Jeder Stadtteil hat "gute" und "einfache" Lagen
Wohnen bleibt in Heidelberg teuer, aber die Steigerungsraten sind geringer als anderswo

Uferpromenade des Heidelberger Stadtteils Neuenheim. Foto: dbe
Von Micha Hörnle
Man hat es schon so oft gehört: Der Wohnungsmarkt in Heidelberg ist sehr eng, die Preise steigen - und fast alle zieht es in die zentrumsnahen Stadtteile. Eine Studie der Immobilienanalyse-Firma Bulwiengesa bestätigt das in großen Teilen, kommt aber doch zu einigen ungewöhnlichen Erkenntnissen. Denn immer, wenn es um den Grundstücksmarktbericht oder den Mietspiegel - immerhin von der Stadt Heidelberg in Auftrag gegeben, wenn auch von unabhängigen Experten erhoben - ging, beklagten sich die Hausbesitzer in den Bergstadtteilen Emmertsgrund und Boxberg, aber auch in Ziegelhausen, dass ihre Viertel zu "einfachen Wohnlagen" degradiert worden seien. Dabei sei doch die Lebensqualität dort so hoch.
Hintergrund
Heidelberg
Wohnungsmieten Neubau: von 10 bis 17,20 Euro pro Quadratmeter; Durchschnitt: 12,50 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 19 Prozent.
Wohnungsmieten im Bestand: von 9 bis 16 Euro pro Quadratmeter; Durchschnitt: 10,80 Euro;
Heidelberg
Wohnungsmieten Neubau: von 10 bis 17,20 Euro pro Quadratmeter; Durchschnitt: 12,50 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 19 Prozent.
Wohnungsmieten im Bestand: von 9 bis 16 Euro pro Quadratmeter; Durchschnitt: 10,80 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 20 Prozent.
Kaufpreise Eigentumswohnung Neubau: von 3300 bis 7200 Euro pro Quadratmeter; Durchschnitt: 4000 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 40 Prozent.
Kaufpreise Eigentumswohnung im Bestand: von 1600 bis 4900 Euro pro Quadratmeter; Durchschnitt: 3050 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 45 Prozent.
Kaufpreise Einfamilienhäuser: von 420.000 bis 1,3 Millionen Euro; Durchschnitt: 620.000 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 19 Prozent.
Mannheim
Wohnungsmieten Neubau: von 8,10 bis 13,50 Euro pro Quadratmeter; Durchschnitt: 10,50 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 46 Prozent.
Wohnungsmieten im Bestand: von 6,60 bis 11,50 Euro pro Quadratmeter; Durchschnitt: 8,80 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 54 Prozent.
Kaufpreise Eigentumswohnung Neubau: von 2600 bis 4700 Euro pro Quadratmeter; Durchschnitt: 3500 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 67 Prozent.
Kaufpreise Eigentumswohnung im Bestand: von 1400 bis 3800 Euro pro Quadratmeter; Durchschnitt: 2100 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 45 Prozent.
Kaufpreise Einfamilienhäuser: von 350.000 bis 800.000 Euro; Durchschnitt: 510.000 Euro; durchschnittliche Steigerung seit 2005: 34 Prozent.
Die Daten von Bulwiengesa kommen zu einem differenzierteren Bild. Demnach ist Heidelberg ein ziemlich bunter Flickenteppich: In den meisten Stadtteilen - außer in Neuenheim und der Bahnstadt - gibt es so ziemlich alle Wohnlagen, von sehr gut bis einfach. Und mehr noch: So richtig "schlechte" (also einfache) Wohnlagen - in der Grafik rot markiert - existieren kaum noch. Die meisten sind entweder eher zentrumsfern oder Hochhäuser, oft liegen sie direkt an Hauptverkehrsachsen.
Woher kommt das viel buntere Bild, als man es bisher kannte? Markus Kraus von Bulwiengesa erklärt das mit einer breiten Datenbasis: "Wir verwenden nicht blind irgendwelche Angebotsmieten im Internet, sondern führen auch viele Gespräche mit Akteuren vor Ort - von Maklern bis hin zur Wirtschaftsförderung. Darunter sind viele vertrauliche Daten, also nicht nur reine Fantasiemieten, die auf dem Markt nicht erzielt werden. Insofern handelt es sich hier um bereinigte Daten." Und doch: Das Interesse am Heidelberger Wohnungsmarkt, gerade bei Eigentumswohnungen, ist ungebrochen. "Heidelberg ist ein sehr dynamischer Markt", sagt Kraus, "wohl der attraktivste in Baden-Württemberg nach Stuttgart und Freiburg." Ein Indikator, so Bulwiengesa in seinem Marktbericht, ist die Anzahl von Verkäufen pro 1000 Einwohner. Mit 7,5 liegt der Wert deutlich über jenem vergleichbarer Städte (5,4).
Obwohl seit 2012 mit dem neuen Stadtteil Bahnstadt deutlich mehr Wohnungen pro Jahr auf den Markt kommen als zuvor - bis zu 800 -, hält das mit der Nachfrage nicht Schritt: Auch deshalb verteuern sich die Kaufpreise deutlich stärker als die Mieten: Von 2005 bis 2016 waren es um die 40 Prozent bei Eigentumswohnungen. Die Preissteigerung bei den sowieso sündhaft teuren Einfamilienhäusern liegt "nur" bei rund 20 Prozent. Das ist auch in etwa die Größenordnung, in der in diesen elf Jahren die Mieten gestiegen sind. Erstaunlich, aber wahr: Die Inflationsrate in diesem Zeitraum war mit 15 Prozent nur etwas niedriger.
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Es mag nur ein schwacher Trost sein: Aber fast überall im Land sind die Steigerungsraten laut Bulwiengesa deutlich höher, auch in Freiburg, das einen ähnlich überrannten Wohnungsmarkt wie Heidelberg hat. Hier kletterten die Mieten von 2005 bis 2016 um rund 40 Prozent, die Eigentumswohnungen wurden sogar um 60 Prozent teurer. Auch Mannheim ist nicht mehr so billig wie früher: So stiegen die Mieten in Altbauten um 54 Prozent, bei neuen Eigentumswohnungen sogar um 67 Prozent.
Man kann es auch so interpretieren: Die Städte, die vorher günstiger waren als Heidelberg, holen mächtig auf. Und das schon immer recht teure Heidelberg bleibt teuer, aber die Kauf- und Mietpreise wachsen nicht so sehr in den Himmel wie anderswo. Das mag potenzielle Käufer nicht trösten, denn so sagt auch Kraus: "Wohneigentum in Heidelberg zu erwerben, ist in Bezug auf die Einkommen vor Ort deutlich teuerer als in anderen Städten." 2016 musste hier durchschnittlich das 10,9-fache des jährlich verfügbaren Einkommens dafür investiert werden. In vergleichbaren Städten reichte das 7,5-fache.



