Wird es auch 2017 das Mannheimer Kultur- und Kunstfest "Nachtwandel" geben?

Quartiermanager macht wenig Hoffnung - Denkpause zum Mannheimer "Nachtwandel" verlängert?

28.02.2017 UPDATE: 01.03.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden

Vergangenes Jahr kamen an dem Oktoberwochenende über 30 000 Menschen, die Kosten stiegen auf über 100 000 Euro. Foto: Gerold

Von Jan Millenet

Mannheim. Die Enttäuschung und das Entsetzen waren groß, als im vergangenen Jahr erstmals der "Nachtwandel" im Jungbusch abgesagt wurde. Eine "Denkpause" wollte man machen, um ein neues Konzept für 2017 zu überarbeiten. Doch auch dieses Jahr ist das über die Stadtgrenzen hinaus bekannte und beliebte Kunst- und Kulturfest offenbar alles andere als in trockenen Tüchern. "Ich kann heute nur sagen: Wir sind in der Verständigung. Und das Ergebnis ist noch offen", sagt Michael Scheuermann, Quartiermanager und Leiter des Gemeinschaftszentrums Jungbusch, im Gespräch mit der RNZ. Ein sicheres "Daumen hoch" für eine Ausgabe im Herbst 2017 will er nicht geben. Denn man stehe vor einer "großen Kommunikationsaufgabe".

Das Kulturfest, das 2015 mehr als 30.000 Besucher in den einstigen Rotlicht-Stadtteil lockte und mit seinen insgesamt zwölf Veranstaltungen deutlich zum Wandel des Jungbuschs zum Szenestadtteil beitrug, musste 2016 wegen Finanzierungsproblemen abgesagt werden. Zu groß ist der "Nachtwandel" geworden und zu teuer vor allem die Gewährleistung der Sicherheit.

Allem voran müsse man im Stadtteil klären: "Was wollen wir mit dem ‚Nachtwandel’ bewirken?", erläutert Scheuermann. Denn das Kulturfest soll weiterhin aus dem Jungbusch heraus organisiert werden. Allerdings nicht mit dem Ziel, eine riesige Party zu sein, sondern mit dem Hintergedanken, der Öffentlichkeit den Stadtteil, die Bewohner und deren Zusammenhalt sowie das Potenzial, das im Jungbusch steckt, zu zeigen. Ein neues Konzept muss her. Aber alle "Nachtwandel"-Akteure an einen Tisch zu bekommen, ist nicht einfach. Denn deren Interessen seien sehr unterschiedlich, so der Quartiermanager. Zudem müsse auch mit der Stadt kommuniziert werden. "Und für manche Fragen haben wir noch keine Antworten." Es sei auch offen, ob in nächster Zeit diese Antworten gefunden werden. Obendrein fiel Scheuermann, zweifelsohne einer der wichtigsten Akteure in dieser Sache, wegen Krankheit mehrere Monate aus. Es ging somit nicht wirklich viel voran.

Eine große Frage, die geklärt werden müsse, lautet: Wer finanziert den "Nachtwandel"? "Denn es ist keine Finanzierung aus einem Topf", sagt Scheuermann. Sie setzt sich unter anderem aus dem zusammen, was der Stadtteil selbst leisten kann, was an Kulturförderung beigesteuert wird und was private Sponsoren dazugeben. Hinzu kommen Teile der Erlöse aus der Gastronomie und die freiwilligen Spenden der Besucher, da kein Eintritt verlangt wird.

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2015 sind dadurch nach Angaben der Stadt knapp 18.000 Euro zusammengekommen. Die Kosten liegen allerdings bei mehr als 100.000 Euro. Schon damals half nur ein schnelles Einspringen der Stadt. In diesem komplexen Finanzierungssystem müsse um die Beträge gerungen werden, erklärt der Quartiermanager. Besonders der Sicherheitsdienst und die Müllentsorgung waren für das Gemeinschaftszentrum Jungbusch finanziell nicht mehr zu stemmen. Eine weitere Frage ergibt sich aus der Größe des "Nachtwandels". "Wer kann da noch für geradestehen?", stellt Scheuermann in den Raum. Der bislang federführende Verein stoße an seine Grenzen. "Doch auch diese Frage muss vernünftig beantwortet werden", gibt der Leiter zu bedenken. Wie können die Haftung und die Verantwortung sinnvoll geteilt werden?

Der dritte Punkt, der für das Fortbestehen des "Nachtwandels" geregelt werden müsse, bestehe darin, eine Balance zu finden zwischen der Veranstaltung als Party einerseits und dem ursprünglichen Sinn des "Nachtwandels" - das Aufzeigen der kulturellen Facetten des Stadtteils und der Bewohner - andererseits. Im Mittelpunkt sollten Kunst, Kultur und der Zusammenhalt im Quartier stehen.

Vor allem der Party-Aspekt hat laut Scheuermann in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Doch: "Alle sollen beim ‚Nachtwandel’ eine Chance haben, sich zu zeigen und mitzuwirken." Es brauche Raum für Gespräche und Begegnung, um - wie einst angedacht - die Vielfalt des Jungbuschs im positiven Rahmen des Feierns zu entdecken. "Doch in welchem Format funktioniert das?" Auch hier gelte: Das Ergebnis fällt nicht vom Himmel.

"Zur grundsätzlichen Klärung dieser Fragen benötigen wir Zeit. Wir können uns dabei nicht unter Druck setzen lassen", so Scheuermann. "Um die Idee des ‚Nachtwandels’ fortzusetzen, brauchen wir aber auch eine Investition ins Gemeinwohl, weniger in den Eigennutzen." Und so müssten alle darüber nachdenken, ob die Idee so lohnend ist, dass die Erfolgsgeschichte fortgeschrieben werden kann. "Wir wollen den ‚Nachtwandel’ weiterhin", stellt Scheuermann klar. Wie es aussieht, könnte die "Denkpause" aber länger dauern als befürchtet.

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