Wo soll die gemeinsame Kita hin?
Evangelische Kirchengemeinden diskutieren weiter über Fusion und Gebäude – In zwei Jahren entscheidet die Stadtkirche

Von Birgit Sommer
Heidelberg. So richtig viel hat sich nicht getan in den beiden Neuenheimer evangelischen Pfarrgemeinden Johannes und Jakobus in den letzten beiden Jahren. Die ganzen Diskussionen um Geld und Räume brachten kein Ergebnis. Man weiß: Das eine Gemeindehaus ist viel zu groß, das andere von schlechter Bausubstanz, das Geld wird immer weniger, und laut Stadtkirchenrat sollen die Gemeinden mit ihren 4500 Kirchenmitgliedern sowieso fusionieren - wie es auch die anderen Kirchengemeinden in Heidelberg gemacht haben. Doch dagegen hat die Jakobus-Gemeinde beim Oberkirchenrat Einspruch erhoben.
Jetzt ging es in der Johanneskirche noch einmal um Grundsätzliches, denn spätestens in zwei Jahren ist Schluss mit Lavieren: Dann werden Stadtkirchenrat und Synode bestimmen, was ihnen richtig erscheint. "Andere Gemeinden haben ihre Strukturprobleme gelöst und werden nicht für Neuenheim bezahlen", unterstrich Dekanstellvertreter Gunnar Garleff.
Er führte den Anwesenden deutlich vor Augen, was auf die evangelische Kirche zukommt. Die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland wird sich in den nächsten 40 Jahren halbieren, speziell 25- bis 40-Jährige treten aus der Kirche aus, sobald sie auf dem Gehaltszettel die Kirchensteuer sehen. Die evangelische Kirche in Heidelberg hat jetzt 47 Prozent weniger Mitglieder als 1970, allein in den letzten zehn Jahren verlor sie 8,6 Prozent, bei der Johannes-Gemeinde (2400 Mitglieder) waren es minus zwölf Prozent. Jakobus (knapp 1900) dagegen profitiert zahlenmäßig von den Studentenwohnheimen im Neuenheimer Feld. Das Minus betrug nur drei Prozent; 55 Prozent der Mitglieder sind unter 30 Jahre alt. "Wissen wir, was diese Personengruppe bewegt, oder richten wir uns auf die Sesshaften ein?", fragte Garleff.
Schwierig ist die Gebäudefrage, denn das Johannes-Gemeindehaus, einst für das Dekanat erbaut, ist viel zu groß geworden. Die Auslastung bezifferte Garleff mit 52 Prozent, beim Jakobus-Gemeindehaus mit nur 36 Prozent. Nach Mitgliederzahlen gerechnet, stehen beiden Kirchengemeinden zusammen nur 600 Quadratmeter zu. Das heißt, nur für diese Größe gibt es Geld vom Oberkirchenrat.
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Und der Instandhaltungsstau ist riesig, wie Martina Kleinbauer von der Bauabteilung der Kirchenverwaltung vortrug. Rund eine Million Euro sind es bei Jakobuskirche, Pfarrhaus, Pfarramt, Gemeindehaus und Kita, wobei auf Gemeindehaus und Kita allein 627.000 Euro fallen und die Kita vom Bauzustand her als abgängig eingestuft wurde. Bei "Johannes" betrifft der Instandhaltungsstau vor allem die Kirche mit rund einer Million, insgesamt wurde dieser Stau in "Johannes" auf 1,8 Millionen Euro beziffert. Unterhalt und Bewirtschaftung kosten in beiden Gemeinden noch einmal mehrere Tausend Euro jährlich.
Der Erhalt der beiden Kirchengebäude steht außer Frage - aber sonst? Wo könnte etwa eine gemeinsame Kita entstehen? Der neue Dekan, Christof Ellsiepen, will den beiden Kirchengemeinden Mitspracherecht einräumen bei dem, was entstehen soll: "Wir brauchen die Neuenheimer, die wissen, wie Neuenheim tickt." Doch die Zuhörer aus beiden Kirchengemeinden blieben bockig. Warum Fusion? Könne man die Probleme nicht als zwei Gemeinden lösen? Und niemand sieht einen Ausweg für das Johannes-Gemeindehaus aus dem Jahr 1928, das 1422 Quadratmeter misst, bisher keinen Käufer fand und das man eigentlich für Neuenheim, wo es keinen größeren Bürgersaal gibt, dringend erhalten will: Könnte man das denkmalgeschützte Gemeindehaus nicht überörtlich für das Dekanat nutzen?
Sandra Grande, Neuenheimerin und Vorsitzende der Synode, erinnerte daran, dass kein Investor für das Gemeindehaus gefunden wurde und eine Vermietung weder ehrenamtlich zu stemmen sei noch der Kirchengemeinde genügend Raum und Flexibilität lassen würde. "Jetzt haben wir die einmalige Chance, uns als Neuenheimer gemeinsam auf den Weg zu machen und zu bestimmen, welche Räume wir brauchen und welches Gebäude dafür sinnvoll ist."
"Wir sind bereit", sagte Mathias Hartwig, Kirchenältester von "Jakobus", "solange unsere Kirche erhalten bleibt, können wir uns zu jeder Lösung verstehen, wenn sie Sinn ergibt." Er sprach von der starken Identität, die die Kirchengemeinde von "Jakobus" entwickelt habe: "Wir sind eine Familie." Hartwig will das Gebäude-Problem vor einer Fusion gelöst haben. Der Oberkirchenrat in Karlsruhe lässt den Einspruch der Jakobusgemeinde jedenfalls mal ruhen. Vielleicht löst sich doch noch alles im Guten? "Wir kommen auf Sie zu", kündigte Dekan Christof Ellsiepen den Neuenheimern an.



