Ausbau des Radverkehrs

So will Mannheim eine Fahrradstadt werden

Im August beginnen die Arbeiten für den Radweg in der Augustaanlage. Es soll mehr Stellplätze und offene Einbahnstraßen geben.

08.04.2021 UPDATE: 09.04.2021 06:00 Uhr 4 Minuten
So soll es in der Augustaanlage einmal aussehen. Visualisierung: Stadt Mannheim

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Wenn es um Mannheims Fahrradtauglichkeit geht, erreicht die Stadt, in der Karl von Drais das Fahrrad erfand, unteres Mittelmaß. So zumindest sieht es der aktuelle Fahrradklimatest des ADFC. Wie schon im vergangenen Jahr erhält Mannheim die Note 3,9 und liegt damit unverändert auf Platz 6 der Städte zwischen 200.000 und 500.000 Einwohnern. Der Fahrradklimatest wird alle zwei Jahre durchgeführt. Rund 230.000 Radfahrerinnen und Radfahrer haben diesmal per Online-Umfrage über die Fahrradfreundlichkeit ihrer Städte abgestimmt.

In Mannheim gab es mit 5,1 die schlechteste Note für die Falschparkerkontrolle bei Radwegen. Eine glatte 5 gab es für die Führung des Radverkehrs an Baustellen. Die Ampelschaltungen für den Radverkehr wurden nur mit 4,9 und die Breite der Radwege mit 4,8 benotet. Die Grünen sehen da noch viel Luft nach oben und beklagen unter anderem, dass nicht wie in anderen Städten Pop-up-Radwege installiert wurden.

Im Technischen Rathaus sieht man das ein bisschen differenzierter: "2018 waren wir auf noch auf dem neunten Platz", gibt der städtische Radverkehrsplaner Johanno Sauerwein zu bedenken. "Wir wissen, dass es noch viel zu tun gibt, aber wir sind dran", fügt Oliver Sachs, Abteilungsleiter Planung und Bau beim Stadtraumservice, hinzu. Denn immer mehr Bürger der Quadratestadt schwingen sich aufs Rad – im Durchschnitt 100.000 Menschen pro Jahr, so Sauerwein. Er hofft, beim Fahrradklimatest im nächsten Jahr in die Gruppe der besten fünf Städte aufzusteigen.

Als Blaupause dient das 21-Punkte-Programm, das die Stadt 2017 zum 200. Jubiläum der Erfindung des Fahrrads aufgelegt hat. Für den Ausbau des Radverkehrs sind neben den regulären Investitionsmitteln im Jahr 2021 zwei Millionen Euro, 2022 drei Millionen Euro und 2023 vier Millionen Euro eingeplant. Die RNZ gibt einen Überblick:

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> Ausbau Radwegenetz: Durch Lückenschlüsse, die Ausweisung von Fahrradstraßen und neue Radwege soll das Radwegenetz kontinuierlich ausgebaut werden. Ein Beispiel ist der Umbau der Tattersallstraße und der Berlinerstraße (2019/2020), sodass eine Route vom Hauptbahnhof zum Nationaltheater, beziehungsweise der Friedrich-Ebert-Brücke, entstanden ist. Zwischen den Quadraten G und H wurde 2020 die erste Fahrradstraße in den Quadraten eingerichtet. Dieses Jahr folgen für mehr als eine Million Euro die Luisenstraße in Neckarau und die Meerfeldstraße im Lindenhof. Im August beginnt der Bau eines Radwegs in der Augustaanlage. Dafür werden die Breite von Gehweg und Fahrbahn verändert, sodass Platz für einen Radweg entsteht. "Es ist das gleiche Konzept wie in der Bismarckstraße", erklärt Oliver Sachs.

"Bis zur Bundesgartenschau werden wir nicht ganz fertig." Geplant sei, dass es bis dahin einen Radweg auf beiden Seiten vom Planetarium bis zur Mollstraße gibt. Ein durchgehender Radweg für den Ring ist mittelfristig geplant. Am Luisenring hängt eine Realisierung von der Sanierung der Hochstraße Nord ab, am Kaiserring steht erst einmal der Umbau des Bahnhofsvorplatzes mit Gleiserweiterung an. Radwege werden auch durch die Offizierssiedlung und Franklin gebaut. Derzeit entsteht in der Boveristraße ein barrierefreier Rad- und Fußgängerüberweg über die Bahngleise. Die "Boveri-Rampe" soll Ende des Jahres fertig sein und kostet 3,5 Millionen Euro. Dann ist die Lücke zwischen Käfertal und Herzogenried geschlossen.

