Buchhandlung Bernhardus feiert 100-jähriges Bestehen
Bibelcomics und Pilgerliteratur. Es kam zu Zwangsschließung während des Naziregimes.

Von Heike Warlich
Mannheim. Bücher sind immer auch Ausdruck des Zeitgeists und eine christliche Buchhandlung keineswegs angestaubt – diese Meinung vertritt Bernard Droste, der in dritter Generation die Buchhandlung Bernhardus in C 3 in der Nähe des Schillerplatzes führt. Der Familienbetrieb feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen.
Ursprünglich hat man in der katholischen Nische angefangen. "Heute sind wir eine christliche Buchhandlung mit auch weltlicher Literatur und einem breiten Angebot an Kinder- und Jugendbüchern", sagt Droste. "Wir bilden neben den Inhalten Religion und Theologie wie jede andere Buchhandlung jedes Themenfeld ab, bieten dazu aber besonders ausgewählte Literatur, Kunst und Medien."
Ein Buchhandel mit Fachabteilung sozusagen, in dem man in der Reiseecke Pilgerliteratur findet, die Bibel auch mal als Comic aufgemacht oder Kochbücher wie das der Hobbyköchin und Theologin Susanne Breit-Keßler, in denen es "um Gott und die Welt" geht. "Der Markt mit seinem Überangebot an Büchern drängt uns stark zum Auswählen", so Droste.
Auch kontrovers diskutierte Themen würden aufgegriffen erklärt er und nennt als Beispiel das autobiografische Buch des buddhistischen Mönchs und LGBTQ-Aktivisten Kodo Nishimura "Der Mönch in High Heels". Doch in anderen Bereichen ist man gerne und bewusst auch ein bisschen altmodisch. Wenngleich Bernhardus einen umfassenden Internetauftritt anbietet, der sich gerade in den Zeiten des Lockdowns bewährt hat, so kommen die vielen Stammkunden doch gern persönlich vorbei, um Bücher in die Hand zu nehmen.
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Dass die Buchhandlung nach 100 Jahren nach wie vor in Familienbesitz ist, ist eine Seltenheit und alles andere als selbstverständlich. Nicht nur, weil auch im Buchhandel immer mehr Zusammenschlüsse stattfinden und Online-Handel und E-Book eine große Konkurrenz darstellen. Aufgrund ihrer kompromisslosen katholischen Haltung geriet Franz Schwender, Firmengründer und Großvater von Bernhard Droste, bald ins Visier der Nationalsozialisten, was in zwei Schließungsbescheiden gipfelte. Während der Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg wurde das Ladengeschäft mehrfach ausgebombt. Schwender baute es 1947 nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft mühsam und unter Einsatz der gesamten Familie wieder auf. Nach seinem Tod übernahmen die Eltern von Bernhard Droste 1953 die Firma.
Als 1973 die evangelische Buchhandlung in Mannheim schloss, machten Maximilian und Gisela Droste Bernhardus zur großen christlichen und ökumenischen Buchhandlung im Rhein-Neckar-Raum. Auch sie erlebten Anfeindungen. "Als christliche Buchhandlung haben wir offensichtlich polarisiert", erzählt Droste. Während der RAF-Zeit in den 1970er-Jahren sei nachts das Schaufenster eingeworfen worden. 1975 kauften seine Eltern die Heidelberger Buchhandlung Kerle dazu, von der Bernhard Droste sich jedoch vor 15 Jahren wieder trennte. Seit 1990 liegt die Verantwortung bei ihm. Als Geschäftsführer baute er 2017 das Ladengeschäft komplett um. Neben Literatur verschiedener Sparten rückten auch Kunst, Kalender, Kerzen, verschiedene Bibeln und Bücher rund um Taufe, Kommunion und Konfirmation besser ins Blickfeld.
Im Gespräch mit ihm wird seine eigene Begeisterung für das Buch schnell deutlich: "Online bekommt man Haptik und Optik nicht transportiert", sagt er. Die Buchhandlung sei der Ort, an dem Literatur erlebbar und erfahrbar gemacht werde. Droste ist überzeugt: "Bücher fördern Kommunikation und Kreativität und erweitern den eigenen Horizont." Und ja, auch der Buchmarkt sei zwischenzeitlich teilweise ein Modemarkt und unterliege gewissen Trends. Den jeweiligen Zeitgeist wolle man sich in dem handlichen Magazin widerspiegeln lassen, das seit vielen Jahren an die Kunden verschickt wird. Immer mit einem mit Bedacht ausgewählten Jahresmotto versehen, das für 2022/2023 "… dem Leben trauen" von Alfred Delp lautet.
Gerade in Zeiten von Wirtschafts-, Politik- und Klimakrise, Krieg, Missbrauch und Inflation wolle man mit guten Büchern Wissen, Glaube, Werte und Lebenserfahrung vermitteln. Angesprochen sind dabei alle Altersstufen. "Auch für uns als Familie sind Bücher seit hundert Jahren unsere hoffnungsvollen ‚Vertrauensinseln‘. Diese möchten wir noch lange an sie weitergeben", schreibt Droste im Vorwort.



