Bülent Ceylan und Jörg Pilawa scherzten für die Tafeln
"Lange Tafel" auf den Kapuzinerplanken: Der Tafel-Chef sieht Politik in der Pflicht.

Von Volker Endres
Mannheim. Mit einem großen gemeinsamen Mittagessen, einer echten Tafel, ist am Samstag das Bundestafeltreffen in Mannheim zu Ende gegangen. Der Ort dafür war mit den Kapuzinerplanken nicht zufällig gewählt: "Die Tafeln gehören ins Herz der Stadt", erklärte Oberbürgermeister Peter Kurz zur Eröffnung. Allein die Sichtbarkeit der bundesweiten Hilfsinitiative sei schon eine wichtige Botschaft.

Auf der Bühne scherzte Bülent Ceylan mit Moderator Jörg Pilawa: "Es müsste mehr Menschen wie Dich geben. Und vielleicht auch solche wie mich." Was nach Eigenlob klang, war eine ernste Botschaft. Immerhin hatten sich die beiden Prominenten unentgeltlich in den Dienst der bundesweit rund 960 Tafelläden gestellt, die in der Quadratestadt nicht nur über zukunftsweisende Themen diskutierten, sondern auch einen neuen Bundesvorsitzenden wählten. "Es braucht mehr Leute, die in der Öffentlichkeit stehen und sich engagieren. Es kann nicht sein, dass man immer nur nimmt und nie gibt", präzisierte Ceylan, ehe er nach dem kurzen ernsten Appell sofort wieder in die Rolle des Komikers schlüpfte. Die Botschaft war ohnehin angekommen.
"Wir müssen als Tafeln lauter werden. Die Tafeln in Deutschland versorgen mittlerweile rund zwei Millionen Kunden", so der neu gewählte Bundesvorsitzende Andreas Steppuhn. Das sei längst kein vorübergehender Zustand, wie man bei der Gründung der ersten Tafelläden im Jahr 1994 noch gedacht habe. "Das ist kein Zustand, sondern das ist ein Problem", sagte er und verwies auf Tafeln in den neuen Bundesländern: Diese schlössen nicht aufgrund mangelnder Nachfrage, sondern genau aus dem Gegenteil: "Die machen zu, weil sie den Andrang gar nicht mehr bewerkstelligen können."

Schade, dass Familienministerin Lisa Paus (Grüne) krankheitsbedingt absagen musste. Für sie hätten Steppuhn und sein Vorgänger Jochen Brühl, der nach zehn Jahren an der Spitze von Tafel Deutschland nicht mehr zur Wahl stand und stattdessen zum ersten Ehrenvorsitzenden der Organisation gekürt wurde, einige deutliche Botschaften gehabt: "Wir müssen der Politik vor Augen führen, dass sie sich um die Menschen kümmern muss."
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Und nicht nur um die Kunden der Tafel, die oft aus den unterschiedlichsten Gründen bei den Läden einkaufen, sondern auch um die ehrenamtlichen Mitarbeiter der insgesamt 968 Tafeln mit ihren über 2000 Ausgabestellen: "Man muss die Leute unterstützen, die sich engagieren", so Steppuhn. Deshalb sei auch das gemeinsame Mittagessen im Herzen der Stadt eine wichtige Botschaft: "Unser Thema ist endlich in der Öffentlichkeit angekommen. Ich hoffe, dass jeder, der hier ist und isst sich auch von der Arbeit der Tafelläden inspirieren lässt."
Die Arbeit vor Ort sei nicht nur aufgrund der gestiegenen Nachfrage schwerer geworden– wobei der Angriffskrieg auf die Ukraine die Nachfrage noch einmal in ungeahnte Höhen schnellen ließ. Auch andere Faktoren erschweren die Arbeit, berichtete Hubert Mitsch, Vorsitzender der Tafel Mannheim, der mit 18 Hauptamtlichen, zwölf Ein-Euro-Jobbern und rund 120 Ehrenamtlichen bis zu 6000 Menschen pro Monat versorgt. Am Hauptstandort in der Neckarstadt, den Außenstellen in Schönau und Rheinau aber auch den "Satelliten" in Hockenheim, Edingen-Neckarhausen und Weinheim. "2019, im letzten Vor-Corona-Jahr hatten wir insgesamt 46.000 Einkäufe."
Allein im ersten Quartal 2023 seien es rund 22.000 Einkäufe gewesen – Geflüchtete, Rentnerinnen oder auch Studierende. Und das in Zeiten steigender Energiekosten und sinkender Spendenbereitschaft der Supermärkte. "Die haben einfach nicht mehr so viel Lebensmittel zur Verfügung. Die Regale sind abends oft leer", weiß Mitsch. Um so mehr war eine Spende von 24 Tonnen Lebensmittel willkommen, die Rewe und Penny im Gegenzug für eine verlorene Stadtwette im Mai zur Verfügung gestellt hatten.
OB Kurz hatte im Mai gewettet, dass weniger als 200 Menschen auf dem Marktplatz einen Tanz für die Tafeln aufführen würden. "Ich habe natürlich gehofft, dass ich diese Wette verliere", sagte er. Immerhin helfen die ertanzten Lebensmittel der Tafel Mannheim wieder ein bisschen mehr beim Helfen.