Die Bahn fährt der Region in die Parade
Forum kritisiert Güterverkehrspläne auf der Östlichen Riedbahn und Machbarkeitsstudie in der Pfalz - Erst Gutachten abwarten

Die überlastete Östliche Riedbahn soll nach dem Wunsch der Bahn in Mannheim ein zweites Gleis für den Güterverkehr erhalten. Die Region befürchtet, dass dadurch Lärmschutzmaßnahmen wie etwa ein Tunnel erschwert werden. Foto: Gerold
Von Alexander Albrecht
Rhein-Neckar. Bekannte Gesichter, neuer Name: Zur gestrigen Pressekonferenz hatte noch das Regionalforum ICE-Knotenpunkt Rhein-Neckar geladen - doch in seiner Sitzung unmittelbar vor dem Gespräch nannte sich die Versammlung in Regionalforum Schienenkorridor Rhein-Neckar um. "Wir haben erfolgreich für die ICE-Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim gekämpft. Jetzt gibt es andere Themen", sagte Peter Kurz, Mannheimer Oberbürgermeister und Vorsitzender des Gremiums. Zwei große Fragen sind nach wie vor unbeantwortet: Wie und wo wird der Güterverkehr abgewickelt? Und wie sollen die Anwohner vor dem Bahnlärm geschützt werden?
Nach den Erkenntnissen der sogenannten Korridorstudie ist eine neue Trasse für den sogenannten Mischverkehr - am Tag schneller Personenfernverkehr, in der Nacht Güterverkehr - parallel zu den Autobahnen A 5 und A 67 die beste Lösung. Hierfür ist ein umfassender Lärmschutz vorgesehen, nicht aber für Bestandsstrecken wie die Östliche Riedbahn. Laut Kurz hat der Bundestag im Jahr 2016 allerdings eine Regelung geschaffen, nach der es im Wege der Einzelfallentscheidung möglich ist, die Schutzmaßnahmen auch dort zu erweitern, wenn sich die Beteiligten vor Ort einig sind.
Doch die Sache hat einen Haken: Die Deutsche Bahn (DB) hat bereits ein Planfeststellungsverfahren beim Regierungspräsidium in Karlsruhe beantragt, das inzwischen eröffnet worden ist. Danach soll das seit 30 Jahren stillgelegte zweite Gleis der Östlichen Riedbahn zwischen den Mannheimer Stadtteilen Neuostheim und Neuhermsheim reaktiviert werden. Befürchtet wird dort eine Verdoppelung des Güterverkehrs auf bis zu 200 Züge pro Tag - das heißt deutlich mehr Lärm in der Stadt und den südhessischen Kommunen. Vor allem ärgert sich das Forum darüber, dass hier die Bahn Fakten schaffen will, bevor im nächsten Jahr die Ergebnisse des vom Bund beauftragten Gutachtens zum Knoten Mannheim vorliegen. Die Expertise soll auch Antworten in Sachen Lärmschutz geben, zum Beispiel, ob ein Tunnel möglich ist. Das Vorgehen der Bahn erschwere diese Variante. Ralph Schlusche, Verbandsdirektor des Verbands Region Rhein-Neckar, seufzte: "Es tut uns schon weh, dass die Bahn einen Teil der Gesamtlösung herausnimmt."
Die DB Netz AG sorgt auch an anderer Stelle für Kopfschütteln. Das Unternehmen lässt derzeit im Zusammenhang mit den Ausbauplänen des Korridors Mannheim-Frankfurt in einer Machbarkeitsstudie die sogenannte Kleine-Pfalz-Lösung untersuchen. Geprüft wird, ob die mit kommunalen Mitteln elektrifizierte Nahverkehrsstrecke von Ludwigshafen über Speyer und Germersheim nach Karlsruhe auch für den Güterverkehr genutzt werden kann.
"Dabei ist das schon vor zwei Jahren in der Korridorstudie ausgeschlossen worden", kritisierte Stefan Dallinger, Vorsitzender des Verbands Region Rhein-Neckar. "Es gibt dort keine Kapazitäten, die Lärmbelastung wäre enorm." Der zuständige Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, habe dies damals bestätigt. Jetzt hat Dallinger dem CDU-Politiker einen Brief geschrieben. Er bekräftigt darin die ablehnende Haltung der betroffenen Kommunen, Landkreise und Verbände und erinnert den Staatssekretär an seine "eindeutige Positionierung" im Jahr 2015.
Damit die Bahn der Region nicht noch einmal in die Parade fahren kann, hat sich das Schienenkorridor-Forum gestern erneut für einen Projektbeirat ausgesprochen. Zu dessen Treffen soll nicht die Bahn einladen, sondern Bund und Länder. Noch sträube sich das Verkehrsministerium in Berlin, sagte Dallinger. Was sich jedoch demnächst ändern könnte - wenn eine neue Bundesregierung ins Amt kommt.



