Heidelberger Zoo

Zehn mal mehr Platz für die Gorillas

Außenanlage im Heidelberger Zoo soll auf 2500 Quadratmeter erweitert werden - "Wohngemeinschaft" mit Pinselohrschweinen

28.12.2017 UPDATE: 29.12.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden

Die Wiese zwischen dem Menschenaffenhaus und der Voliere der Roten Sichler (links) wird in das neue Gehege ebenso mit einbezogen wie das Areal des heutigen Streichelzoos (rechts).

Von Timo Teufert

Um allen Bewohnern des Menschenaffenhauses ein artgerechtes Lebens zu ermöglichen, stand der Heidelberger Zoo vor einer schweren Entscheidung. Welche Primaten behält man, und welche gibt man ab? Man entschied sich, die Haltung der Orang-Utans aufzugeben, weil für die Haltung zahlreiche Um- und Neubauten nötig gewesen wären, die sich der Tiergarten weder finanziell noch räumlich hätte leisten können. Die Gruppe zog erst im April nach Belgien um, und im Zoo konzentriert man sich nun darauf, wie man für die Gorillas mehr Platz schaffen kann. Ein Konzept und einen Vorentwurf für die neue Anlage gibt es bereits, der RNZ stellten Kuratorin Sandra Reichler und Architektin Silke Hendel die Pläne vor.

Hintergrund

Das Menschenaffenhaus im Zoo wurde 1988 eingeweiht, der Spatenstich war im April 1985. Geplant hat es der Heidelberger Architekt Hans-Peter Pollich. Grund für den Neubau waren die geänderten Mindestanforderungen für die Haltung von Säugetieren. Damals lebten die sieben

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Das Menschenaffenhaus im Zoo wurde 1988 eingeweiht, der Spatenstich war im April 1985. Geplant hat es der Heidelberger Architekt Hans-Peter Pollich. Grund für den Neubau waren die geänderten Mindestanforderungen für die Haltung von Säugetieren. Damals lebten die sieben Orang-Utans im heutigen kleinen Affenhaus in einem viel zu kleinen Gehege. Mit dem neuen Menschenaffenhaus begann im Zoo auch die Haltung von Gorillas: Die ersten Tiere - "Jitu" und "Moseka" - kamen noch vor der Fertigstellung des neuen Hauses 1987 aus der Wilhelma in Stuttgart. Gut ein Jahr später zogen dann noch Silberrücken "Bullermann" und "Lena" aus dem Zoo Saarbrücken in den Zentralbau in Achteckform. Den vier Tieren stand ein etwa 120 Quadratmeter großer Innenbereich und ein rund 230 Quadratmeter großer Außenbereich zur Verfügung. Für die Finanzierung des damals größten Neubauvorhabens im Zoo wurde 1981 eine Lotterie gestartet, um das Vier-Millionen-Mark-Projekt - rund zwei Millionen Euro - zu unterstützen. Allein 470.000 Euro kostete 2011 der Umbau des Außengeheges der Schimpansen. Vor der Sicherung mit Stahlnetzen durften die Tiere nicht auf die Außenanlage, weil sie vor Jahren schon einmal ausgebrochen waren. tt

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Als das Menschenaffenhaus 1988 eingeweiht wurde, galt es als eines der modernsten seiner Art. Die Außenanlagen gehörten damals zu den größten eines europäischen Affenhauses. In den letzten Jahren haben sich die Anforderungen an die Haltung von Gorillas aber weiterentwickelt, die Heidelberger Anlage entspricht nicht mehr den Anforderungen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP). Vor allem eines braucht die vierköpfige Gorilla-Gruppe um den Silberrücken "Bobo", der dort mit den Weibchen "N’Gambe", "Shaila" und "ZsaZsa" lebt: mehr Platz. So soll die Außenanlage auf das Zehnfache der bisherigen Größe wachsen und hat dann 2500 Quadratmeter: Dafür wird die Wiese, die bislang zwischen dem Außengehege der Gorillas und der Voliere der Roten Sichler liegt, mit einbezogen. Das Gehege reicht dann vom zukünftigen Streichelzoo auf dem ehemaligen Gelände des Reitervereins bis zur Känguru-Anlage. Auch das heutige Gehege des Streichelzoos wird in die Außenanlage einbezogen, die dann bis zur Grundstücksgrenze an der Straße reicht.

Dafür muss auch in die bisherige Wegeführung eingegriffen werden: "Im Menschenaffenhaus wird es keinen Ausgang mehr geben", berichtet Reichler über das Projekt, das ihr persönlich sehr am Herzen liegt. Denn die Fläche vor dem heutigen Ausgang geht an die Tiere, dort ist ein Unterstand vorgesehen. Besucher betreten und verlassen das Menschenaffenhaus dann über den heutigen Eingang. Von außen soll es für die Besucher viele attraktive Möglichkeiten geben, um die Tiere auch zukünftig beobachten zu können: "Es soll einen Trockengraben, einen Wassergraben am heutigen Streichelzoo und einen Beobachtungsstand gegenüber den Kängurus geben", berichtet Hendel. Zudem sollen Besucher auch über mehrere große Glasscheiben in die Anlage blicken können.

Geplant ist die über 2500 Quadratmeter große Anlage auch mit Blick auf Zuwachs: "Eine natürliche Familiengruppe bei den Gorillas besteht aus vier erwachsenen Tieren und sechs Jungtieren", sagt Reichler. Entsprechend viel Platz hat man vorgesehen, denn bislang leben "nur" vier Gorillas im Tiergarten. Auf der neuen Anlage könnte man möglichen Nachwuchs also gut unterbringen. Vorgesehen ist auch, dass den Gorillas auch das Gehege der Schimpansen zugeschlagen wird, sobald diese im Zoo "ausgestorben" sind.

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Derzeit stimmt sich das Zooteam mit dem "Housing Committee" des EEP ab. Darin sitzen Experten für Gorilla-Haltung, die beurteilen, ob die neue Anlage den aktuellen Anforderungen entspricht und die auch eigene Anregungen für den Umbau geben. Auch dem Architekten des Menschenaffenhauses, Hans-Peter Pollich, hat man die Planung bereits vorgestellt. "Sobald wir von beiden das schriftliche Okay bekommen, wird der Bauantrag gestellt", berichtet Hendel. Die Detailplanung werde erst nach der Baugenehmigung angegangen. Laut einer groben Kostenschätzung wird der Umbau ungefähr 1,9 Millionen Euro kosten, fast so viel wie der Neubau des gesamten Hauses vor 30 Jahren.

Die Gorillas sollen künftig aber nicht alleine auf der Anlage leben: "Wir wollen sie mit zwei Pinselohrschweinen aus dem westafrikanischen Urwald vergesellschaften", berichtet Reichler. Hinzu kommen außerdem Weißscheitelmangaben, eine stark gefährdete Affenart, die vor allem in Ghana verbreitet ist. Neben den Roloway-Meerkatzen sind die Weißscheitelmangaben die zweite Tierart, um die sich das Artenschutzprojekt West African Primate Conservation Action (Wapca) kümmert, das der Heidelberger Zoo 2001 ins Leben gerufen hat. Bislang werden Weißscheitelmangaben nur in drei deutschen Zoos gehalten: Duisburg, Landau und Osnabrück.

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