"Handlungspflicht" für den Gemeinderat
Stadträte entscheiden am 17. Oktober - RNZ lädt zur Podiumsdiskussion ein

Abends in der Unteren Straße: Der Streit um die Sperrzeiten geht weiter. Foto: Rothe
Heidelberg. (hob) Knapp zwei Monate nach der Entscheidung liegt nun endlich die Urteilsbegründung zum Sperrzeiten-Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Am Mittwoch wurde sie den Beteiligten zugestellt. Eigentlich hätte der Haupt- und Finanzausschuss bereits am Abend darüber beraten sollen, ob man gegen das Urteil Berufung einlegen sollte. Doch die Stadträte einigten sich darauf, dass nur der Gemeinderat am 17. Oktober darüber entscheidet.
Das Verwaltungsgericht gab einer Normerlassklage von Anwohnern recht, dass die Sperrzeiten in der Kernaltstadt verlängert werden müssen. Der Gemeinderat ist damit verpflichtet, die bisherige Sperrzeitsatzung aufzuheben, in den besonders vom Kneipenlärm belasteten Gebieten dürfen die Gaststätten künftig werktags nur noch bis Mitternacht und am Wochenende bis 2.30 Uhr öffnen. Angesichts der "regelmäßig zu verzeichnenden erheblichen Überschreitung der Lärmrichtwerte" sei dies notwendig, um die Nachtruhe von mindestens sechs Stunden zu gewährleisten, heißt es in dem Urteil. Die anderen vom Gemeinderat beschlossenen flankierenden Maßnahmen, wie die Einsetzung eines Lärmbeauftragten, seien zum großen Teil nicht umgesetzt worden und seien auch nicht geeignet, um in absehbarer Zeit in den Wohnungen der Kläger für Ruhe zu sorgen. "Der Gemeinderat hat über Jahre hinweg seine grundrechtliche Schutzpflicht vernachlässigt und nicht dafür Sorge getragen, dass die Kläger keinen von den Gaststätten ausgehenden lärmbedingten Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind", schreiben die Richter. Und weiter: "Das Ermessen des Gemeinderates hat sich zu einer Handlungspflicht verdichtet."
RNZ-Forum
Die Entscheidung, welche Bereiche der Altstadt in den Geltungsbereich der neuen Sperrzeitsatzung einbezogen werden, obliege jedoch der Stadt. Konkret heißt das, die Kläger haben nur einen Anspruch darauf, dass diejenigen Kneipen früher schließen, von denen gesundheitsgefährdende Lärmbeeinträchtigungen ausgehen. Da die Ruhestörungen in der Altstadt aber nicht klar zuzuordnen seien, so die Richter, könne der Gemeinderat auch eine neue Sperrzeitsatzung für den alten Geltungsbereich erlassen: vom Kurpfälzischen Museum bis zum Karlsplatz und vom Neckar bis zur Plöck und Seminarstraße.
Bis zur Sitzung am 17. Oktober müssen sich die Stadträte überlegen, ob sie das Urteil akzeptieren wollen. Eine Entscheidungshilfe bietet das RNZ-Forum, zu dem die Rhein-Neckar-Zeitung in Kooperation mit dem Karlstorbahnhof einlädt. Das Motto: "Stille Nacht? - Lärm und Kneipenöffnungszeiten in der Altstadt". Auf dem Podium sitzen Bürgermeister Wolfgang Erichson, Christoph Egerding-Krüger von der Bürgerinitiative "Leben in der Altstadt", die Vorsitzende des Vereins Alt-Heidelberg, Karin Werner-Jensen, Dehoga-Geschäftsführerin Melanie von Görtz und Altstadt-Wirt Daniel Wilson. Es moderiert Holger Buchwald (RNZ).
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Ziel der Veranstaltung ist es vor allem, mit den Besuchern und Anwohnern der Altstadt ins Gespräch zu kommen, die sich sonst nicht lautstark zu Wort melden. Wie sieht die Situation für Besucher und Anwohner der Kernaltstadt aus? Sollte der Gemeinderat in Berufung gehen? Und lässt sich der Lärm über Sperrzeiten eindämmen? Gibt es intelligentere Alternativen? All dies wird diskutiert.
Info: "Stille Nacht?" - RNZ-Forum zum Lärm in der Altstadt, Mittwoch, 9. Oktober, 19.30 Uhr, Karlstorbahnhof, Am Karlstor 1. Einlass: 19 Uhr, Eintritt frei.