170 Bohrpfähle sollen die Brücke tragen
Die Arbeiten für den Brückenbau an der Hochstraße Süd in Ludwigshafen schreiten fort. Der bis 2026 geplante Lückenschluss ist ein zentraler Punkt in den Verkehrsplänen der Industriestadt am Rhein.

Von Carsten Blaue
Ludwigshafen. Das Faktorhaus am Berliner Platz in Ludwigshafen ist einer der Sitze der Stadtverwaltung. Auch Kämmerer Andreas Schwarz hat hier seinen Schreibtisch. Und schaut man auf der Südseite des Gebäudes aus den Fenstern, fällt der Blick direkt auf eine der wichtigsten Verkehrsbaustellen der Region, wenn nicht die wichtigste: auf die Abbruchkante der Hochstraße Süd, die ein Teil der B 37 ist. Schwarz und all die anderen Verwaltungsbeschäftigten sind darauf eingestellt, dass es ab 22. Januar relativ laut werden könnte in ihren Büros. Denn dann beginnt ein Riesenbohrer damit, die Löcher für insgesamt 170 Bohrpfähle in den Boden zu drehen, auf denen der 530 Meter lange Lückenschluss in der Hochstraße ruhen wird.
Damit fällt der offizielle Startschuss für die Bauphase im Ludwigshafener Hochstraßenprojekt. Die Stadtverwaltung erläuterte am Dienstag im Faktorhaus, was alles bis zum Januar 2026 erledigt wird. Dann soll der Pendler- und Güterverkehr wieder über die Hochstraße Süd rollen – über die neue Brücke, welche die Lücke füllt, und über die sogenannte "Weiße Hochstraße", die sich im Westen daran anschließt und noch so intakt ist, dass eine grundlegende Modernisierung ausreicht.
Zeitgleich Modernisierung der "Weißen Hochstraße"
Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) war überzeugt davon, dass der sportliche Zeitplan eingehalten wird: "Jetzt geht es richtig los", freute sie sich. Und Schwarz war recht gelassen. Er und all die anderen mussten schließlich auch weiterarbeiten, als im Jahr 2020 der komplett marode Teil der Hochstraße Süd, die "Pilzhochstraße", abgerissen wurde: "Das lief unaufgeregt." Und man werde auch jetzt Lärm und Staub von der Baustelle gut überstehen – was wohl als Ermutigung für die Bürger und Anlieger im direkten Umfeld zu verstehen war. Steinruck will sie regelmäßig informieren und ihnen zuhören. Denn ohne Störungen geht es nicht, wenn eine neue Brücke gebaut und eine andere saniert wird. Zwei Baustellen, ein Projekt, betonte Baudezernent Alexander Thewalt. Auch wenn sie völlig unterschiedlich sind. Das machte der Gesamtprojektleiter der Hochstraßen, Eberhard Küssner, deutlich. Er begann mit dem Lückenschluss, also dem neuen Brückenteil.
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Der 160 Tonnen schwere Drehbohrer wird in der Nacht zum 17. Januar angeliefert und ist nach dem Aufbau 26 Meter hoch. Er wird mit 37 Umdrehungen pro Minute bis zu 20 Meter Tiefe und im Durchmesser 150 Zentimeter breite Löcher in das Erdreich treiben, das zuvor auf seine Beschaffenheit und Kampfmittelfreiheit hin sondiert worden war (im Zweiten Weltkrieg waren 90.000 Bomben auf Ludwigshafen gefallen). Alleine für diese Vorarbeiten waren gut 1850 kleinere Bohrungen nötig. Die einzige Überraschung war jedoch, dass die ersten 6,5 Meter Boden aus Aufschüttungen bestehen, die heute keine Brücke tragen können.
Daher müssen die Bohrpfähle auch so tief in die Erde, in der sie fast komplett verschwinden werden. Zu sehen sind, wenn alles fertig ist, die zwei Meter dicken Pfahlkopfplatten, auf denen die 43 gut fünf Meter hohen Brückenpfeiler stehen. Auf diesen wiederum ruht dann die Fahrbahn über Lagern, welche etwa die Spannungen im Beton aufgrund von Temperaturschwankungen ausgleichen. Apropos Beton: 20.500 Kubikmeter davon werden im Lückenschluss verbaut, dazu kommen 3100 Tonnen Bewehrungsstahl und 570 Tonnen Spannstahl.
Viel zu tragen also für das Erdreich und die Pfähle. Bis alle gebohrt sind, vergeht ein Jahr. Doch schon nach Ostern kommen die Kräne. Denn wenn der Bohrer im Bereich des Faktorhauses fertig ist und sich nach Westen weiterarbeitet, beginnt hier schon der eigentliche Brückenbau. Und parallel zu allem wird die "Weiße Hochstraße" generalüberholt. Küssner stellte vor, was hier passieren wird: Es gibt eine neue Entwässerung und neue Leitplanken. Die Lager, auf denen dieser Brückenabschnitt ruht, werden ausgetauscht. Die Fahrbahn wird erneuert. Zudem werden schadhafte Stellen und der Beton instand gesetzt.
Kurzum: Alles wird getan, um diesen Teil der B 37 für Jahrzehnte leistungsstark zu machen für die Anforderungen an eine zentrale Verkehrsachse der Metropolregion Rhein-Neckar und den täglichen Schwerlastverkehr.
Im Ganzen wird das südliche Hochstraßen-Projekt rund 120 Millionen Euro kosten, wovon Bund und Land 108 Millionen tragen. Schwarz war diesbezüglich froh, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) jüngst seine Unterstützung bei möglichen Kostensteigerungen zugesichert hatte. Zumindest mündlich. Und Schwarz fand schön, dass die beiden Hochstraßen im Bund als ein Projekt gesehen werden. Ist ja auch so.
Die Hochstraße Süd ist ohne die Hochstraße Nord nicht zu denken. Diese muss noch bis zum Frühjahr 2026 durchhalten. Dann wird sie der Helmut-Kohl-Allee weichen. Doch auch hier, knapp zwei Kilometer entfernt vom Faktorhaus, werde in diesem Jahr schon "sichtbar" gebaut, so Steinruck. Zumindest dieser Lärm und Staub bleibt Schwarz in seinem Büro aber erspart.



