Nachts im Schacht des Fernmeldeturms
Sanierung bis zur Buga: Die Fahrstuhlanlage am Fernmeldeturm wird ausgetauscht. Industriekletterer ziehen derzeit Kabel in die Höhe.

Mannheim. (oka/zg) Er ist eines der Wahrzeichen Mannheims: Mächtig wacht der Fernsehturm seit 1975 am Rand des Luisenparks über die Stadt. Von außen mag es nicht sichtbar sein, aber im Inneren läuft derzeit die größte Sanierung seit der Erbauung – damit für die Bundesgartenschau (Buga) im April alles auf dem neuesten Stand ist. Die Doppelaufzugsanlage wird ausgetauscht und damit die gesamte Elektro- und Steuerungstechnik generalüberholt.
Diese besondere Aufgabe beschäftigt Ralf Eckl, Bereichsleiter Technik & Gebäude bei der Stadtpark Mannheim, auf deren Gelände sich der Turm befindet, seit Wochen. Nach der Projektplanung, dem Ausschreibungsverfahren und der Baustellenplanung wurde mit den Demontagearbeiten im vergangenen November begonnen. Derzeit überwacht Eckl die Arbeiten der ausführenden Fachfirmen vor Ort und bringt alle Beteiligten an einen Tisch, von den Elektrotechnikern bis zum Tüv. Dieses Projekt ist eine Mammutaufgabe – aber extrem spannend", sagt der Techniker. "Nicht nur, weil ich an einem sehr prominenten, dem höchsten Gebäude der Region unterwegs bin, sondern auch, weil es fachlich absolut anspruchsvoll ist." Diese Woche haben die Industriekletterer im Turmschacht ihre Baustelle eingerichtet.
Auch Brandschutzmaßnahmen werden umgesetzt und Leitungen im Durchmesser von 15 Zentimetern von unten nach oben in 121 Meter Höhe gezogen. Diese funktionserhaltenden Kabel gewährleisten im Brandfall einen Weiterbetrieb des Aufzugs, sind also "lebenswichtig" für eine Anlage dieser Dimension. Von den Fachkräften erfordert die Arbeit technisches Spezialwissen, körperliche Tauglichkeit und natürlich Schwindelfreiheit.
Jede Nacht baumeln sie im Betonschacht an ihren Seilen und arbeiten an den Leitungen. Wieso nachts? Die Antwort deutet an, mit wie viel Hochdruck man in diesem Projekt unterwegs ist: "Wir arbeiten unter maximaler Zeitausnutzung: Tagsüber arbeiten die Fördertechniker am Doppelaufzug. Ein gleichzeitiges Arbeiten der Industriekletterer ist aus Arbeitssicherheitsgründen nicht möglich. Man stelle sich nur vor, dass ein Werkzeug herunterfällt und einen Kollegen, der sich an tieferer Stelle im Schacht befindet, getroffen werden könnte", erklärt Eckl. Daher bleibt für die Industriekletterer nur die Nacht.
Die Gesamtkosten für die Maßnahme sind auf rund 2,2 Millionen Euro veranschlagt. Die Inbetriebnahme der Aufzüge ist auf Anfang April terminiert. "Derzeit liegen wir im Zeitplan", so Eckl. Allerdings gibt es immer wieder Unvorhergesehenes: "Man trifft auf Situationen, das können Funde von Materialien sein, die nach heutigen Baunormen nicht mehr zugelassen sind und flächendeckend ersetzt werden müssen, oder defekte Spezialteile, deren Beschaffung sich schwer gestaltet, oder einfach auf Gegebenheiten, die man nicht ahnen konnte, weil sie in der Bausubstanz hinter der Oberfläche liegen."
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Das Projekt erforderte von Ralf Eckls Team immer wieder ein Umdenken, ein Umplanen, brachte teils zeitliche Verzögerungen mit sich. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, unseren Riesen bis zur Bundesgartenschau modernisiert zu haben", betont er.
Der Fernmeldeturm ist die höchste Sehenswürdigkeit der Stadt. Er dient dem Fernmelde-Funkverkehr, dem beweglichen Landfunk und sorgt als UKW-Sender für die Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen. Der alte Aufzug brachte Besucher mit einer Geschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde auf die 121 Meter hoch gelegene Aussichtsplattform oder zum abendlichen Diner ins Restaurant Skyline. Auf 125 Metern Höhe dreht sich das Restaurant einmal pro Stunde um die eigene Achse. Derzeit ist es geschlossen, öffnet aber zur Bundesgartenschau wieder. Seit einer Antennenaufstockung 2016 hat der Turm eine Gesamthöhe von knapp 218 Metern und übertrifft damit sogar den Fernsehturm Stuttgart. Der Mannheimer Fernmeldeturm gehört damit auch zu den höchsten Fernmeldetürmen der Republik. Der Stahlbetonschaft des Turms, in dessen Innern die beiden Aufzüge verlaufen, verjüngt sich von 13 Metern Durchmesser und 60 Zentimetern Wandstärke am Fuß auf 4,60 Meter beziehungsweise 25 Zentimeter in 166 Metern Höhe; dort beginnt die 52 Meter hohe Antenne.




