Heidelberger Stadthalle

Archäologen fanden bei Sondierungs-Grabungen vor allem Bauschutt

Sondierungsgrabungen abgeschlossen - Die Fläche war früher Arbeitsplatz von Zimmerern und städtischer Bauhof

08.03.2021 UPDATE: 09.03.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden
Blick in die Vergangenheit: Bei den Sondierungsgrabungen an der Stadthalle fanden die Archäologen Bauschutt aus drei Jahrhunderten. Die ockerfarbene Schicht links ist aber der viel jüngere Untergrund eines Weges. Foto: Philipp Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Dem Bau der unterirdischen Technikzentrale für die Stadthalle steht aus archäologischer Sicht nichts entgegen. Das Kurpfälzische Museum war in der vergangenen Woche mit Sondierungsgrabungen beschäftigt. Schicht für Schicht hat der Baggerführer unter Aufsicht des Archäologen Tobias Schöneweis die Erde des Montpellierplatzes abgetragen – bis auf eine Tiefe von vier Metern. Inzwischen ist das Loch wieder aufgefüllt. "Wir haben die Baustelle freigegeben", berichtet Renate Ludwig, Leiterin Archäologie und Denkmalschutz beim Kurpfälzischen Museum.

Spektakuläre Funde hat Schöneweis nicht zutage gebracht, aber das war auch nicht zu erwarten. "Für die Altstadt haben wir das Glück, dass wir den Merian-Stich haben", so Ludwig. Grundstücksgenau hat Matthaeus Merian vor 400 Jahren vom Heiligenberg aus das Geschehen im Tal für die Nachwelt festgehalten. Auf der bekannten Heidelberg-Ansicht ist zu sehen, dass an der Stelle, wo heute die Stadthalle und der Montpellierplatz sind, damals eine Freifläche war, die für den städtischen Bauhof genutzt wurde.

"Zimmerplatz hieß dieser Platz früher", klärt Schöneweis auf. Er war vor allem dazu da, das Bauholz zu lagern und zu verarbeiten, das von den Flößern gebracht wurde. Kleine Boote wurden hier zusammengezimmert, aber auch Buden von Krämern. "Deshalb haben wir damit gerechnet, dass wir im Untergrund mächtige Planierschichten finden werden", berichtet der Archäologe. Der handwerklich genutzte Platz war nach seiner Untersuchung nie gepflastert.

Da er immer wieder überflutet und aufgeweicht wurde, musste man ihn oft verdichten. "Dafür hat man ganz häufig Bauschutt benutzt", so Schöneweis. Dementsprechend fanden sich im Untergrund jede Menge zerschlagene Ziegel und Haushaltsabfälle. Fragmente von Töpfen, Krügen, Ofenkacheln. All das wurde gerne genutzt, um den unebenen Boden aufzufüllen. Die Schichten, die Schöneweis freilegte, stammen von etwa 1600 bis ins 19. Jahrhundert.

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Es gebe verschiedene Arten von archäologischen Sondierungsgrabungen. In diesem Fall habe man sich gegen Bohrkerne und für Grabungsschnitte entschieden, berichtet Schöneweis: "Da wir schon im Vorfeld geahnt haben, dass wir sehr in die Tiefe müssen." Und so konnte man auch die gesamte Breite der künftigen Technikzentrale ausnutzen.

Ältere Funde – zum Beispiel aus der Keltenzeit – waren nicht auszuschließen, so der Archäologe. Die Wahrscheinlichkeit dafür wäre jedoch auf der Neuenheimer Seite des Neckars immer größer. Ludwig fügt hinzu: "In den 20 Jahren, in denen ich in Heidelberg bin, hat es noch nie eine Grabung gegeben, die einen Bau verhindert hätte." Dabei wird das Kurpfälzische Museum, das zugleich untere Denkmalschutzbehörde ist, bei Tiefbauarbeiten immer hinzugezogen, um eine Stellungnahme abzugeben. "Wenn wir auf einen wichtigen archäologischen Fundplatz stoßen, kann dies eine mehrmonatige Ausgrabung nach sich ziehen", so Ludwig. Der jeweilige Bauherr müsse diese dann auch bezahlen.

In den meisten Fällen, wie am Montpellierplatz, reicht es aber aus, die Grabungen zu dokumentieren. Hätte Schöneweis Gegenstände von historischem Wert gefunden, hätte er diese ins Museum gebracht. "Papa, was ist das Tollste, was Du je gefunden hast?", wurde Schöneweis neulich von seinem Sohn gefragt. Für ihn war das ein kleines Steinbeil aus der Jungsteinzeit. Für das Museum eher unbedeutend, doch er hat es auf dem riesigen Areal der Campbell Barracks in der Südstadt gefunden. Es schien fast unmöglich, dort etwas zu entdecken. Schöneweis: "Das war die berühmte Nadel im Heuhaufen."

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