Der Ochsenkopf ist eine "Gartenstadt"
Bezirksbeirat Wieblingen will am Erscheinungsbild der Siedlung festhalten - Stadt: Nachverdichtung

Heidelberg-Wieblingen. (kaz) Der Gemeinderat möge für den historischen Kern der Siedlung Ochsenkopf einen Bebauungsplan und eine Veränderungssperre beschließen: So lautet die Empfehlung, über die der Bezirksbeirat Wieblingen in seiner jüngsten Sitzung abstimmte. Im entsprechenden Antrag heißt es unter anderem: "Das städtebauliche Erscheinungsbild der Siedlung muss erhalten bleiben, weil es ein schützenswertes Beispiel für eine in den 1920er Jahren nach der Gartenstadtidee entstandenen Eisenbahnersiedlung ist."
Dieser Satz ist wiederum dem Stadtteilrahmenplan von 1998 entnommen. Zwischenzeitlich sei die Siedlung jedoch massiv nachverdichtet worden, heißt es weiter. Den Anwohnern seien Teile der Gärten entzogen und versiegelt worden. Für die Nachverdichtung werden in dem Schreiben einige Beispiele genannt. Aktuell stehe der Abriss des Mehrfamilienhauses im Wieblinger Weg 39/41 an, das bereits "entmietet" sei. Neben ihrer historischen Bedeutung seien die Gärten auch klimatisch und ökologisch von großem Nutzen, so ein weiteres Argument aus dem Antrag.
Laut Rolf Freymüller, Vorsitzender der Siedlungsgemeinschaft Ochsenkopf, gab es schon 1990 einen Vorentwurf für einen Bebauungsplan. Die Planungen seien aber immer wieder zurückgestellt worden. Jetzt bestehe "Handlungsdruck". Uwe Lindner, Vorstandsvorsitzender der Baugenossenschaft Neu Heidelberg, sieht das ganz anders. Ihm geht es demnach darum, Wohnraum für Menschen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen zu schaffen, die auch noch barrierefrei und energieeffizient sein sollten. Altengerechte Wohnungen entstanden vor einigen Jahren im Wieblinger Weg 35 bis 37.
In der Informationsvorlage der Stadtverwaltung, die einen Bebauungsplan ablehnt, heißt es: "Eine moderate Nachverdichtung in geeigneten Bereichen der Siedlung Ochsenkopf wäre einer Neuausweisung von Baugebieten im Außenbereich grundsätzlich vorzuziehen. Die Aufstellung eines Bebauungsplans mit der Zielsetzung, eine solche Nachverdichtung ausdrücklich zu verhindern, wird kritisch bewertet." Verhinderungsbaupläne seien rechtswidrig, betont das städtische Dokument weiter. Abschließend ist darin zu lesen, dass für einen Bebauungsplan derzeit weder Personal noch Haushaltsmittel zur Verfügung stünden. Die Gesamtkosten werden auf rund 100.000 Euro beziffert.
Die Grundstücke in der ehemaligen Eisenbahnersiedlung wurden damals so großzügig angelegt, weil sich die Familien weitgehend mit Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten selbst versorgen sollten. Das "Gartenstadt"-Konzept sah auch vor, dass die Bewohner Stallhasen und andere Nutztiere hielten. Zumindest was das Gärtnern betrifft, ist die vor einem Jahrhundert entstandene Idee wieder ganz aktuell.