Hochstraße Nord in Ludwigshafen

Verkehrschaos droht - Unternehmen schauen mit Sorge auf das Bauprojekt

Der Abriss der Hochstraße naht, weil sie marode ist. Die Folgen werden von Mannheim bis nach Südhessen und zu spüren sein.

19.02.2018 UPDATE: 19.02.2018 09:38 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden

Die Hochstraße in Ludwigshafen. Foto: Stadt Ludwigshafen/Alfred Gerold

Ludwigshafen (dpa-lsw) - Sie ist rund zwei Kilometer lang, ruht auf 149 Säulen und ist eine der wichtigsten Verbindungen zwischen Nordbaden und der Pfalz: die Hochstraße Nord in Ludwigshafen. 40:000 Autos rollen darauf täglich an der Stadt vorbei nach Westen oder nach Mannheim. Weil die Brückenkonstruktion aus den 1970er Jahren irreparabel mürbe ist, soll sie ab Ende 2019 durch eine ebenerdige Variante ersetzt werden. 18 Monate nach dem Start der Arbeiten werden große Verkehrsprobleme erwartet, die viereinhalb Jahre andauern sollen. Die gesamte Bauzeit wird auf acht Jahre geschätzt. Die Wirtschaft im Rhein-Neckar-Raum ist alarmiert. "Es wird zu massiven Beeinträchtigungen kommen", sagt Artin Adjemian von der IHK in Mannheim. "Das wird mit Sicherheit ein Standortnachteil werden."

"Wir reden mindestens von einem Jahrzehnt massiver Störungen im Verkehrsfluss", sagt der Vize-Hauptgeschäftsführer der IHK Pfalz, Jürgen Vogel. "Das merken die Unternehmen." Hauptsächlich werde der Personenverkehr betroffen sein. "Ludwigshafen ist eine der Städte in Deutschland mit dem höchsten Pendlersaldo", sagt Vogel. Fast 70.000 Menschen kämen täglich zum Arbeiten, 30.000 pendelten aus. Das Projekt trifft eine Region, auf deren Straßen viel los ist.

Die IHK Darmstadt Rhein Main Neckar erwartet auch Konsequenzen für Beschäftigte aus Südhessen. Im Kreis Bergstraße orientierten sich die Angestellten in der südlichen Hälfte eher nach Süden, sagt Referent Daniel Kaeding. "Dort geht ein Großteil der Angestellten nach Mannheim/Ludwigshafen." Seine Prognose: "Die Mitarbeiter werden Schwierigkeiten haben, dort hinzukommen. (...) Da werden viele im Stau stehen." Von den knapp 5000 Logistikunternehmen im IHK-Bereich säßen außerdem mehr als 1100 im Kreis. "Das ist die Branche, die es am schnellsten zu spüren bekommen wird, wenn die Straßen dicht sind."

Vor Ort wird der Güterverkehr zwar schon zu großen Teilen über die nördlich verlaufende Autobahn 6 angeliefert, aber: "Wir haben in Mannheim und Ludwigshafen die Häfen in zentraler Innenstadtlage", sagt Adjemian. "Die Verkehre in den Häfen, aus den Häfen raus sind massiv betroffen." Der Ludwigshafener Chemieriese BASF zum Beispiel nutzt die Hochstraße vor allem für Transporte zwischen dem Containerhafen Mannheim und dem Werk, rund 600 sind es am Tag.

"Man zahlt jetzt und in Zukunft den Preis für die Versäumnisse der Vergangenheit", sagt Kaeding, dessen Kritik sich an Stadt und Land richtet. Alternativen zu dem Projekt sehen die Experten nicht. Sie haben aber eine Reihe von Anregungen und Forderungen, zum Beispiel nach einer weiteren Rheinbrücke südlich von Ludwigshafen.

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"Das Thema zusätzliche Rheinquerung muss wieder auf die Agenda, wenn wir in zehn, 20, 30 Jahren keine gespaltene Metropolregion sein wollen", sagt Adjemian. Die neue Straße in Ludwigshafen sei nicht so leistungsfähig wie die alte. "Uns kommt es auf eine ergebnisoffene Diskussion an, in der jede gute Lösung willkommen ist. Eine Rheinbrücke südlich von Ludwigshafen ist dabei nur ein Vorschlag."

Auch Seilbahnen über den Rhein für den Personen- und Güterverkehr schweben den IHK-Experten vor. Eine Voruntersuchung habe ergeben, dass pro Stunde 5000 Menschen befördert werden könnten, sagt Adjemian. Die Fachleute fordern, die Baustellen in der Region bestmöglich zu koordinieren. Nötig seien auch regionale Verkehrsmodelle, die zeigten, welche Folgen ein Eingriff für die Region habe, sagen Vogel und Adjemian. Eine verstärkte ÖPNV-Nutzung und mehr Gütertransporte per Schiff und Bahn sind ebenfalls Themen.

"Wir würden die Dinge verharmlosen, wenn wir nicht bestätigen würden, dass die Eingriffe in eine solche Infrastruktur dramatisch sein werden", sagt der Vorsitzende des Verbands Region Rhein-Neckar, Stefan Dallinger (CDU). Aber es gibt Konzepte. Ludwigshafen hat nach eigenen Angaben "ein umfangreiches Maßnahmenpaket definiert, um die Verkehrsbehinderungen in Grenzen zu halten". So soll auf der Hochstraße immer mindestens eine Spur in beide Richtungen offen sein.

Zur Verkehrsführung gibt es ein Drei-Zonen-Konzept: Die innere Zone soll nur nutzen, wer ein Ziel in der Stadt hat. Zudem soll ein umfassendes ÖPNV-Konzept entwickelt werden. Zu den kritisierten Versäumnissen sagt die Stadt: Bei der Planung der Straße habe niemand ahnen können, dass die Belastungen durch den Verkehr so stark wachsen würden. Unter der Brücke sind schon seit Jahren Netze gespannt, die vor herabfallenden Betonbrocken schützen sollen.

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