Mannheim

So läuft die Time Warp 2025 - das Publikum scheint jünger und frischer (plus Fotogalerie)

Der Freitag aber gehört den Frauen, und vielen Newcomer(innen). Mit legendären DJs wie Sven Väth oder Âme geht es am Samstag weiter.

08.11.2025 UPDATE: 08.11.2025 11:26 Uhr 2 Minuten, 44 Sekunden
Foto: Marco Partner

Von Marco Partner

Mannheim. Maimarktgelände, 1 Uhr. Ein hypnotischer Sound macht sich in der Halle breit. Er dehnt sich aus, bunt und spiralenförmig, als würde sich ein gigantischer Treppenläufer aus Kindheitstagen über einen stülpen. Zeit und Raum verschwinden, das Licht schreit in allen Farben. Was zählt ist der Moment. Vor allem für Maxim und seine Crew, die extra wegen ihr angereist sind.

Mit dem Zug von Paris nach Mannheim. Fast zwölf Stunden von 21 bis 9 Uhr durchraven, um dann - durchzecht, aber glücklich - am Hauptbahnhof wieder in den ICE Richtung Heimat zu steigen. "Wir sind vor allem wegen KI/KI hier", sagt der junge Franzose kurz vor dem Gig. Und als die als Underground-Fürstin gefeierte Niederländerin in einem back-to-back Set mit ihrer DJ-Kollegin SPFDJ aus Schweden rasend schnelle, aber verträumte und melodische Trance-Rhythmen mit Euphorie-Brücken baut, hat die Time Warp bereits vier Stunden auf ihren Tanzhüften. Oder besser gesagt: erst.

Für manche Gäste ist es schon der fünfte Act, für andere Raver erst der Startschuss. Acht weitere Stunden liegen vor ihnen. Und in der Folgenacht für die Hartgesottenen weitere 12. Mit legendären DJs wie Sven Väth oder Âme am Samstag. Der Freitag aber gehört den Frauen, und vielen Newcomer(innen). Schon die Djanes Victoria und Gigola überraschen mit ihren schwungvollen Sounds, die beweisen: Techno fühlt sich im Bad der Menge gar nicht monoton an. Es dominieren viele housige Vocals und coole, spielerische, sehr groovige Beats.

Die seit 1994 bestehende Time Warp scheint gerade einen Generationenwechsel zu vollziehen. Das Publikum wirkt jünger und frischer als in den Vorjahren. Schwarz ist immer noch der dominierende Look. Mit ein bisschen Fetisch, mit Netzstrumpfhosen und Leder. Aber es wird wieder bunter, humorvoller. Mit knallengen Ganzkörperanzügen wie Comic-Actionhelden, mit Kuscheltierrucksäcken á la Pokémon am Rücken. Oder auch mal mit einer aufblasbaren Giraffe als festen Tanzpartner umgeschnallt. Auch der Sound erinnert an die 90er, als Techno noch blutjung, frech und unschuldig war.

In diesen "gute, alte Zeit"-Sprech will Papa Sam Andres aber gar nicht zurückfallen. Er ist mit seiner Tochter Lara da, beziehungsweise sie mit ihm. "Es war ein Jahrestagsgeschenk für meinen Freund, aber wir haben uns gedacht, wir klinken Papa mit ein", sagt sie lachend. Was sich als Paarkrepierer anhört, erweist sich als großer Spaß. Die Gäste aus Heilbronn lieben vor allem das SeeYou-Festival am Tunisee bei Freiburg. "So sind wir überhaupt in die Szene reingerutscht, durch meinen Papa", verrät Lara. Bereits vor ihrem Wohnmobil lernen sie andere Techno-Jünger kennen. Wie Tim Weber und Eric aus München, die sich extra einen Camper für den langen Weg nach Mannheim gemietet haben. "Wegen bestimmter Künstler sind wir nicht da, aber wegen der Musik, und den Menschen", sagt der 18-Jährige.

Sven Väth kennt er gar nicht. "Aber der hat doch den deutschen Techno fast erfunden!", sagt Sam kopfschüttelnd, aber wohlgesonnen. Lara's Freund Leandro dagegen erweist sich als großer Kenner. Der einst rappende und nun sogenanntes Ghetto-Techno produzierende Deutsch-Amerikaner MCR-T brachte ihn zu den 4-on-the-floor-Beats, und nun erstmals zur Time Warp. Rave lebt für ihn aber nicht nur von den Stars, sondern von den Besuchern, von der Stimmung. "Jeder ist willkommen, so wie er ist, egal was er anzieht, ob er hetero-, homosexuell, ob er Hund oder Katze ist", sagt er. Und tatsächlich sieht man ein paar junge Ladys auch mal als Kätzchen kostümiert auf dem Dancefloor herumstreunen.

Während die Gäste draußen bei Gefriergraden schlottern, ist es drinnen mollig warm. Das Punk-Electro-Duo Kalte Liebe aus Berlin heizt mit roten Laserstrahlen und einem höllischen Hardcore-Tunnel nochmals ein paar Klangkohlen extra ein. "Mein Herz brennt heller als Deins", rufen die Künstler ins Mikro, auf das Djs ja sonst verzichten, und schwanken in ihrem Sound zwischen Prodigy und Scooter.

Wem das nicht so zusagt, der eilt einfach weiter. Zum anderen Floor. So wie eben Maxim und seine Crew aus Paris. "Wir waren einfach mal neugierig. Deutschland gilt als Hochburg des Techno. Klar, wollen wir auch mal nach Berlin. Berghain und so, das klingt klangvoll. Aber Mannheim liegt näher, es gefällt uns sehr", sagt er, bevor es zu seiner Heldin KI/KI geht, bevor die Nacht erst so richtig beginnt und mit einer langen Zugfahrt bis zum Gare de l’Est in Paris eine große Mütze voll Schlaf nachgeholt werden kann.

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