> Sanierungen: Einige der bereits bestehenden Radwege sind in die Jahre gekommen und müssen saniert werden. "Wir bringen eine dünne Asphaltschicht auf die Radwege auf", erläutert Sachs. Das sieht aus wie neu." Dieses Jahr sind Sanierungen für eine halbe Million Euro vorgesehen, unter anderem in der Reichskanzler-Müller-Straße (B37).

> Radschnellwege: Die Trassen sind in Mannheim nicht unumstritten, stehen sich doch dabei Naturschutz und Verkehrswende oft diametral gegenüber. Dabei geht es einmal um den Radschnellweg zwischen Mannheim und Heidelberg, der aber erst 2026 fertig sein soll. Beim Radschnellweg zwischen Mannheim und Darmstadt drängt zumindest auf Mannheimer Gemarkung die Zeit, denn die Trasse führt durch das Buga-Gelände. Deshalb sollen die Abschnitte Spinelli und Feudenheimer Au zu Beginn der Bundesgartenschau im April 2023 fertig sein. Oliver Sachs rechnet im Herbst mit der Planfeststellung, dann soll es so schnell wie möglich losgehen.

Ende 2021 beginnen nach dieser Rechnung die Arbeiten auf dem Spinelli-Gelände, 2022 kommen das Neckarplatt und die ebenerdige Fußgängerquerung über die Feudenheimer Straße an die Reihe. Die Unterführung ist dann den Radfahrern vorbehalten. Auch der Abschnitt durch das Wohngebiet Spinelli soll zur Buga fertig sein. Die Unterführung an der B38 wird umgestaltet. "Oben eine Querung für Fußgänger, unten eine für den Radverkehr", erläutert Oliver Sachs. Ab 2024 werde dann über das Franklin-Quartier in Richtung Viernheim weiter gebaut.

> Service: In den Quadraten wird 2021 in weiteren Straßen die Einbahnregelung für Radfahrer aufgehoben. Mehr Platz für Radfahrer, aber auch Passanten, entsteht durch die Einsetzung von Pollern auf dem Gehweg, sodass keine Autos mehr parken können. Doch nicht nur Radwege sind wichtig, sondern auch sichere Abstellmöglichkeiten. So sollen im Laufe des Jahres vor allem in der Innenstadt 350 neue Stellplätze an 57 Standorten entstehen. Wer kein Fahrrad hat, kann sich bei VRN Nextbike eins mieten. "Es gibt neue Räder und auch Lastenfahrräder", verspricht Johanno Sauerwein. Auch das Stationsnetz wird ausgebaut, unter anderem im neuen Quartier Franklin.

> Digitaler Radverkehr: In Kooperation mit der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH sollen in Mannheim und der Region digitale Fahrradboxen an wichtigen Knotenpunkten der Stadtbahn und an den S-Bahnhöfen aufgestellt werden. Diese können dann per App tageweise, aber auch dauerhaft genutzt werden. Die Boxen sind ein Service für "die letzte Maile". "So kann man sein E-Bike sicher abstellen und dann mit der Bahn weiterfahren", wirbt Sauerwein.

Das Lastenfahrrad spielte schon bei den Jubiläumsfeierlichkeiten unter dem Motto „Monnem Bike“ zur Erfindung des Fahrrads eine tragende Rolle. Foto: Gerold

> Förderung Lastenräder: Seit dem vergangenen Sommer fördert die Stadt den Kauf von (E)-Lastenrädern für Privatpersonen und Körperschaften, die steuerbegünstigte Zwecke verfolgen. Ende März wurde der 100. Förderbescheid ausgestellt. Das Programm sieht vor, dass 25 Prozent des Kaufpreises gefördert werden, maximal 1000 Euro bei E-Lastenrädern und 500 Euro bei normalen Lastenrädern. Antragsberechtigt sind alle Mannheimer Haushalte, das heißt, Privatpersonen, Wohngemeinschaften und auch Vereine. Wichtig: Das Rad darf nicht vor der Bewilligung des Antrags gekauft werden.

> Neue Fahrradsatzung: Künftig sind Bauherren dazu verpflichtet, ausreichend Fahrradstellplätze zur Verfügung zu stellen. Die Fahrradstellplatzsatzung gilt für alle Neubauten in den Bereichen Wohnen, Arbeiten, Ausbildung, Einkaufen und Freizeit. Der Platz pro Fahrrad soll zwei Meter lang und 70 Zentimeter breit sein. Außerdem muss die Anlage diebstahlsicher und wettergeschützt sein. Im Bereich von Wohnungen sieht der Schlüssel einen Stellplatz pro 40 Quadratmeter Gesamtwohnfläche vor, bei großflächigeren Einzelhandelsbetrieben einen Stellplatz pro 60 Quadratmeter Verkaufsfläche. Zudem müssen diese ab jedem zehnten Fahrradstellplatz zusätzlich eine Fläche von fünf Quadratmetern für Lastenräder bereitstellen.

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