Oftersheim: Aufgaben können bald nicht mehr gestemmt werden

Doch der Gemeinderat stimmte dem Haushaltsplan 2017 letztlich bei einer Gegenstimme mit großer Mehrheit zu

22.02.2017 UPDATE: 23.02.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 41 Sekunden

Symbolfoto: dpa

Oftersheim. (stek) Es sieht nicht gut aus. Auf allen Ebenen musste Bürgermeister Jens Geiß für den Haushalt 2017 rote Zahlen vermelden. Im Ergebnishaushalt verzeichnet die Gemeinde einen Verlust von 1,35 Millionen Euro. Und im Finanzhaushalt stehen Investitionen von deutlich über 3,6 Millionen Euro Erlösen von gerade einmal 390.000 Euro gegenüber. Der Ausgleich gelingt hier nur mit einer Abschmelzung der liquiden Mittel von 1,5 Millionen Euro und einer Kreditaufnahme über zwei Millionen Euro. Und das alles trotz Erträgen nah am Rekordniveau.

Wenn alle geplanten Maßnahmen umgesetzt werden, so der Bericht der Leiterin des Rechnungsamtes, Sylvia Fassott-Schneider, könnten sich die Schulden bis 2020 fast verdreifachen. Bereits für das laufende und das Haushaltsjahr 2018 stünden Kredite von fünf Millionen Euro im Haushaltsplan. "Das wäre im Vergleich zu heute eine Verdopplung." Es seien keine dunklen Wolken am Horizont, "es ist eine geschlossene dunkle Wolkendecke", so der Bürgermeister. Und Fassott-Schneider attestierte, dass Oftersheim seine Aufgaben bald alleine nicht mehr stemmen könne.

Die Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik sei durchaus problematisch, betonte Geiß. Grundsätzlich sei es sinnvoll, die Kommunen mittels Abschreibung dazu zu zwingen, nachhaltiger zu wirtschaften. Aber Kommunen seien keine Unternehmen, bei denen die Abschreibung ja auch der steuerlichen Optimierung diene. In Oftersheim sorge die Abschreibung in 2017 für ein Minus von zwei Millionen Euro. Deswegen stehe Ende 2017 im Ergebnishaushalt ein Verlust von 1,35 Millionen Euro. Und auf der Investitionsebene seien viele Projekte äußeren Ursachen geschuldet.

Wie etwa die eine Million Euro für Wohnraum für Geflüchtete. Dieses Jahr muss die Gemeinde 103 Menschen im Rahmen der kommunal verantworteten Anschlussunterbringung unterbringen. Zugleich würden sich diese Kosten durch die Mieteinnahmen mittelfristig jedoch refinanzieren. Dennoch sei der Zeitpunkt dieser finanziellen Aufgabe natürlich ungünstig. Eine weitere Million Euro werde durch Kanal- und Straßenbauarbeiten "verbuddelt". Und dann stehe da noch geplante Rettungszentrum für die Freiwillige Feuerwehr und das Deutsche Rote Kreuz an. Ein Investitionsvolumen im mittleren einstelligen Millionenbereich.

Es seien große Kraftanstrengungen nötig und der Frage, "was wir uns leisten können und was nicht", könne nicht mehr ausgewichen werden. Den Personalkostenanteil von rund 6,7 Millionen Euro, immerhin ein Viertel des Ergebnishaushalts, verteidigte Geiß. Denn auch Aufgaben und Ansprüche würden mehr und das könne nicht ohne Auswirkungen auf die Personaldecke bleiben.

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Tobias Ober (FW) ließ keinen Zweifel daran, dass ihm dieses Zahlenwerk die Sorgenfalten auf die Stirn treibe. "Trotz bester Einnahmesituation sind wir nicht in der Lage, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen." Ein Grund hierfür seien die zahlreiche Investitionen der vergangenen Jahre, die der Gemeinde über Abschreibungen nun die Luft abschnürten. Dabei ließ er keinen Zweifel daran, dass von Bund und Land bis zu Bürgermeister und Verwaltung viele gerade keine rühmliche Rolle spielten. Zu vieles befinde sich auf der langen Bank. Bei den Friedhofsgebühren sei schon länger klar, dass der Deckungsgrad zu gering sei. Passiert sei jedoch nichts. Und die Personalkosten stiegen ungebremst.

Annette Dietl-Faude (CDU) ließ keinen Zweifel daran, dass diese Entwicklung, frei nach Franz Alt, kein Schicksalsschlag sei, sondern Folge von Entscheidungen. Damit liege es am Gemeinderat, Weichenstellungen vorzunehmen, um die Gestaltungskraft erhalten zu können. Vor allem "Leuchtturmprojekte" wie den Neubau der Schimper-Gemeinschaftsschule kosteten die Gemeinde jährlich eine halbe Million Euro und das über 20 Jahre. Es müsse mehr in Frage gestellt werden und vor allem auch nach Kassenlage entschieden werden.

Jens Rüttinger (SPD) betonte, dass bei den Betrachtungen der Investitionen die Erträge zu sehr außen vor bleiben und ein schiefes Bild entstehe. Trotzdem müsse natürlich gespart werden. Den Plänen zu einer neuen Saunalandschaft beim Bellamar erteilte er eine klare Absage.

Eine Ansage, die Patrick Schönenberg (Grüne) gerne weiter führen wollte. Für ihn sei ein Komplettausstieg aus dem Bellamar das einzig Richtige. Denn die finanzielle Entwicklung halte er für "inakzeptabel". Für Oftersheims Prosperität müssten harte Entscheidungen getroffen werden, das dürfe aber nicht zu verkürzten Betrachtungen führen. Geflüchtete kosteten wie jeder Neubürger Geld. Aber sie bringen über die FAG-Zuweisungen auch Geld. Und für die Schimper-Schule habe die Gemeinde so oder so Geld ausgeben müssen. Immerhin sei hier 40 Jahre nichts gemacht worden.

Peter Pristl (FDP) zeigte sich resigniert. Ansprüche stiegen laufend und Einsparungen seien politisch kaum durchsetzbar. Aber genau hier, an der Wünsche-Front, müsse bald Schluss sein. Letztlich wurde dem Haushaltsplan 2017 bei einer Gegenstimme Pristls mehrheitlich zugestimmt.

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