"Jahrzehntelanges Versagen auf mehreren Ebenen"
Die Stadt Mannheim stellt ihre Fehleranalyse zum Tunnel vor: Bei der Lüftung und den Rettungswegen wurde bereits in der Bauphase geschlampt.

Der Mannheimer Fahrlachtunnel. Archiv-Foto: Stadt Mannheim
Mannheim. (oka) "Der Fahrlachtunnel ist eine Schande in der Geschichte der Stadt", machte Stadtrat Achim Weizel (Mannheimer Liste) seinem Ärger Luft. "Das ist jahrzehntelanges Versagen auf mehreren Ebenen." Wie die anderen Mitglieder des Ausschusses für Umwelt und Technik war er fassungslos angesichts der Fehleranalyse, die Alexandre Hofen-Stein und Alex Stork von der städtischen Projektgruppe "Fahrlachtunnel" am Dienstag in der Sitzung vortrugen.
Sie zählten die Versäumnisse auf, die im August 2021 zur Tunnelschließung geführt hatten – und die hatten es in sich. Denn es wurde klar, dass schon zu Beginn Fehler in mehreren Fachbereichen gemacht und dann jahrzehntelang nicht korrigiert wurden.
Die Ereignisse liegen zwischen 16 und 30 Jahre zurück, sodass die Projektgruppe nur auf eine unzureichende und veraltete Aktenlage zurückgreifen konnte. Es sei eine aufwendige Recherche gewesen, erklärte Umweltbürgermeisterin Diana Pretzell: "Klar ist nun: Der schlechte Zustand der technischen Anlagen resultiert aus einem gesamtorganisatorischen Versagen."
Die zwei gravierendsten Mängel betreffen laut Alex Stork die Flucht- und Rettungswege sowie die unzureichende Entlüftung des Tunnels im Brandfall. "Bei den Brandrauchversuchen zeigte sich, dass die Flucht- und Rettungswege für eine Selbst- und Fremdrettung unzureichend sind. Auch die vorhandene Tunnellüftung hat nicht genügend Leistung. Zudem funktioniert das Zusammenspiel mit der Sensorik und der Leittechnik nicht. Diese Fehler sind bereits in der Bauphase gemacht worden", so Stork.
Ein Detail schockierte die Anwesenden besonders: So besagte die ursprüngliche Bedarfsrechnung, dass für den Tunnel 18 Lüfter pro Röhre notwendig sind. Diese Zahl wurde dann allerdings im Lauf der Planung auf acht pro Röhre reduziert. Wer das warum veranlasst hat, lasse sich nicht mehr nachvollziehen, bedauerte Stork. "Da können wir wirklich froh sein, dass es in all der Zeit nie zu einer Katastrophe im Tunnel gekommen ist", konstatierte Weizel.
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Zwar wurde der Fahrlachtunnel regelmäßig gewartet, und so bekanntgewordene Mängel beseitigt, aber es fand kein übergreifender Funktionstest statt. Von 1994 bis 2020 habe es laut Projektleiter Alexandre Hofen-Stein keinen Funktionstest der gesamten Anlage gegeben. Thomas Hornung (CDU) dankte für die "Detektivarbeit" und erklärte: "Das erschreckt uns alle."
Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft den Umgang mit der Richtlinie für Ausstattung und Betrieb von Tunneln aus dem Jahr 2006. "Diese Fassung enthielt weitreichende organisatorische und technische Vorgaben, die in Mannheim nicht beziehungsweise erst spät und unstrukturiert umgesetzt wurden", erklärt Hofen-Stein. "Wir können nicht nachvollziehen, weshalb die Verwaltung damals die Novellierung der Tunnelrichtlinien nicht bemerkt hat. Wir sehen aber im Ergebnis, dass wir nun – 16 Jahre später – die Umsetzung in kürzester Zeit auf den Weg bringen müssen."
Diese Umsetzung ist wesentlicher Bestandteil der sogenannten Notertüchtigung, die noch vor dem Start der Bundesgartenschau abgeschlossen werden soll. Damit wäre der Tunnel wieder befahrbar. "Die Verwaltung muss aus den Fehlern der Vergangenheit lernen", sagte Pretzell abschließend.
Info: Der circa 500 Meter lange Fahrlachtunnel verbindet als Teil der B36 (Südtangente) die B38a mit der nach Ludwigshafen führenden B37. 1986 fiel die Entscheidung, den Tunnel in der Nähe des Hauptbahnhofs zu bauen. Der Spatenstich erfolgte im Oktober 1988. Im April 1994 wurde der Tunnel für den Verkehr freigegeben.



