Nicht alle Restaurants in Heidelberg öffnen am kommenden Montag
Große Probleme mit Auflagen - Wegen der Abstandsregeln fallen bis zu drei Viertel der Plätze weg - Aber mehr Personalaufwand

Von Jonas Labrenz
Heidelberg. Wenn es nach der Landesregierung geht, dürfen Restaurants ab 18. Mai wieder öffnen. Doch in Heidelberg werden nicht alle nächsten Montag aufmachen können: "Ich wage zu bezweifeln, dass man in dieser Zeit Geld verdienen kann", sagt Marco Panzini, der das Burger-Restaurant Joe Molese in der Altstadt betreibt. Um die Abstandsregeln zu wahren, könnte Panzini nur zehn statt 40 Gäste bewirten. Der Raum ist zu eng, dazu für Corona-Zeiten unvorteilhaft geschnitten: "Eigentlich könnte man bei mir nicht mal aufs Klo gehen." Das Joe Molese wird deshalb weiterhin nur Gerichte zum Mitnehmen anbieten. "Mit Burgern geht das natürlich gut", so Panzini. Andere hätten da leider mehr Probleme.
"Unser Umsatz war heute 8,90 Euro", sagt Pavel Doykoy, Wirt im Krokodil in der Weststadt. Einen einzigen Mittagstisch zum Mitnehmen habe er verkauft, erzählt er am Montagnachmittag. Natürlich würden auch Gerichte ausgeliefert. "Das ist aber nicht die Welt." Ob Doykov nächste Woche das Krokodil öffnet, weiß er noch nicht. Statt über 100 könnte er nur noch knapp 40 Gäste bewirten. "Vielleicht warten wir noch eine Woche, obwohl wir uns das nicht leisten können." Die Sorge ist groß, wieder schließen zu müssen, wenn die Infektionszahlen hoch gehen oder die Auflagen nicht rentabel zu erfüllen sind. "Und dann wären wir ganz kaputt." Von 18 Festangestellten sind zehn in Kurzarbeit, sieben haben gekündigt. "Es ist schrecklich", sagt der Wirt. Sein Co-Geschäftsführer hat bereits aufgehört: "Er hat es nicht mehr ausgehalten. Die Kosten, der Stress, der Schmerz."
Wenige Menschen statt gar keine zu bewirten, das sei erst mal besser als nichts, findet Doykov. Doch ihm stellen sich auch ganz praktische Probleme: Die Corona-Verordnung sieht vor, dass Gaststätten Name, Datum und Uhrzeit des Besuchs sowie Kontaktdaten der Gäste festhalten. "Wie will man das kontrollieren?", fragt Doykov. "Ich kann doch nicht den Ausweis nehmen und die Daten vergleichen. Ich bin doch kein Polizist." Diese Regelungen seien nicht durchdacht.
Hintergrund
Mehr Freiheiten für Betriebe
(hob) Als Dank dafür, dass sich die Heidelbergerinnen und Heidelberger bis jetzt so vorbildlich an die Corona-Regeln gehalten haben, möchte Oberbürgermeister Eckart Würzner ihnen jetzt etwas zurückgeben. "Viele Betriebe
Mehr Freiheiten für Betriebe
(hob) Als Dank dafür, dass sich die Heidelbergerinnen und Heidelberger bis jetzt so vorbildlich an die Corona-Regeln gehalten haben, möchte Oberbürgermeister Eckart Würzner ihnen jetzt etwas zurückgeben. "Viele Betriebe sind wirtschaftlich massiv bedroht", so Würzner. Daher wolle die Stadt ihnen nun mehr Freiheiten geben. Der Staat müsse sich gerade jetzt mit weiteren Vorschriften zurückhalten. "Wir müssen alles tun, damit unsere Bürger und Betriebe ihre Ideen jetzt möglichst schnell und einfach umsetzen können", so Würzner.
Konkret geht es dem Oberbürgermeister darum, Entscheidungsprozesse in der Verwaltung und Genehmigungsverfahren zu verkürzen. Erste Ideen liegen bereits für die Gastronomie und Baugenehmigungen vor. Die Stadt, so Würzner könnte den Wirten – wo möglich – mehr Platz für die Außenbestuhlung einräumen, damit der Mindestabstand zwischen den Gästen eingehalten werden kann. "Unser Ziel ist, dass die Gastronomen so nahe wie möglich an die Zahl ihrer bisherigen Tische herankommen", so Würzner. Gastronomen könnten eine Skizze anfertigen und sich direkt mit dem Ordnungsamt abstimmen. Zudem sollten Bauanträge für den Dachausbau oder Solaranlagen vereinfacht werden. Eine Möglichkeit sei, für häufige Vorhaben eine Art Standard-Genehmigung zu entwickeln, so Würzner.
Die Verwaltung will diese Ansätze noch weiter ausarbeiten. Etliche Änderungen bedürften der Genehmigung durch den Gemeinderat, so Würzner. Der Oberbürgermeister kündigte daher an, eine Gesamtliste der Erleichterungen für Bürger und Betriebe zu erstellen und diese dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen.
"Man kriegt den Schwarzen Peter von der Landesregierung zugeschoben", findet auch Frank Käseberg, der mit Antonio Sotgiu das Zafferano in Bergheim führt. "Es bleibt an uns hängen." Käseberg und sein Team überlegen noch, ob sie am Montag öffnen. Im Moment bereiten sie alles vor. Die Daten der Kunden aufnehmen zu müssen, das liegt dem Wirt schwer im Magen: "Worüber ich mir dabei sehr viel Sorgen mache, sind die Diskussionen, die es geben wird. Das wird extrem anstrengend." Wer seine Daten nicht abgeben wolle, den müsse er gezwungenermaßen rausschmeißen.
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Nur noch ein Drittel der Tische habe er nun im Zafferano, so Käseberg. Tischdecken oder Brotkörbe wird es nicht mehr geben. "Es ist alles ein bisschen nackig." Was noch von der Restaurant-Atmosphäre bleibt, müsse nach jedem Gast desinfiziert werden: Tische, Stühle, Speisekarten. "Ich brauche die Hälfte mehr an Personal im Service", so Käseberg. Und das, obwohl er wegen der Auflagen nur 18 statt 60 Gäste wird bewirten können.
Die Restaurants hätten ja alle über viele Jahre bewährte Konzepte. "Das lässt sich nicht alles über den Haufen werfen", sagt Ole Hake von der Traube in Rohrbach. Er will trotzdem öffnen, denn: "Kopf in den Sand stecken geht jetzt nicht." Er freut sich, dass die Stadt Heidelberg jetzt unbürokratisch helfen (s. Hintergrund) und zum Beispiel – wie in Mannheim – mehr Flächen für die Außenbewirtschaftung zur Verfügung stellen will. "Wenn es wirklich so umgesetzt wird, ist es toll", so Hake.
Alle Gastwirte sind sich einig: Sind ihre Restaurants erst wieder geöffnet, dann müssen sie auch offenbleiben. "Wenn es eins nicht geben darf, dann ein Hin und Her", betont Hake.



