Tourismus Heidelberg

Wird es ein "massives" Hotelsterben geben?

Eigentlich wollte eine Podiumsdiskussion Lage und Zukunft des Heidelberg-Tourismus ausloten - Doch es ging vor allem um den Altstadt-Lärm

21.01.2020 UPDATE: 22.01.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 56 Sekunden
Diskutierten über Tourismus (v.l.): Christoph Egerding-Krüger („Linda“), Melanie von Görtz, Mathias Schiemer (Heidelberg Marketing), Moderator Benjamin Brandstetter (FDP), FDP-Tourismusexperte Marcel Klinge und Tobias Breier (Karlstorbahnhof). Foto: Rothe

Von Micha Hörnle

Heidelberg. Man musste als Zuhörer bei der von der FDP organisierten Podiumsdiskussion zum Thema "Tourismus" in Heidelberg schon genau zuhören: Tagte da nicht gerade der Runde Tisch zum Altstadtlärm? Wurde am Ende die "Achtsamkeits-Kampagne" doch nicht von Bürgermeister Wolfgang Erichson abgeblasen, sondern tagte unter anderem Namen? Denn tatsächlich dominierte das Thema "Altstadtlärm" diesen Montagabend – auch weil natürlich Bürgerinitiativen wie "Leben in der Altstadt" ("Linda") ordentlich mobilisiert hatten und entsprechend gut im Publikum vertreten waren – zumal mit Christoph Egerding-Krüger eines ihrer Mitglieder auf dem Podium saß.

In manchmal hitzig geführten Diskussionen mit dem Geschäftsführer von "Heidelberg Marketing", Mathias Schiemer, aber auch mit FDP-Stadtrat Michael Eckert erzielten die Altstadtbewohner keinen Konsens, was konkrete Maßnahmen angeht, dafür herrscht Einigkeit im Generell-Nebulösen: "Der Sauftourismus stört am meisten. Und mir ist zu viel Gegeneinander in der Altstadt", so Eckert. Und Egerding-Krüger gab dann auch dem Liberalen zurück: "Es gibt eher einen erheblichen Vertrauensverlust. Die Strategie der Stadt ist: Wegducken, wegsehen und so tun, als ob nichts wäre. Und Sie haben für die längeren Kneipenöffnungszeiten gestimmt!" Wären da nicht die Fragen des Moderators Benjamin Brandstetter, des Vorsitzenden der Jungliberalen, und vereinzelte Anmerkungen aus dem Publikum gewesen, hätte die Tourismus-Diskussion ihr Thema verfehlt.

Doch gerade Melanie von Görtz vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga redete Tacheles: "In den letzten Jahren gab es eine erhebliche Kapazitätsausweitung, mindestens 3000 Betten kommen dazu. Das drückt bei den bestehenden Betrieben auf den Preis und führt zu einer sinkenden Auslastung." Und Caroline von Kretschmann ("Europäischer Hof") sagte später: "90 Prozent der Betriebe sind klein, nun drängen die Ketten in den Markt. Da wird es ein massives Sterben geben."

Der tourismuspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Marcel Klinge nannte die großen Themen der Gastronomie und Hotellerie: "Nachfolge, Personalknappheit, Bürokratie und Digitalisierung." Und bald kam man auf Anbieter wie "Airbnb" zu sprechen, die Übernachtungsmöglichkeiten für wenig Geld vermitteln – und oft Partytouristen in Städte locken. Für die Liberalen eher ungewöhnlich forderte Bundestagsabgeordneter Klinge eine klare Reglementierung solcher "wilden" Vermietungen, am besten auf Bundesebene, damit es im Wettbewerb wieder fairer zugeht – schließlich zahlten die Hoteliers Steuern und Abgaben, die "Airbnb"-Vermieter hingegen nicht. Und Stadtrat Eckert rief unverhohlen zur Denunziation auf: "Wenn Sie sehen, dass eine Wohnung dauerhaft an ,Airbnb‘ vermietet hat, melden Sie das dem Bürgeramt!"

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Ebenfalls eher gestreift wurde das Thema Kreuzfahrttouristen – Fluch oder Segen? Denn für dieses Jahr deutet sich, so Schiemer, an, dass die Schiffe des Anbieters "Viking" vor allem Speyer ansteuern, Heidelberg würde entlastet. Allerdings erkannte die Besitzerin eines Schmuckladens in der hinteren Hauptstraße in den "Viking"-Reisenden eher ältere, höfliche, und vor allem sehr solvente Kunden, wie man sie sich besser nicht wünschen könne.

Interessant war der Hinweis eines Zuhörers, dass Heidelberg gerade den Fehler mache wie seine Heimatstadt Krakau, die als Partystadt vermarktet wurde. Dieses Image müsse man kontern – beispielsweise durch ein Alkoholverkaufsverbot. Und Tobias Breier (Karlstorbahnhof) sagte den Satz des Abends: "Eigentlich möchte ich heute am liebsten über die Qualität unseres touristischen Angebots diskutieren."

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