worden, dass die US-Army sich aus Heidelberg zurückzieht und die Anlage im Hardtwald aufgibt. "Wir waren alle traurig", beschreibt André Eller. Ebenso hart traf es die Heidelberg Archers, einen Heidelberger Bogenschützenverein, der seit 1974 auf dem Gelände seinem Sport nachging. Gegründet wurde er überwiegend von Amerikanern. Am Ende zählte der Verein 140 Mitglieder, die meisten davon Deutsche. Man war bereit, einen Teil des Areals zu kaufen, aber das Forstamt winkte ab. Von Bogenschützen gehe eine gewisse Gefährdung aus, hieß es damals.

Nun soll alles abgerissen werden. Die Gebäude und die versiegelte Fläche. Mit dem Hauptgebäude fällt dann auch die Alpenlandschaft mit Jäger und Hund der Spitzhacke zum Opfer, denn das Bild wurde seinerzeit direkt auf die Wand gemalt. Rettung ausgeschlossen.

Ein Teil des alten Mobiliars ist übrigens noch zu haben. Wer Interesse daran hat, kann sich per E-Mail an gerempel@gmx.de wenden.

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