Plus Mannheim

Die Hoffnung heißt "Neue Mitte und Fusion"

Doch zunächst feiert das Universitätsklinikum sein 100-jähriges Jubiläum. Bei der Hygiene ist sie inzwischen Musterschüler.

07.07.2022 UPDATE: 07.07.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 30 Sekunden
Die Luftaufnahme des „Städtischen“ entstand etwa 1929. Ein imposantes Tor am Hauptgebäude entlang des Neckarufers war damals der einzige Zugang. Foto: UMM

Von Heike Warlich

Mannheim. Es war der 8. Juli 1922, als am Mannheimer Neckarufer das markante Gebäude des städtischen Krankenhauses eingeweiht wurde. Das Haus ist etwa 440 Meter lang und dominiert bis heute die Szenerie am Theodor-Kutzer-Ufer. Als Vorbild für den Grundriss dienten den Planern barocke Schlossanlagen. Dieses Jubiläum feiert die heutige Universitätsmedizin Mannheim (UMM) unter dem Motto "100 Jahre Gesundheit am Neckar" an diesem Freitag mit einem Festakt und am darauffolgenden Samstag mit einem Tag der offenen Tür.

Man will nicht nur Rückschau halten, sondern den Blick in die Zukunft richten, wozu der angestrebte Zusammenschluss mit der Uniklinik Heidelberg ebenso gehört wie der Bau der Neuen Mitte, die bis innerhalb des Klinikums mit seiner unübersichtlichen Gebäudestruktur für deutlich kürzere Wege und bessere Möglichkeiten für eine effiziente Patientenversorgung sorgen soll.

Blick in den „OP-Saal der Zukunft“ des Forschungscampus „M2OLIE“ mit neu entwickelten Operationsrobotern. Foto: UMM

Von solchen Überlegungen war man 1701 noch weit entfernt. Die Geschichte der medizinischen Versorgung in Mannheim beginnt mit einem sogenannten Nothaus. Erst 100 Jahre später betrieb die Stadt ein kleines Krankenhaus in R 5, das aufgrund des Bedarfs stetig erweitert wurde. Doch die letztlich 330 Betten für die Abteilungen Innere Medizin und Chirurgie sowie Stationen für Wöchnerinnen, Säuglinge sowie Krätze- und Geschlechtskranke reichten letztlich nicht aus. Es entstand die Idee, einen mehrgeschossigen Neubau außerhalb der Quadrate zu errichten, mit dessen Bau 1913 begonnen wurde.

Doch der Erste Weltkrieg verzögerte die Bauarbeiten erheblich. Der damalige Oberbürgermeister Theodor Kutzer konnte deshalb das Haus mit seinen 1389 Betten erst am 8. Juli vor fast genau 100 Jahren einweihen. Im Unterschied zu heute, war das imposante schmiedeeiserne "Pariser Tor" am Hauptgebäude der einzige Zugang.

Auch interessant
"Neue Mitte" Mannheim: Uniklinik öffnet sich zur Stadt hin
Hygieneskandal: Mannheimer Uniklinik will Schadenersatz von Ex-Geschäftsführer
Klinikfusion: Meinungen in Heidelberg und Mannheim gehen auseinander

Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude bei Luftangriffen stark beschädigt. 1949 konnten jedoch alle Abteilungen wieder in Betrieb gehen. Die erste große Erweiterung des "Städtischen" war 1974 der Bau des Haus 2 mit seinen Operationssälen. Der Neubau West (Haus 1) wurde 1987 eröffnet, auf dem sich der Landeplatz für Rettungshubschrauber befindet. 1991 wurde ein ehemaliger Weltkriegsbunker für die Radiologie umgebaut.

Ein Jahr später folgte der Neubau Ost mit Räumen für die Innere Medizin. Mit dem Neubau des Kinderzentrums, der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, dem Patientenhaus, dem neuen OP-Zentrum, der Knochenmark-Transplantationseinheit, dem Integrierten Notfallzentrum und der neuen Kindertagesklinik entstanden zwischen 2003 und 2020 weitere Neubauten auf dem Campus.

