Mannheim

Lautstarke "Wir sind die Brandmauer"-Demo gegen den Tabubruch (plus Fotogalerie)

Auf dem Alten Messplatz protestierten am Samstagnachmittag Tausende gegen den "Wortbruch" von Friedrich Merz, keine politischen Entscheidungen mithilfe der AfD durchzusetzen.

02.02.2025 UPDATE: 02.02.2025 15:40 Uhr 4 Minuten, 38 Sekunden
Viele Demonstranten brachten ihren Unmut auch auf Plakaten zum Ausdruck. Foto: Priebe

Von Manfred Ofer

Mehrere Tausend Menschen haben am Samstag in Mannheim gegen die von der CDU/CSU im Bundestag eingebrachte Asylresolution und deren Folgen demonstriert. Nach Angabe der Veranstalter, einer privaten Initiative um Stadtrat Gerhard Fontagnier (Grüne) und Marko Andelic (SPD), waren es zirka 12.000 Menschen, die sich auf dem Alten Messplatz einfanden, um ihr Unbehagen darüber friedlich zum Ausdruck zu bringen.

Der Bundestag hat am Freitag das "Zustromsbegrenzungsgesetz" der Union mit knapper Mehrheit abgelehnt. In zahlreichen deutschen Städten hatten in den vergangenen Tagen Demonstranten gegen die von CDU-Chef Friedrich Merz auf den Weg gebrachte Initiative protestiert. Am Samstag kamen auch in Mannheim vor diesem Hintergrund die Gegner eines Rechtsrucks und der Migrationspolitik der Union auf dem Alten Messplatz zusammen. Gerechnet hatten die Veranstalter mit rund 2000 Teilnehmern. Die Polizei sprach von 5000 Demonstranten. Wie viele es am Ende auch waren: Die Kulisse war eindrucksvoll.

Unter dem Motto "Wir sind die Brandmauer" traten am Nachmittag Vertreter von Parteien, Kirchen und Gewerkschaften sowie Kulturschaffende an das Mikrofon. Viele Menschen, welche die Ansprachen vor Ort verfolgten, hielten Schilder mit Aufschriften wie "Herz statt Hetze", "AFD = Hass, Hetze, Rassismus" und "Nach Februar kein Merz" in die Höhe.

In Sprechchören wurde gegen das Verhalten von Teilen der Opposition aus CDU und FDP protestiert. Redner verwiesen aber auch darauf, dass das von ihnen scharf kritisierte Gesetzesvorhaben auch mit den Stimmen von Abweichlern aus dem konservativen Lager habe verhindert werden können.

Die Brandmauer gegen den Rechtsradikalismus, auch das war während der Kundgebung immer wieder zu hören, könne nur durch die Einheit aller demokratischen Kräfte bewahrt werden. Und genau dafür, sagte Gerhard Fontagnier, wolle man sich stark machen: "Die Annäherung von CDU und FDP, die doch Parteien aus der politischen Mitte sind, an die AFD hat uns alle entsetzt", machte der grüne Stadtrat deutlich.

Man könne vor diesem Hintergrund den Eindruck gewinnen, dass sich manche Geschichten aus der Vergangenheit gerade wiederholen würden. Viele Menschen teilten den Standpunkt, dass hier ein Tabubruch erfolgt sei. Zumal es sich bei der von Friedrich Merz am Mittwoch eingebrachten Initiative um eine Resolution ohne Gesetzeskraft gehandelt habe, die eben nicht von allen Konservativen und Liberalen unterstützt worden sei. "Das macht mir Hoffnung, dass die Brandmauer auch nach dem 23. Februar noch stehen wird", sagte Marko Andelic. Die Nazis hätten bei der Machtergreifung 1933 auch keine eigene Mehrheit besessen. Nur durch die Unterstützung aus dem konservativen Lager sei es ihnen gelungen, an die Regierung zu kommen.

Auch Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte mit Blick auf die Abstimmung im Bundestag ihr Unbehagen zum Ausdruck gebracht. Ihre öffentliche Erklärung dazu verlas Sarah Zastrau, Angehörige des Schauspielensembles am Nationaltheater Mannheim, unter dem Beifall der Menschen auf dem Alten Messplatz.

Ralf Heller, Kreisvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), sagte, dass er ernsthaft darüber nachgedacht habe, aus aktuellen Anlass seine Rede zu wiederholen, die er im letzten Jahr bei der Großkundgebung gegen die AFD vor Ort gehalten habe. Besonders getroffen habe ihn, dass Merz die Debatte nur wenige Stunden nach dem offiziellen Gedenken im Bundestag an die Opfer des Nationalsozialismus eröffnet habe. Einen Bundeskanzler, der die Stimmen von Rechtsextremisten in Kauf nehme, wünsche er sich nicht.

Die Angaben über die Anzahl der Teilnehmer schwankten zwischen 5000 und 12.000. Was am Ende zählte, war das starke Zeichen, das die Demonstranten setzten. Und dass sie viel mehr waren als die Organisatoren aus den Reihen einer privaten Initiative erwartet hatten. Foto: Ofer

Im weiteren Verlauf schlossen sich mit Professor Oliver Wintzek, Pfarrer der Jesuitenkirche Mannheim, Andreas Weisbrod, Pfarrer und Schuldekan der evangelischen Kirche Mannheim, und Ertan Kurt, Stellvertretender Vorsitzender der alevitischen Gemeinde Mannheim, auch Vertreter der Religionsgemeinschaften dem Protest an. Susanne Hun, Vorsitzende des Queeren Zentrums, Nina Wellenreuther, Fraktionsvorsitzende der Mannheimer Grünen, Isabel Cademartori, Mannheimer Bundestagsabgeordnete der SPD, und Dennis Ulas, Stadtrat der Linken, sprachen ebenfalls auf der Kundgebung, die sich im Anschluss ohne Zwischenfälle wieder auflöste.

