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Große Erwartungen in den geplanten Verbund der Kliniken (Update)

Gibt es in Mannheim/Heidelberg bald ein neues Leuchtturmprojekt der Medizin? Die Politik feiert einen geplanten Verbund der beiden Kliniken.

20.03.2023 UPDATE: 21.03.2023 14:00 Uhr 3 Minuten, 13 Sekunden

Das Uniklinikum Mannheim. Foto: Gerold

Mannheim/Stuttgart. (dpa-lsw) Grünes Licht für einen Zusammenschluss der Universitätskliniken Heidelberg und Mannheim: Das Kabinett hat sich am Dienstag verständigt, einen gesellschaftsrechtlichen Verbund der beiden Kliniken anzustreben, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Die Stadt Mannheim und große Teile der Politik begrüßten den geplanten Zusammenschluss. Das Universitätsklinikum Heidelberg soll dabei Mehrheitsgesellschafter der Mannheimer Uniklinik werden und die strategische Führung des Verbunds in einem sogenannten Mutter-Tochter-Modell übernehmen.

Beide Krankenhäuser sollen demnach auf medizinischer, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Ebene eng zusammenarbeiten, ohne ihr eigenständiges Profil zu verlieren. Das Land könne auf die Forschungs- und Ausbildungskapazitäten des Uniklinikums Mannheim nicht verzichten. Mit dieser Absichtserklärung sollten nun schnellstmöglich Verhandlungen zwischen dem Land und der Stadt Mannheim sowie mit den universitären Partnern aufgenommen werden, hieß es aus dem Kabinett.

Das Uniklinikum Heidelberg hat fast 2600 Betten sowie gut 86 000 stationäre und mehr als eine Million ambulante Patienten im Jahr. Mit 10 700 Beschäftigten zählt es zu den wichtigsten Arbeitgebern der Region. Im Mannheimer Haus arbeiten rund 4300 Mitarbeiter. Sie behandeln nahezu 45 000 Patienten stationär und über 170 000 ambulant.

Renommierte Beratungsunternehmen haben der Stadt Mannheim zufolge die Wirtschaftlichkeit und medizin-strategische Sinnhaftigkeit des Verbunds nachdrücklich empfohlen. "Nun kommt es darauf an, konkrete Verhandlungen zur Umsetzung möglichst rasch aufzunehmen und abzuschließen", so Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD). "Mit dem vorgeschlagenen Verbund können wir die Voraussetzungen schaffen, gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg ein europäisches Leuchtturmprojekt der Medizin zu schaffen."

Grünen-Landtags-Fraktionschef Andreas Schwarz meinte: "Wir möchten einen Ort schaffen, an dem Unternehmen der Gesundheitswirtschaft, innovative Forschungslabore und die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten ihre Stärken bündeln können." Wichtige Medizinstudienplätze in Mannheim und Heidelberg würden erhalten und Kräfte der Spitzenwissenschaft im Kampf gegen Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen Krankheiten gebündelt.

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CDU-Landtags-Fraktionschef Manuel Hagel sagte: "Mit der Verbundlösung ist der Weg endlich frei für eine Fusion der medizinischen Fakultäten Mannheim und Heidelberg." Man habe lange hart dafür gekämpft, diese beiden starken Partner sinnvoll zusammenzubringen. "Heute feiern wir eine wunderbare Verlobung!" Er erhofft sich eine "riesige Strahlkraft" für das Land. "Der erfolgreiche Verbund der beiden Klinika und unser einzigartiges Leuchtturmprojekt Health-and-Life-Science-Alliance bringen Lebenswissenschaften, medizinische Versorgung und Exzellenz zusammen."

Der wissenschaftspolitische CDU-Sprecher Albrecht Schütte sagte: "In der gewählten Struktur bleibt die Stadt Mannheim im Boot. Die Gespräche zur gemeinsamen Finanzierung können also sofort aufgenommen werden."

