Mannheimer haben Angst vor immer mehr Bahn-Lärm
Zweispuriger Ausbau der östlichen Riedbahn hätte auch Auswirkungen auf Schwetzingen und Hockenheim

Die Anwohner entlang der östlichen Riedbahnstrecke sind lärmgeplagt. Fotos: Gerold
Von Harald Berlinghof
Mannheim/Rhein-Neckar. "Bahnlärmhölle in Mannheim verhindern." Das Transparent der Bürgerinitiative Gesbim (Gesundheit statt Bahnlärm in Mannheim) steht verlassen vor dem Eingang des Mannheimer Maimarktgeländes. Ein stummer Protest gegen die Pläne der Deutschen Bahn, die östliche Riedbahn zweispurig auszubauen. Damit die doppelte Anzahl an Güterzügen im Vergleich zu heute durch das Schienen-Nadelöhr zwischen Mannheim-Käfertal und dem Mannheimer Hauptbahnhof geschickt werden kann.
Aber auch um die Kapazität der S-Bahn Rhein-Neckar auf diesem Streckenabschnitt zu erhöhen. 2300 förmliche Einwendungen gegen die Pläne der Bahn wurden im Anhörungsverfahren abgegeben. Die jetzt auf drei Tage angesetzte Anhörung der Betroffenen und Verfahrensbeteiligten hat am Dienstag begonnen. Dass gerade einmal 30 bis 40 Interessierte zu dem Erörterungstermin kommen würden, war allerdings nicht abzusehen gewesen. Viele Stühle blieben leer im Maimarktclub, aber Vertreter der Bürgerinitiativen und der Verbände, darunter der Verband Region Rhein-Neckar und die Industrie- und Handelskammer sowie die Stadt Mannheim, waren gekommen, um mit den Bahnverantwortlichen zu diskutieren.
Die Bahn argumentiert, dass die drei Brücken und Eisenbahnüberführungen auf der gut zwei Kilometer langen Strecke der östlichen Riedbahn in die Jahre gekommen seien und saniert werden müssten. Dazu sei man verpflichtet. Gleichzeitig will man aber das zweite Gleis, das seit 30 Jahren nicht mehr genutzt wird, erneuern. Das würde für die Anwohner eine erhebliche zusätzliche Lärmbelastung bedeuten.
An zwei Stellen sind Lärmschutzwände mit vier Metern Höhe geplant, bei der Neckarquerung eine Lärmschutzwand von 80 Zentimetern Höhe. Dämpfungselemente direkt neben dem Gleis sollen zusätzlich eine lärmreduzierende Wirkung haben. Aber vereinzelt werde man zusätzlich auf passiven Lärmschutz zurückgreifen müssen, also auf Schallschutzfenster.
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Die beiden Mannheimer Bürgermeister Christian Specht und Lothar Quast eröffnen schließlich den verbalen Schlagabtausch. Specht legte in seiner Stellungnahme dar, dass es nicht nur um zwei Kilometer Ausbau gehe, sondern, dass die Effekte weit darüber hinaus gingen. "Die Züge fallen nicht in Käfertal vom Himmel." Von einer erhöhten Anzahl von Güterzügen sind auch die nördlichen Stadtteile betroffen und die Kommunen nördlich davon. Natürlich auch die Städte und Gemeinden südlich von Mannheim wie Schwetzingen und Hockenheim.
Er ruft den Verantwortlichen der Bahn allerdings auch ins Gedächtnis, dass die Mannheimer Bevölkerung von Schienenlärm stärker belastet sei als die Bewohner aller anderen baden-württembergischen Städte. "Dass die Mannheimer überdurchschnittlich unter Bahnlärm leiden, muss in die Planungen einfließen", so Specht. Der zweigleisige Ausbau sei auch ein Eingriff in die Planungshoheit der Stadt Mannheim, "weil er keine Rücksicht auf die Bundesgartenschau und auf unser Radwegenetz nimmt", meint Quast. "Von einer krank machenden Lärmbelastung über 55 Dezibel Bahnlärm sind in Mannheim 11.000 Einwohner betroffen", so Quast weiter. Rainer Oppermann von der Gesbim spricht von 73.000 Mannheimern, die von Bahnlärm geplagt werden. "Das ist ein Viertel der Mannheimer Bevölkerung, das wird als Kollateralschaden in Kauf genommen. Das geht so einfach nicht", meinte er.
Die anwesenden Bahnvertreter stellten sich auf den Standpunkt, dass es sich rein rechtlich um gar keinen Ausbau handele. "Das zweite Gleis liegt da. Es existiert. Es wird nur nicht genutzt". Das löste Gelächter aus. Der Konter des Bahnverantwortlichen: "Wenn das Gleis nur wieder instand gesetzt werden müsste, dann wäre gar keine Planung erforderlich und das Gleis wäre längst fertiggestellt." Aber das Gleis müsse höher gelegt werden. Deshalb sei eine Planfeststellung durch das Eisenbahnbundesamt nötig. "Sie haben jede Glaubwürdigkeit inzwischen verloren. Lassen Sie doch diese formaljuristischen Fingerübungen. Sie bringen Menschen gegen sich auf. Das sind ihre Nachbarn und Kunden. Lassen Sie das doch", mahnte Konrad Sommer von der Hockenheimer Bürgerinitiative BISS. Heute und am Donnerstag soll die Anhörung mit allen Einwendungsthemen fortgesetzt werden. Dazu zählen Erschütterungen, Barrierefreiheit oder auch Gefahrguttransporte.

In Mannheim wurde gestern über die Pläne der Bahn diskutiert.



