Kriminalprävention lohnt sich
Professor Dieter Hermann erläuterte beim Verein "Sicheres Heidelberg" Kosten und Nutzen - "Rendite von 100 Prozent"

Dieter Hermann.
Foto: Uni Heidelberg
Von Jonas Labrenz
Heidelberg. Lohnt denn der ganze Aufwand? Schon lange gehört die Kriminalprävention zum Standardrepertoire der Polizei und politischer sowie zivilgesellschaftlicher Akteure. Seit beinahe 20 Jahren mischt dabei auch der Verein "Sicheres Heidelberg" mit, der zuletzt Projekte wie "Quwwa - Radikalisierung präventiv begegnen" und die Plakatkampagne "Wachsame Nachbarschaft" anstieß. Zu ihrer Mitgliederversammlung bat der von Reiner Greulich geführte Verein nun Dieter Hermann um eine wissenschaftlich fundierte Bilanz. Der Professor vom hiesigen Institut für Kriminologie wog Kosten und Nutzen von Kriminalprävention gegeneinander ab - kam zu einem erfreulichen Ergebnis.
Größtes Manko bei der Bilanz: Während sich die Kosten noch einfach beziffern lassen, ist der Nutzen nur schwer in Zahlen zu fassen. Einerseits müsse unterschieden werden zwischen dem materiellen und dem immateriellen Nutzen: das eine sind gesparte Kosten, das andere ist gesteigerte Lebensqualität. Opfer eines Einbruchs müssen beschädigtes oder abhanden gekommenes Eigentum ersetzen, bei einer Gewalttat fallen außerdem medizinische Kosten an. Dazu kommen Strafverfolgung und Sanktion, die ebenfalls bares Geld kosten. Gesunkene Lebensqualität dagegen ist schwer zu beziffern.
Und wie viele Straftaten wurden durch Prävention verhindert? "Auch diese Frage ist schwer zu beantworten", gibt Hermann zu. Idealerweise müsste dafür der Rhein-Neckar-Kreis mit einer ähnlich strukturierten Region verglichen werden, die keinerlei Prävention betreibt. "Doch die gibt es nicht", so der Professor. Deshalb vergleicht er die Entwicklung der Kriminalität von 1998 bis 2013 im Rhein-Neckar-Kreis mit ganz Baden-Württemberg. Das Ergebnis ist erfreulich: Die Entwicklung lief hier deutlich günstiger. Daraus leitet Hermann ab, dass in Heidelberg pro Jahr 20 Gewalttaten und 317 Fälle von Straßenkriminalität verhindert wurden. 36.000 beziehungsweise 1333 Euro schlagen für jeweils einen Fall zu Buche.
Das heißt: Allein der materielle Nutzen der Prävention summiert sich jährlich auf mehr als eine Million Euro. Dem stehen Kosten von gut 500.000 Euro für die Maßnahmen gegenüber. "Eine fantastische Rendite von 100 Prozent", freut sich Hermann. Zwar ist die Rechnung nicht perfekt, weil die Kosten für Strafverfolgung und Sanktion aus einer englischen Studie stammen und das Dunkelfeld nicht berücksichtigt wurde. Allerdings liege die Rendite in Wahrheit eher noch höher, erklärte der Kriminologe. Und auch beim immateriellen Nutzen ist sichtbar geworden: "Die Lebensqualität hat sich seit 1998 signifikant verbessert", so Hermann.
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Und daher zog der Professor insgesamt ein äußerst positives Fazit: Kriminalprävention lohnt sich. Eine erfreuliche Bilanz für Reiner Greulich. Der Geschäftsführer des Vereins "Sicheres Heidelberg" hat auch für die nächsten Jahre noch einige Projekte in Planung und freut sich über die gute Kooperation mit befreundeten Vereinen, der Stadt, Polizei und der Verkehrsbetriebe, die wieder Werbeflächen für Kampagnen wie "Sichere Nachbarschaft" zur Verfügung stellen werden.