Wie der Grünzug Nordost die geplagten Mannheimer etwas abkühlt
Und welche Rolle die Bundesgartenschau dabei spielt. Bessere Luft, weniger Hitze.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. In der Diskussion um den Klimawandel und die Bundesgartenschau ist immer wieder vom Grünzug Nordost die Rede. Die RNZ erklärt, was es damit auf sich hat und beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie wirkt sich der Klimawandel auf Mannheim aus? Die Menschen in den Städten leiden zunehmend unter der Hitze. In der Region sind die Mannheimer besonders geplagt. "Wer in tropischen Nächten mal durch die Stadt gegangen ist, der weiß, wie heftig das ist, wie die Menschen nach Kühle lechzen", sagte Umweltstaatssekretär Andre Baumann kürzlich im RNZ-Interview. Steigende Temperaturen führen dazu, dass die Luft mehr Wasser aufnimmt, mehr Wasserdampf in die Atmosphäre gelangt – und schließlich für stärkere Niederschläge und Hochwasser sorgt. Vor diesen Ereignissen soll der Rheindamm besser geschützt werden.
Welche Bedeutung haben die städtischen Grün- und Freiflächen? Eine enorme, besonders für das Klima. Denn sie heizen sich tagsüber weniger stark auf als versiegelte Flächen und kühlen in der Nacht schneller ab. Kaltluft wird besonders von Wiesen, Feldern oder Gartenanlagen erzeugt und strömt von dort in die angrenzenden Wohngebiete. Wichtig: Die Grün- und Freiflächen müssen möglichst frei von Barrieren sein, damit sich der Abkühlungseffekt nicht abschwächt.

Was ist der Grünzug Nordost? Die Vision eines Grüngürtels verfolgt die Stadt bereits seit Jahrzehnten. Mit dem Freiwerden ehemaliger US-Militärgelände eröffnete sich dafür eine Chance. Der Entwurf des Büros für Landschaftsarchitektur RMP – Stephan Lenzen erstreckt sich vom Neckar über den Sportpark Pfeifferswörth und Neckarplatt, das Landschaftsschutzgebiet Feudenheimer Au, die ehemaligen Spinelli-Barracks und den Bürgerpark bis zum Vogelstangsee. Ziel ist ein offener, weiträumiger Landschaftspark mit verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten. Dazu gehören ein neuer Radschnellweg, die Renaturierung des Neckars, ein künstliches Gewässer in der Au oder Brücken. Eine tragende Rolle spielt das Spinelli-Gelände zwischen Feudenheim und Käfertal, wo 60 der mehr als 80 Hektar grün sein sollen. Dafür muss mehr als die Hälfte des gesamten Areals entsiegelt werden. Spinelli ist auch der Hauptaustragungsort der Bundesgartenschau 2023. Diese ist sozusagen nur das Mittel zum Zweck, um Zuschüsse zu erhalten, dank derer Spinelli dauerhaft und großräumig begrünt und die Kaltluftschneise ihre Wirkung entfalten kann. Rund 60 Gebäude werden dort abgerissen. Lediglich ein Ensemble von fünf Verwaltungsimmobilien aus den 1930er-Jahren, eine Sporthalle und die teilweise zurückgebaute U-Halle (die RNZ berichtete in der Mittwochsausgabe) bleiben erhalten. Dank 500 neuer Bäume an den Rändern von Spinelli verbessert sich die Luftqualität, sinken Temperaturen und finden zudem Vögel, Insekten, Moose und Flechten einen Lebensraum.
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Was bringt der Grünzug ganz konkret? In einer warmen Sommernacht auf Spinelli herrschen durchschnittliche Temperaturen von mehr als 20 Grad. Durch den Rückbau von Gebäuden und entsiegelte Flächen wird diese sogenannte Wärmeinsel aufgebrochen und ein Kaltluftgebiet geschaffen. Die nächtlichen Temperaturen sinken dadurch um drei bis vier Grad. Die Frischluft kann barrierefrei zirkulieren und bildet einen Korridor, der sich bis in die angrenzenden Wohnquartiere zieht. Diese und die benachbarten Stadtteile wie Käfertal-Süd profitieren, das belegen auch Untersuchungen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) vom vergangenen Jahr.