Für die SPD-Landtagsfraktion reagierten die Abgeordneten Stefan Fulst-Blei und Boris Weirauch zurückhaltend positiv: "Der Dauer-Eiertanz aus Stuttgart findet offenbar sein vorläufiges Ende, wenngleich es jetzt auf die konkreten Inhalte ankommt." Eine Beteiligung des Landes müsse auf Augenhöhe und mit nennenswertem finanziellem Einsatz verbunden sein, um das Klinikum wirtschaftlich zu stabilisieren und die dringend erforderlichen Neubauten zu realisieren. Auch müsse die Stadt Mannheim als Minderheitsgesellschafterin Vetorechte bei Standort- oder Personalentscheidungen haben.

Die Landtags-FDP sieht noch viele Unwägbarkeiten auf dem Weg zum Verbund. Zum Jubeln sei es noch zu früh, meinte der forschungspolitische Sprecher Dennis Birnstock. Offen sei etwa die Frage, wie Synergien des Verbunds ohne Einschnitte in die Lehre, beim Personal oder die Professuren gelingen.

Update: Dienstag, 21. März 2023, 14.02 Uhr


Heidelberg soll in Mannheim den Ton angeben

Von Alexander Albrecht

Stuttgart/Mannheim/Heidelberg. Das Heidelberger Universitätsklinikum soll als Mehrheitsgesellschafter in die GmbH der Uniklinik Mannheim einsteigen. Wie die RNZ aus Regierungskreisen erfahren hat, will Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) an diesem Dienstagmorgen der Landesregierung eine entsprechende Kabinettsvorlage präsentieren. Die beiden Kliniken sollen einen sogenannten Verbund bilden. Dazu hatten verschiedene beteiligte Ministerien zuletzt vier Modelle untersucht. 

Die Wahl fiel jetzt auf die Mutter-Tochter-Variante. Danach bleiben die Standorte zwar juristisch eigenständig – ansonsten wäre es ja eine Fusion –, könnten aber als medizinische und wirtschaftliche Einheit agieren. Wie die RNZ weiter erfuhr, erhält die Heidelberger Uniklinik laut Kabinettsvorlage "volle Steuerungsmöglichkeiten".

Es könnte also in Mannheim wichtige strategische und konzeptionelle Entscheidungen herbeiführen. Regierungsjuristen hätten einen Entwurf ausgearbeitet, der auch einer kartellrechtlichen Überprüfung standhalte, hieß es. 

Für den Verbund gibt es somit einen groben Rahmen, die Verhandlungen zwischen dem Land und den Akteuren vor Ort beginnen aber erst noch. Die Regierung wünscht sich, dass sämtliche Synergieeffekte genutzt werden. Mit der Heidelberger Uniklinik würde – als deren Träger – auch das Land mehr Verantwortung in Mannheim übernehmen. 

Für die Quadratestadt sind das finanziell gute Nachrichten. Denn Mannheim kann damit rechnen, dass das Land auch Defizite des Krankenhauses deckt – oder einen großen Teil davon –, die sich Jahr für Jahr auf deutlich zweistellige Millionenbeträge summieren. Bislang muss die Stadt dafür weitgehend in die Bresche springen.

Denn das Krankenhaus wird im Gegensatz zu den anderen vier Unikliniken in Baden-Württemberg nicht vom Land getragen. Das bezahlt nur Lehre und Forschung an der Medizinischen Fakultät. 

Aktuell ist der Mannheimer Standort noch geprägt von weit verstreuten, zum Teil maroden Gebäuden. Ändern soll das ein zentraler Klinikbau, die Neue Mitte. 2030 soll der erste Abschnitt fertig sein. Bis dahin, so schätzen die vom Land eingeschalteten Wirtschaftsprüfer, könnten Heidelberg und Mannheim dank des Verbunds eine schwarze Null schreiben.

Die Neue Mitte brächte dann weitere wirtschaftliche Vorteile. Der Verbund soll nach RNZ-Informationen so angelegt sein, dass der Bau vom Bund gefördert wird.

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