Handelsverband fordert Nachbesserungen beim "Verkehrsversuch"
Beim Thema "Verkehrsversuch in der City" gehen Gewerbetreibende auf Staatssekretärin Elke Zimmer los.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Der im März gestartete Verkehrsversuch soll unter anderem für mehr Ruhe in der City sorgen – davon kann in der Diskussion um den zwölfmonatigen Test allerdings keine Rede sein. Neuer Stein des Anstoßes: Aussagen der Verkehrsstaatssekretärin und ehemaligen Stadträtin Elke Zimmer in einem Interview. Die Grünen-Politikerin findet, dass mehr Menschen das Rad oder die Straßenbahn auf dem Weg in die Innenstadt nehmen könnten, forderte den Einzelhandel dazu auf, das Experiment als Chance zu begreifen und nicht in Angst vor Veränderung zu verharren. Und Zimmer beruft sich auf Anwohner, die seit Jahren Lärm und Gestank der Autos ertragen müssten.
Die Reaktion des Handelsverbands Nordbaden reicht von massiver Kritik bis zu völligem Unverständnis. Oder wie Geschäftsführer Swen Rubel in einer Mitteilung zitiert wird: "Vielleicht hätte unsere Mannheimer Vertreterin im Verkehrsministerium mal den Gesprächen vor Ort beiwohnen sollen." Dann wäre ihr möglicherweise aufgefallen, dass die Diskussion nach zwei entbehrungsreichen Pandemie-Jahren auch von der Sorge vieler mittelständischer Betriebe um ihre Existenz getragen werde – "aber immer von dem Wunsch, den Verkehrsversuch zu optimieren".
Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. So hatten sich mehr als hundert Gewerbetreibende entlang der von Sperrungen betroffenen Fressgasse und Kunststraße in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Kurz für ein sofortiges Ende des Versuchs ausgesprochen. Auf Verbandsebene wird dieser Ball zwar nicht aufgenommen, die Kritik an Politik und Stadtverwaltung könnte jedoch kaum bissiger sein. So schimpft Lutz Pauels, der Vorsitzende der Werbegemeinschaft, dass ein Versuch möglichst unter Realbedingungen ablaufen, intensiv begleitet und qualifiziert evaluiert werden müsse. "Nichts davon sahen wir nach den ersten Wochen erfüllt, weshalb es nur verständlich ist, dass sich massiver Widerstand regte."
Indirekt nennt Pauels ungewollt ein Argument, das Auto stehen zu lassen und besser Busse, Bahnen oder das Rad zu nehmen: die vielen Baustellen, unter anderem rund um den Hauptbahnhof. "Da verliert man die Lust, noch weiter im Stau in die City zu zuckeln", so Pauels. Angesichts der Baumaßnahmen bleibt es nach seiner Einschätzung ein frommer Wunsch, die Fahrzeuge so schnell wie möglich in die Parkhäuser zu steuern.
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Elke Zimmer kommt auch bei Pauels nicht gut weg. "Sie vermischt in ihrer Generalabrechnung mit dem Handel offensichtlich verschiedene Themen und hat wohl einen sehr einseitigen Blick auf die vielen verschiedenen Lebenswirklichkeiten der Menschen in unserer Region. Diese werden nicht mit dem erhobenen Zeigefinger verändert, sondern mit attraktiven Alternativen", sagt er.
Auch der Handel wisse, dass viel getan werden müsse, um die Klimaziele zu erreichen. Bevor man aber das Mannheimer Oberzentrum für Autos zumache, sollten gerade für die Pfälzer Kundschaft attraktive ÖPNV-Angebote gemacht werden. Die SPD-Gemeinderatsfraktion spricht sich klar gegen einen vorzeitigen Abbruch des Verkehrsversuchs aus. "Das würde all diejenigen vor den Kopf stoßen, die bereits eine deutliche Attraktivitätssteigerung der Innenstadt wahrnehmen und sich schon lange eine Entspannung des Autoverkehrs in unserer Innenstadt wünschen", macht die verkehrspolitische Sprecherin Isabel Cademartori deutlich.
Alles gut also? Nicht ganz. Die von einigen Einzelhändlern und Gastronomen beklagten Umsatzrückgänge ließen sich nur subjektiv einordnen. Die SPD fordert die Stadtverwaltung dazu auf, die Ergebnisse von Verkehrs- und Besucherzählungen sowie einer Befragung von Gewerbetreibenden vorzulegen. Zudem sollen Ansprechpartner benannt werden, die ähnlich wie City-Manager zwischen Stadt und Händlern moderieren.
Auch ein Konzept soll erarbeitet werden, damit die Parkhäuser, zum Beispiel im Bereich des Einkaufszentrums Q6/Q7 in der Fressgasse, besser erreicht werden. Wobei nicht nur der anfahrende, sondern auch der abfließende Verkehr zu berücksichtigen sei. Die Verwaltung solle darüber hinaus das Falschparken kontrollieren und ahnden. Parkplatzsuchen und Spazieren fahren sollten der Vergangenheit angehören.