Seit 2001 heißt das Krankenhaus hochoffiziell "Universitätsklinikum. Ein Titel ohne Mittel, denn nach wie vor ist die Stadt der Träger und damit für die Finanzierung verantwortlich. Aufgrund der immens gestiegenen Kosten drängen Stadtverwaltung und Gemeinderat auf die Fusion mit Heidelberg zu einem Großklinikum in der Metropolregion.

Hintergrund

> Die Feierlichkeiten: Beim Tag der offenen Tür am Samstag, 9. Juli, von 11 bis 17 Uhr bilden auf dem Tiefgaragendach mehrere Ausstellungspavillons die Medizin-Meile. Geboten werden unter anderem eine Live-Simulation zur Versorgung Schwerstverletzter im Schockraum oder die

[+] Lesen Sie mehr

> Die Feierlichkeiten: Beim Tag der offenen Tür am Samstag, 9. Juli, von 11 bis 17 Uhr bilden auf dem Tiefgaragendach mehrere Ausstellungspavillons die Medizin-Meile. Geboten werden unter anderem eine Live-Simulation zur Versorgung Schwerstverletzter im Schockraum oder die Möglichkeit, an speziellen Simulatoren mikrochirurgisches Nähen unter einem OP-Mikroskop zu üben.

Beratung zu Schwerhörigkeit und Cochlea-Implantaten sowie zur Knochenmark-Typisierungsaktion gehören ebenfalls zu der "Meile". Auf dem Campus öffnen ausgewählte Bereiche exklusiv, beispielsweise das Lernkrankenhaus, wo an Modellpuppen ein Kaiserschnitt mit Erstversorgung eines Frühgeborenen demonstriert wird. Der Eintritt ist frei. Das komplette Programm unter der Adresse www.umm.de/100jahre, wo am Freitag von 14.30 bis 16.30 Uhr der Festakt über den UMM-Youtube-Kanal auch live übertragen wird. hewa

[-] Weniger anzeigen

Dass man zum Universitätsklinikum wurde, resultiert aus der 1964 gegründeten medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg. Weil die Uni dem starken Andrang an Medizinstudenten nicht mehr gewachsen war, wurden städtische Krankenhäuser in deren Ausbildung miteinbezogen. Forschung und Lehre wurden mit den Jahren weiterentwickelt. Bereits seit 1998 war "Universitätsklinikum" Bestandteil des Namens, bevor dieser 2001 rechtlich verbrieft wurde.

2015 brachte der Hygieneskandal die Uniklinik bundesweit in die Schlagzeilen. Von Haaren im OP-Besteck und Flusen in Instrumentenkästen war die Rede. Schwierige Zeiten für das Haus, dessen Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte mittlerweile nach den neuesten Standards zertifiziert ist – und anderen Kliniken als Anschauungsobjekt dient, wenn es um moderne Geräte sowie die Abläufe und deren exakte Dokumentation einer Sterilguteinheit geht.

Der damalige Geschäftsführer Alfred Dänzer, der einen harten Sparkurs gefahren hatte, musste nach Bekanntwerden der unzureichenden Hygienezustände seinen Hut nehmen, er wurde später als Hauptverantwortlicher der Affäre zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und entging nur knapp der Haft. Der Festakt ist geladenen Gästen vorbehalten, zum Tag der offenen Tür sind alle willkommen. Die dort kostenlos verteilte Festschrift wird Historie, Gegenwart und Zukunft der UMM beleuchten und das Tagesprogramm vorstellen.

Denn in einhundert Jahren Gesundheit hat sich vieles getan: beispielsweise in der Leberchirurgie, wo man bei Tumorpatienten deutlich mehr Gewebe als früher entfernen kann, da man das Organ zum Wachstum anregt. Und ebenso in der Fetaltherapie, um Fehlbildungen und Erkrankungen beim Ungeborenen bereits im Mutterleib vielfach erfolgversprechend zu behandeln.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.