Droht Heidelberg eine Immobilienblase?
Berliner Wirtschaftsforscher sehen Anzeichen dafür bei Neubauwohnungen - Die Fachleute vor Ort widersprechen

Dass Wohnungen in Heidelberg teuer sind, das weiß man ja längst. Aber dass angeblich hier die Gefahr einer Immobilienblase droht, zumindest bei Neubauten, das wäre neu. Genau das will das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aus Berlin herausgefunden haben. Einer der Mitautoren der Studie, Konstantin Kholodilin, erklärt das so: "Wir fanden eine explosionsartige Preisentwicklung bei den Neubauwohnungen - und der standen relativ geringe Einnahmen durch Mieten gegenüber. Und da besteht laut unserer Definition die Gefahr einer Blase." Kholodilin stützt sich bei seiner Studie auf Datenmaterial der Immobilienmarktforschungsfirma Bulwiengesa - also hauptsächlich auf den Grundstücksmarktbericht der Stadt Heidelberg, aber auch Preislisten der Bauträger. Demnach stiegen zwischen 2010 und 2013 die Preise für Neubau-Eigentumswohnungen um 4,1 Prozent, die Mieten dafür aber nur um 1,8 Prozent.
Einer, der sich am besten auf dem Heidelberger Wohnungsmarkt auskennt, ist Manfred Ruf, der über 20 Jahre lang Vorsitzender des Gutachterausschusses war, der alle Immobilienverkaufsabschlüsse in der Stadt protokollierte. Er ist sich sicher: "In Heidelberg gibt es keine Blase, bei den Höchstpreisen verzeichnen wir gerade einen Knick." Generell wüchsen die Preise "nicht mehr in den Himmel".
Das sieht auch Manfred Breithecker von S-Immobilien so. Seine Firma vermarktet das mit Abstand größte Neubauquartier in Heidelberg, die Bahnstadt. Entsteht hier denn eine Blase? Breithecker ist sich sicher: nein. "In den letzten vier Jahren stiegen bei den normalen Wohnungen die Durchschnittspreise von 3200 auf 3600 Euro pro Quadratmeter, also um 12,5 Prozent. Das ist allerdings weniger spekulativ bedingt, sondern kommt von den teils rasant gestiegenen Baupreisen." Allerdings sind die Auftragsbücher der Bauindustrie nicht mehr ganz so voll, sodass Breithecker von einer Entspannung ausgeht.
Den gesamtstädtischen Schnitt verzerren andere Faktoren - etwa wenn extrem hochpreisige Immobilien (wie das Schlosshotel) oder auf den ersten Blick "überteuerte" Spezialwohnungen (wie Studentenappartements) auf den Markt kommen. Genau das war in Heidelberg in den letzten Jahren der Fall. 2013 führte das sogar dazu, dass laut Grundstücksmarktbericht die Bahnstadt mit der teuerste Stadtteil war. Nur: Damals kamen 300 Studentenwohnungen auf den Markt, die zwischen 4500 und 5000 Euro pro Quadratmeter kosten, und die stellten zeitweise die Hälfte aller verkauften Bahnstadt-Wohnungen in einem Jahr: "Wenn ich diese Sonderformen miteinbeziehe, wird die Gesamtstatistik verzerrt", sagt Breithecker. Rechnet man die wieder heraus, dann sieht Breithecker bei Normalwohnungen eine "moderate Preisentwicklung".
Aber werden für die Bahnstadt-Wohnungen überhaupt auskömmliche Mieten bezahlt? Breithecker meint schon: "Vor vier Jahren waren es 10,50 Euro pro Quadratmeter, jetzt sind wir bei 12,50, also fast 20 Prozent mehr." Damit stiegen die Mieten in der Bahnstadt stärker als die Kaufpreise - also das genaue Gegenteil einer Blase.
Und doch: Es gibt durchaus Anzeichen für eine Blasenbildung, und zwar bei den Bestandsimmobilien: Die Preise fürs Eigentum stiegen in den letzten vier Jahren um 5,3 Prozent, die der Wiedervermietungen nur um 1,4 Prozent. Das deckt sich mit Breitheckers Beobachtung: "Hier haben die Kaufpreise deutlich angezogen - vor allem wegen des Drangs ins Betongold und ins Wohneigentum. Da spielt oft der Mietertrag nicht mehr die große Rolle."
Das wiederum sieht Manfred Ruf, der lange selbst Makler war, recht gelassen: "Das ist doch das Schöne am Markt: Er reguliert sich. Und wenn man etwas zu teuer gekauft hat, kann man das nicht immer an die Mieter weiterreichen."