Nicht dabei sein konnte der Mannheimer Fotograf und Filmemacher Luigi Toscano. Der "Artist for Peace" der Unesco richtete jedoch eine Botschaft an die Demonstranten, die verlesen wurde: "Ich bin traurig, nicht bei euch zu sein, aber glücklich, dass ihr heute viele seid in Mannheim und ganz Deutschland." Seine Werte für Demokratie stünden nicht "auf irgendeinem braunen, versifften Bierdeckel von Friedrich Merz". Er trage seine Werte für Demokratie im Herzen, so Toscano, "und ich werde alles dafür tun, um sie zu verteidigen."

Update: Sonntag, 2. Februar 2025, 15.40 Uhr


Tausende Teilnehmer bei "Wir sind die Brandmauer"-Demonstration 

Manfred Ofer

Mannheim. "Wir sind die Brandmauer". Unter diesem Motto fanden sich am Samstag zahlreiche Menschen im Rahmen einer Kundgebung auf dem Alten Messplatz ein. Hintergrund war eine von der CDU/CSU mit den Stimmen der rechten AFD eingebrachte Abstimmung im Bundestag über eine Verschärfung der Zuwanderungsgesetze. Die Organisatoren, eine Initiative aus Gemeinderatsmitgliedern von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, sprachen von einem Tabubruch.

Viele Menschen, die sich am Samstag, um 13 Uhr, auf dem Alten Messplatz eingefunden hatten, waren vor fast genau einem Jahr schon einmal hier. Damals hieß die Losung "Nie wieder ist jetzt!", mit der mehr als 20.000 Teilnehmer ihre Ablehnung gegen Pläne der rechtsextremen AFD zur Remigration zum Ausdruck brachten.

Auch diesmal folgten Tausende Menschen dem Aufruf einer privaten Initiative der Mannheimer Gemeinderatsmitglieder Gerhard Fontagnier (Bündnis 90/Grüne) und Marco Andelic (SPD), um gegen einen von der Union mit Stimmen aus dem rechten Lager zur Abstimmung eingebrachten Gesetzentwurf zur Begrenzung der Zuwanderung zu protestieren. Die Veranstalter sprachen von 12.000 Teilnehmern, die Polizei sprach von 5000. 

Die Kundgebung fand unter dem Motto "Wir sind die Brandmauer" statt. Der Vorwurf an die Adresse der CDU/CSU, der im Laufe des Nachmittags von mehreren Rednern aus Politik, Kultur, Kirchen und Gewerkschaften bekräftigt wurde, richtete sich gegen einen aus ihrer Sicht von Friedrich Merz verursachten Wortbruch. Der CDU-Chef habe noch im November bekräftigt, dass es aus den Reihen seiner Partei keine Spekulation auf Stimmen aus dem AFD-Lager geben werde, um politische Entscheidungen durchzusetzen.

Als sich die Demonstranten in Mannheim versammelten, war die Initiative der Union bereits am Freitag im Bundestag gescheitert. Das seien zwar gute Nachrichten, wie Gerhard Fontagnier vor Ort erklärte. Die Annäherung von CDU/CSU und FDP, beide Parteien der politischen Mitte, an die rechtsextreme AFD habe ihn allerdings zutiefst erschüttert.

So eine Entwicklung müsse für Demokraten ein Grund zur Sorge sein. Gerade mit Blick auf die Bundestagswahlen am 23. Februar. In der Folge brachten Redner ihr tiefes Befremden darüber zum Ausdruck, dass die vielbeschworene "Brandmauer gegen Rechts" nur wenige Tage nach dem offiziellen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus durch das Verhalten der Union Risse bekommen habe. "Viele Menschen, die mich darum gebeten haben, diese Kundgebung zu organisieren, fühlen sich dadurch auf fatale Weise an die Zeit um 1932 erinnert", sagte Fontagnier.

Schon im Vorfeld der Kundgebung war in einer Mitteilung der Veranstalter von einem "historischen Negativereignis" die Rede gewesen. Schreckliche Verbrechen wie in Aschaffenburg, Magdeburg und Mannheim dürften bei allem Abscheu darüber nicht zu Hass und Hetze gegen ganze Bevölkerungsgruppen führen. Das war am Samstag mit der Tenor, ehe sich die friedlich verlaufene Kundgebung gegen 14.30  Uhr wieder auflöste.

Update: Samstag, 1. Februar 2025, 16 Uhr


Mehrere Tausend Menschen demonstrieren gegen Asylverschärfung

Mannheim. (oka) Mehrere Tausend Menschen haben sich am Samstagnachmittag auf dem Alten Messplatz in der Mannheimer Neckarstadt versammelt. Sie wollen ihrem Unmut über die Abstimmung im Bundestag zur Asylverschärfung Luft machen, die Friedrich Merz initiiert und mit den Stimmen der AfD knapp gewonnen hat. 

"Wir sind jetzt schon über 10.000", sagt Mitveranstalter Marco Andelic (SPD) kurz nach 13 Uhr. "Mit so vielen Leuten hätten wir nie gerechnet". Viele heben Schilder hoch auf denen "Nazis raus" oder "No AfD" steht. Mitveranstalter Gerhard Fontagnier (Grüne) betonte, dass man im Mannheimer Stadtrat die Brandmauer hochhalten wird. "Nazis haben bei uns nichts verloren, und kollaborieren werden wir auch nicht.

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