Kurfürsten-Anlage 58

Ungenutzte Bergheimer Gewerbeflächen sollen mit Leben gefüllt werden

In die ehemalige Kantine im oberen Stock ziehen am Dienstag die ersten "Kreativschaffenden" ein. "Für den Investor ist Miete immer besser als keine Miete"

07.11.2019 UPDATE: 08.11.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden
In der ehemaligen Kantine im Gebäude der Heidelberger Druckmaschinen AG (links) gibt es Raum für eine Zwischennutzung. Foto: Rothe

Von Hans Böhringer

Heidelberg. Scheinwerfer in verschiedenen Farben beleuchten die Ecken des weitläufigen Raums, am Rand stehen Trommeln, ein DJ-Pult, Bilder – nur die Reste einer Küche im Nachbarraum lässt darauf schließen, dass dies eine Kantine war. Die Heidelberger Druckmaschinen AG verkaufte 2015 die Kurfürsten-Anlage 58 an die Immobilienfirma Epple, seither stand die ehemalige Kantine im oberen Stock leer.

Am Dienstag änderte sich das: Die Unternehmerin Shiva Hamid und der Architekt Wulf Kramer präsentierten dort ihre Arbeit als Zwischennutzungsagentur "Team Z". Diese Agentur wurde von der Stadt beauftragt, leer stehende Gewerbeflächen an Kreativschaffende für befristete Nutzung zu vermitteln, am 1. Juli begann sie ihre Arbeit.

Exemplarisch ist der Veranstaltungsort: Vor dem planmäßigen Abriss sollen die 650 Quadratmeter der Kantine im ganzen nächsten Jahr als Büro- und Atelierfläche genutzt werden. Künstler, Start-ups und Musiker hätten ständig Raumbedarf, erklärt Hamid, die mit den "Breidenbach-Studios" (inzwischen Breidenbach GmbH) bereits 2011 ein Pilotprojekt der Zwischennutzung mitgegründet hatte.

Die Agentur „Team Z“ von Shiva Hamid (2.v.l) und Wulf Kramer (r.) organisiert diese für Heidelberger Kreative. Mit im Bild Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck (l.) und Immobilienbesitzer Andreas Epple. Foto: Hentschel

Bei der Kick-off-Veranstaltung der Agentur können Kreativschaffende und Immobilieneigentümer zusammenfinden: Auf Tischen liegen Blankosteckbriefe ("Ich biete – Ich suche") aus. Zudem stellen sich bereits erfolgreiche Zwischennutzungen vor, Hannes Diether beispielsweise leitet den Breidenbach-Ableger "Fensterplatz", einen kooperativen Arbeitsraum im ehemaligen Pförtnerhaus der Kurfürsten-Anlage 58. Er sieht den Vorteil der Zwischennutzung in dem geringen Risiko: Junge Unternehmen könnten ihre Ideen befristet und bei niedriger Miete austesten. "Wenn das funktioniert, dann kann man große Büroräume anmieten."

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"Für den Investor ist Miete immer besser als keine Miete", erklärt Andreas Epple, Inhaber der Kurfürstenanlage 58. Ein weiterer, ideeller Grund für eine Zwischennutzung aus Vermietersicht sei die nachhaltige Belebung des Standorts: "Es macht einen Unterschied, ob ein Gebäude leer steht oder ob es mit Menschen, mit Geschichten gefüllt ist." Der Erste Bürgermeister Jürgen Odszuck weist ebenfalls auf das Potenzial der Zwischennutzung für die Stadtentwicklung hin: "Die ganze Stadtbevölkerung profitiert." Zudem betont er die Wichtigkeit der Kunst- und Kreativwirtschaft: "Leute mit guten Ideen brauchen Arbeitsraum."

Bei großem Bedarf und Interesse der Inhaber und der Stadt – wieso ist Zwischennutzung nicht gang und gäbe? "Das Immobiliengeschäft ist normalerweise eher konservativ", erklärt Herbert Rabl von der Firma Epple. Bei Künstlern und Kleinunternehmern mache man sich Sorgen: "Wer ist das? Ist der zahlungsfähig? Geht der wieder raus?"

Hamid von "Team Z" bezeichnet jedoch die Investoren in Heidelberg als grundsätzlich sehr offen. Die Bereitschaft allein reicht allerdings nicht. "Die bürokratischen Hürden sind das eigentliche Problem", so Rabl. Eine Umnutzung habe strenge Voraussetzungen: Fluchtwege, Brandschutz, all das müsse mit den Behörden geklärt werden. "Man braucht fünf, sechs Monate für die Genehmigung – so lange steht das Gebäude leer." Oft sei der Verwaltungsaufwand zu hoch, erklärt Rabl. So wäre das normalerweise auch mit der Auftaktveranstaltung gewesen – doch bei "Team Z" hätten die Ämter auf besonders wohlwollende Weise geurteilt. Nicht gesicherte Bereiche einfach mit Plastikbändern abzusperren, sei gewöhnlich nicht ausreichend, ebenso ungewöhnlich sei eine Behördenlaufzeit von unter fünf Wochen.

Ort des Geschehens

Zufall ist das nicht, schließlich wird "Team Z" von der Stadt gestützt. "Alle ziehen am gleichen Strang", bestätigt Hamid und erklärt: "Ziel ist, eine Vereinfachung des Prozesses hinzukriegen." Ihr Teampartner Kramer wünscht sich eine "Kultur der Zwischennutzung": Jeder solle von dieser Möglichkeit wissen. Dafür seien große Projekte wichtig, die Kurfürsten-Anlage 58 direkt am Hauptbahnhof sei einer dieser "Leuchttürme".

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