Wie zwei neue Wohnprojekte gemeinsam die Sonne nutzen
Das Wohnprojekt "Hagebutze" wird nun vollständig mit Sonnenenergie versorgt - Beim Sommerfest wurde die Anlage eingeweiht

Blick auf das Nachbarhaus: Neben der "Hagebutze" ist auch das Wohnprojekt "Konvisionär" Partner der Energiegenossenschaft, auf beiden Dächern erzeugen Solaranlagen Strom. Nicolai Ferchl (HEG, links) und Bastian Boger (Konvisionär) betrachten die Anlage stolz. Foto: Rothe
Von Lukas Herrmann
Heidelberg. Im Innenhof des Wohnprojekts "Hagebutze" versammeln sich die Bewohner und Gäste zu einer großen Sonne - über ihren Köpfen schwirrt eine Drohne und knipst ein Gruppenbild. Das Motiv passt, denn die "Hagebutze" feiert nicht nur ihr Sommerfest, sondern auch die Einweihung der neuen Photovoltaikanlage.
Auf den Dächern der "Hagebutze" sowie des benachbarten Wohnprojektes "Konvisionär" im ehemaligen Mark-Twain-Village in der Südstadt steht nun eine Solarstromanlage. Das Besondere: Der erzeugte Strom kommt den Bewohnern zugute und versorgt das gesamte Quartier. Mithilfe eines Speichers, der den Strom auch in der Nacht nutzbar macht, ist das Wohnprojekt unabhängig. Außerdem speist die erzeugte Sonnenenergie zwei Ladepunkte für Elektromobile.
Möglich gemacht wurde das Projekt von der Heidelberger Energiegenossenschaft (HEG), die sich in der Stadt dafür einsetzt, dass Bürger ihre Energieversorgung selbst in die Hand nehmen. "Wir nutzen die Sonne vor Ort, teilen die Energie mit anderen Menschen", erklärt Vorstandsmitglied Nicolai Ferchl. Dabei stimmen sich die Nachbarn untereinander ab und reagieren beispielsweise auf unterschiedliche Stromverbraucher. "So ist keine zentrale Vernetzung notwendig", sagt Ferchl.
Begonnen hatte die HEG 2011, als einige Studenten vor leeren Dachflächen standen und sich wunderten, warum diese nicht für Solaranlagen genutzt würden: "Unser erstes Projekt war an der Pädagogischen Hochschule. Als dann mehr Menschen dazu gestoßen sind, gründeten wir die Genossenschaft", sagt Andreas Gißler, ebenfalls Vorstandsmitglied der HEG. Wichtig sei ihnen dabei, dass der erzeugte Strom auch für die einzelnen Mieter eingesetzt und nicht nur ins Netz eingespeist wird.
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2014 realisierte die Genossenschaft dann das erste "Mieterstromkonzept" in Nußloch, bei dem die Mieter ihren Strom direkt bei der Genossenschaft, von ihrer hauseigenen Solaranlage, beziehen - dafür wurde die HEG mit dem Deutschen Solarpreis ausgezeichnet. "Davor gab es kein Modell, bei dem auch Mieter und nicht nur Eigentümer profitieren", weiß Vorstandsmitglied Laura Zöckler. Inzwischen vereint die HEG hunderte Menschen aus der Region, die in lokalen Ökostrom investieren: "Wir haben zurzeit etwa 500 Mitglieder und mehr als zwei Millionen Euro in 20 Solaranlagen investiert", so Zöckler. "Je mehr Menschen mitmachen, desto mehr Solaranlagen können wir bauen."
Mit ihren Projekten liefert die HEG nicht nur preisgünstigen Strom, sondern zeigt vor allem, wie die Energiewende möglich ist: "Der Schlüssel ist die Energiewende vor Ort", so Ferchl. Projekte wie in der "Hagebutze" würden den Bewohnern Freiheit und Unabhängigkeit liefern und seien der richtige Weg, um Heidelberg zur Sonnenstadt zu machen.
"So kann ich als Bewohner meinen Beitrag zur Energiewende leisten und in der Stadt etwas bewirken", sagt Wayne Götz. Der 32-Jährige wohnt seit Anfang an in der "Hagebutze". Auch Peter Schneider-Johan ist überzeugt von dem Projekt. Die Tochter des 63-Jährigen wohnt in der "Hagebutze": "Eine dezentrale Stromversorgung ist der richtige Ansatz für die Zukunft - jetzt ist die Zeit für die Energiewende reif."



