Ärger und Verständnis für Mannheimer Nachtwandel-Absage
Gastronomen riskieren Auflagen – Die Bezirksbeirätin wirft dem Mannheimer Kulturdezernat Versäumnis vor

Die Gastronomen profitieren enorm vom Nachtwandel. Sie sollen nun einen Beitrag leisten. F.: vaf
Von Julie Dutkowski
Die Nachricht, dass der Nachtwandel in diesem Jahr ausfällt, hat sich schnell herumgesprochen. Nicht überall stößt die Entscheidung der Stadt auf Verständnis. In sozialen Netzwerken machen sich die "Nachtwandler" Luft: "Das war das einzige wirklich interessante Stadtteilfest", klagt eine Nutzerin. Ein "Armutszeugnis für die Stadt" nennt es eine andere.
Das beliebte Kunst- und Kulturfest hatte vergangenen Herbst 30 000 Besucher angezogen. Weil die Organisatoren das Fest schon 2015 nicht mehr finanziell stemmen konnten, übernahm die Stadt ein Viertel der Kosten. Jetzt soll über ein neues Konzept für 2017 nachgedacht werden.
Unter anderem sollen die Gastronomen einen fixen Beitrag leisten. Bislang spendeten sie freiwillig. Michael Dester, Mitinhaber der Kombüse, die jedes Jahr beim Nachtwandel dabei ist, sieht diese Idee mit gemischten Gefühlen. "Ich bin gespannt, ob das funktioniert", sagt er auf RNZ-Nachfrage. Viele Gastronomen, die nicht im Programmheft standen, hätten sich ohnehin nicht an die Regeln gehalten. Wer bislang keinen freiwilligen Beitrag geleistet habe, werde dies sicher auch im nächsten Jahr nicht tun. "Man kann sie ja nicht dazu zwingen."
Bestimmte Auflagen könnten sich aber empfindlich auf deren Umsatz auswirken, etwa das Verbot, eine Bar im Außenbereich aufzustellen. Gerhard Fontagnier, kulturpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Mannheimer Gemeinderat, hält Sanktionen für eine gute Maßnahme. "Man kann die Gastronomen ausgrenzen, die sich nicht beteiligen." Der Ausfall in diesem Jahr trifft nun aber alle Wirte im Jungbusch hart. Auch diejenigen, die sich immer eingebracht haben - wie Dester. "Für uns alle ist das auf jeden Fall ein großer Umsatzverlust." Existenzbedrohende Ausmaße habe die Pause aber nicht.
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Isabel Cademartori, SPD-Vorsitzende und Bezirksbeirätin im Jungbusch, bedauert die Absage. Bewohner, Vereine und Kulturschaffende im Stadtteil seien "maßlos enttäuscht". Gerade für die Vereine war der Nachtwandel eine Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen und ihre klammen Kassen ein wenig zu füllen. Cademartori ärgert sich vor allem über das Kulturdezernat unter Bürgermeister Michael Grötsch (CDU). Ihm sei es nicht gelungen, sich mit dem Quartiermanagement rechtzeitig auf ein tragfähiges Konzept zu einigen. "Dabei sind die Probleme lange bekannt." Der Bezirksbeirat hat das Fest vergangenes Jahr mit 4000 Euro bezuschusst. "Damit haben wir Programmpunkte gefördert, die den Nachtwandel zu dem machen, was er ist."
Nikolas Löbel, Kreisvorsitzender der CDU Mannheim und zuständig für den Jungbusch, vermutet, dass die Konsequenzen nicht allen Beteiligten klar gewesen seien. Der Stadt könne man aber keinen Vorwurf machen. Immerhin "ist es das einzige Stadtteilfest, das die Stadt direkt bezuschusst". Spekulationen, hinter dem Sicherheitsaspekt könnte mehr stecken, wehrt Löbel ab. Die Diskussionen um ein besseres Sicherheitskonzept habe es schon in den letzten beiden Jahren gegeben, so der Stadtrat.
Cademartori hofft, dass die Pause dem Nachtwandel nicht schadet. Michael Dester ist überzeugt, dass sich spontan aus der Szene heraus etwas entwickeln könnte. "Vielleicht schließen sich ja zwei oder drei zusammen, zu einem kleinen Konzertabend." Möglich ist alles. Das hat der Jungbusch schon mehrfach bewiesen.



