Kriminalstatistik vorgestellt

Gewalt gegen Polizisten nimmt zu

Immer weniger Straftaten in der Kurpfalz - Zunahme bei Sexualdelikten

27.03.2019 UPDATE: 28.03.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 59 Sekunden
Die Zahl der Straftaten in Heidelberg, Mannheim und dem Rhein-Neckar-Kreis ist 2018 weiter zurückgegangen.

Von Olivia Kaiser

Heidelberg/Mannheim. Eigentlich könnte der scheidende Polizeipräsident Thomas Köber überaus zufrieden sein: Die Kriminalitätsentwicklung des Präsidiumsbereichs, der Mannheim, Heidelberg und den Rhein-Neckar-Kreis umfasst, zeigt nach unten. Um 1,1 Prozent sind die Straftaten 2018 im Vergleich zum Jahr davor zurückgegangen und liegen derzeit bei 73.991 Delikten. Dabei weisen die Zahlen bei Wohnungseinbrüchen und Straßenkriminalität sogar ein Zehnjahrestief aus.

Hinzu kommt eine Aufklärungsquote von 59 Prozent. Doch es gibt zwei Tendenzen, die Köber die Sorgenfalten auf die Stirn treiben: Obwohl die Fälle von Straßenkriminalität um 9,4 Prozent gesunken sind, haben 2018 Aggressionsdelikte im öffentlichen Raum um 3,8 Prozent zugenommen. Dazu zählen auch Körperverletzungen. "Wir haben ein hohes Gewaltniveau im öffentlichen Raum. Konflikte werden zunehmend mit Gewalt gelöst", bedauerte Köber. Exorbitant zugenommen haben außerdem Übergriffe auf Polizeibeamte. "Das besorgt mich", bekannte der Präsident des Mannheimer Polizeipräsidiums, der Ende des Monats in den Ruhestand geht. Ein Blick auf einzelne Delikte:

Straßenkriminalität: Dazu zählen beispielsweise Sachbeschädigung, Taschendiebstahl oder Diebstähle aus und von Autos. Gerade Letzteres war 2017 das größte Ärgernis, auch weil viele Fahrzeugbesitzer Handtaschen und andere Wertgegenstände gut sichtbar im Auto zurückließen. Im vergangenen Jahr verzeichneten die Ermittler einen Rückgang von 4505 auf 3284 Fälle. "Kein Problem mehr sind die Diebstähle aus Fahrradkörben", bilanzierte Thomas Köber. Eine Gruppe junger Flüchtlinge aus den Maghrebstaaten sei für die Taten verantwortlich gewesen. Nachdem sich durch Personenfeststellungsverfahren herausgestellt hatte, dass viele von ihnen eben nicht minderjährig sind, konnten entsprechende Strafen verhängt werden. Generell ist die Straßenkriminalität im Gesamtbereich um 9,4 Prozent gesunken.

Gewalt im öffentlichen Raum: Mit einer Zunahme von 3,8 Prozent liegt man zwar leicht unter dem Landestrend, allerdings gibt es nur im Rhein-Neckar-Kreis einen Rückgang bei diesem Tatbestand. In Heidelberg und Mannheim nahmen die Straftaten dagegen zu. "29 Prozent der Tatverdächtigen war alkoholisiert", gab Köber zu bedenken. Die Aufklärungsquote liege bei knapp 80 Prozent. Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen beträgt 39 Prozent.

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Gewalt gegen Polizeibeamte: Hier ist ein signifikanter Anstieg zu verzeichnen. Ein Vergleich zu 2017 lasse sich jedoch nur bedingt ziehen, so Köber. Grund ist die erstmalige statistische Erfassung des neuen Tatbestands "Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte". Im vergangenen Jahr wurden 491 Taten registriert, die Spanne reicht von Bedrohungen bis hin zur Körperverletzung.

Auch hier spielt Alkohol eine bedeutende Rolle: "Mit 57 Prozent stand mehr als die Hälfte der Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss", bilanzierte Köber. "Die Zahl der verletzten Polizeibeamten ist von 60 auf 284 gestiegen. Drei wurden schwer verletzt. Das ist so nicht hinnehmbar." Er hofft, dass sich der Einsatz von Kameras, welche die Beamten an der Uniform tragen - sogenannte Bodycams - als probates Mittel erweisen. "In Großbritannien haben sich seit dem Einsatz der Bodycams die Gewaltdelikte gegen Polizisten um 50 Prozent verringert", informierte der Polizeipräsident.

Sexualstraftaten: Auch bei den Sexualdelikten ist ein Anstieg zu verzeichnen: Mit insgesamt 793 Straftaten haben wir ein Plus von 31,1 Prozent", erklärte Kripochef Siegfried Kollmar. "Dieser Bereich wird daher 2019 ein Handlungsschwerpunkt sein."

Der Anstieg der Straftaten lasse sich teilweise mit der Reform des Sexualstrafrechts Ende des Jahres 2016 und damit der Neuaufnahme von Straftatbeständen wie der sexuellen Belästigung erklären. Durch Kampagnen wie die "Me too"-Bewegung hat sich zudem die Anzeigenbereitschaft in der Bevölkerung erhöht.

Die Aufklärungsrate ist mit 77,6 Prozent relativ hoch. "Häufig gibt es eine Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer", erklärte Kollmar. "So haben wir oft gute Hinweise, teilweise sogar die Namen." Von den 545 registrierten Tatverdächtigen hatten 188 eine ausländische Staatsangehörigkeit, davon waren 70 Personen Asylbewerber.

Dass sich Täter und Opfer in der Mehrzahl der Fälle kennen, bestätigte auch Thomas Köber. Dass eine Frau von einem Fremden in der Öffentlichkeit angegriffen und vergewaltigt werde, komme eher selten vor. "Wir hatten zwar vor kurzem einen Fall in Mannheim, allerdings im Jahr 2018 keinen einzigen."

Wohnungseinbrüche: Dass die Zahl um 22 Prozent zurückgegangen ist, sei "eine Gesamtleistung der Gesellschaft", so Kollmar. Hier liegt der Bereich des Polizeipräsidiums sogar über dem Landesdurchschnitt, der lediglich 15,5, Prozent beträgt. Die Bürger seien für das Thema sensibilisiert." Jeder zweite Einbruch ist erst gar nicht erfolgreich", verdeutlichte der Kripochef.

Die Gründe sieht er in der Wachsamkeit der Bürger, Präventionsmaßnahmen an Haus und Wohnung, aber auch in der Polizeiarbeit Die Fallzahlen sind so tief wie seit zehn Jahren nicht mehr. Lediglich in Heidelberg sei ein Anstieg von 111 auf 116 Einbrüche zu beobachten. In 27,7, Prozent der Fälle waren die Ermittler erfolgreich. "Ein wichtiger Baustein ist dabei die zentrale Kriminaltechnik", sagte Siegfried Kollmar.

Falsche Polizeibeamte: Sprunghaft angestiegen ist die Betrugsmasche mit Anrufen von falschen Polizeibeamten. Allerdings, so betonte Kollmar, seien die meisten Senioren mittlerweile vorgewarnt. Von 1454 (im Vorjahr 758) registrierten Delikten waren nur 22 erfolgreich. Davon hat die Polizei 14 Fälle aufgeklärt. Überführe Täter erwarten Freiheitsstrafen von bis zu über fünf Jahren.

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