Das sind die Projekte der Universität Mannheim
Kanzlerin Barbara Windscheid und Rektor Thomas Puhl informierten - "Gut gefördert, aber Infrastruktur darbt"

Studieren im Barockschloss: in Mannheim ein schöner Nebeneffekt. Foto: Gerold
Von Olivia Kaiser
Mannheim. Neues zu Studierendenzahlen, Forschung und Lehre, Bauvorhaben und die geschichtlichen Aufarbeitung zu Ehrenwürdenträgern und Rektoren der Universität Mannheim - im Jahresgespräch informierten Kanzlerin Barbara Windscheid und Rektor Thomas Puhl über wichtige Daten und Fakten rund um die Universität.
> Studium und Lehre. Derzeit sind etwa 12.100 Studierende an der Universität eingeschrieben (an der Universität Heidelberg sind es circa 29.200 ). Etwa 4000 davon haben ihr Studium zum Wintersemester 2019/2020 begonnen. Circa 20 Prozent der Studierenden kommen aus dem Ausland, vor allem aus den USA, Kanada, Frankreich und China. Besonders ausländische Studierende orientierten sich an internationalen Ranglisten, betonte Unirektor Thomas Puhl.
Mannheim belege vor allem in der BWL und VWL sowie bei den Sozialwissenschaften Spitzenplätze. Beim Shanghai-Ranking, einem weltweiten Hochschulranking, das die Jaotong Universität in Shanghai seit 2003 durchführt, sicherte sich Mannheim 2019 mit BWL und Politischen Wissenschaften den ersten Platz. Zudem erhielt Michèle Tertilt, Professorin für Wirtschaftswissenschaft, in diesem Jahr den mit 1,9 Millionen Euro dotierten Leibniz-Preis. "Das sind Ergebnisse, die uns stolz machen", so Puhl.
> Forschung. Zuträglich für das Renommee einer Universität sind auch Forschungsprojekte. So ist die Universität beispielsweise Mitglied des Forschungszentrums Transregio. Der Fokus liegt dabei Rechnungswesen, Steuerwesen und Unternehmenstransparenz. "Welches Unternehmen bezahlt wo welche Steuern, welche Steuervermeidungsstrategien werden benutzt, wie verlaufen die Geldströme, welche ökonomischen Konsequenzen gibt es - mit diesen Fragen beschäftigten sich die Forscher der Uni Mannheim gemeinsam mit Kollegen der Universität Paderborn und der Humboldt-Universität in Berlin", erklärte Thomas Puhl.
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Dabei gehe der Fokus über die reinen Finanzdaten hinaus. "Auch Nachhaltigkeit und Ausbeutung werden ins Visier genommen." Im Rahmen eines Netzwerks plant die Universität Mannheim mit zwölf anderen Hochschulen den Aufbau einer "Europäischen Universität", für die gerade ein Antrag vorbereitet wird. Das Generalthema dieses Konsortiums soll "Digitalisierung und ihre Folgen für die Gesellschaft" sein.
Um solche Forschungsprojekte zu realisieren, sind Förderungen, sogenannte Drittmittel, unerlässlich. Öffentliche Drittmittel kommen beispielsweise vom Bund oder der EU, private Drittmittel von Unternehmen oder Stiftungen. Für die Forschung bekam die Universität im vergangenen Jahr 25 Millionen Euro, davon 22,3 Millionen aus der öffentlichen Hand. Drittmittel sind meist streng zweckgebunden, nur ein kleiner Teil kann für die Verbesserung der Infrastruktur verwendet werden - also für Räumlichkeiten, Strom, die Optimierung der Bibliothek oder Verwaltungsaufgaben. Doch diese Infrastruktur sei ebenfalls für die Forschung wichtig, betonte der Rektor. "Wir sind gut gefördert, aber die Infrastruktur darbt."
> Bauliche Entwicklung. Herzstück der Universität ist das Schloss. Dort befinden sich viele Büros, aber auch Hörsäle - allesamt denkmalgeschützt. Es gibt einen Generalsanierungsplan, der die energetische Sanierung und die Modernisierung der Technik zum Ziel hat. Derzeit werden die Aula, die Katakomben und der Kunstturm (AKK) renoviert. "Die Arbeiten sind im ersten Quartal 2020 abgeschlossen", informierte Barbara Windscheid. Dann ist der Ehrenhof-West an der Reihe.
"Dabei handelt es sich um einen sehr alten Teil des Schlosses", gab die Kanzlerin zu bedenken. Deshalb könne man nicht sicher sein, auch welche Schwierigkeiten man dabei stoße. Weiter im Plan geht es mit dem Ehrenhof-Ost, in dem sich auch das Café befindet, dem Westflügel (Richtung Hauptbahnhof) und dann dem Ostflügel (Richtung Eisstadion). Bis 2030 sollen diese Arbeiten erledigt sein. "Allein die Kosten für den Bereich AKK betragen 17,3 Millionen Euro", bilanzierte Windscheid.
In A5 soll 2023 ein neues Rechenzentrum erreichtet werden. Ebenfalls in diesem Jahr, so hoffen Windscheid und Puhl, könnte der Bau von zwei Gebäuden im Friedenspark starten. Mitte 2021 läuft der Erbbauvertrag zwischen Stadt und Land aus. Dann könnte das Eisstadion abgerissen werden. Als die Pläne vor einigen Monaten vorgestellt wurde, regte sich Unmut in der Bevölkerung, weil einige Bäume gefällt werden müssten. "Wir würden für Ersatz sorgen und so wenig Eingriffe in die Natur vornehmen wie möglich", bekräftigte die Kanzlerin. "Die Aufenthaltsqualität im Friedenspark würde steigen." Die Gebäude seien auch nötig, da bei der Sanierung des Schlosses Hörsäle wegfallen. Die Entscheidung über die Realisierung liegt beim Gemeinderat.
> Geschichtliche Aufarbeitung. Für Aufsehen sorgte vor kurzem die Umbenennung eines Studentenwohnheims. Namensgeber war der ehemalige Unirektor Curt Sandig. Eine Bachelor-Arbeit hatte ergeben, dass Sandig während des NS-Regimes weit mehr als nur ein Mitläufer gewesen war und nationalsozialistische Thesen vertreten hatte. Dies war bereits in den 1990er-Jahren wiederholt von Studierenden vorgebracht worden. "Doch eine Senatskommission entschied, dass es zu wenig Belege gibt", sagte Puhl. Das habe sich durch die Bachelorarbeit, die am Lehrstuhl für Zeitgeschichte in Auftrag gegeben wurde, geändert. Die Causa Sandig ist Grund genug für die Universität, alle 250 ehemaligen Rektoren und Ehrenwürdenträger nach "braunen Flecken" zu durchleuchten. Auch NS-Opfer sollen in den Fokus genommen werden. So wie Paul Epstein, ein Privatdozent an der Uni, der im KZ Theresienstadt starb.



