Uniklinik muss "den Gürtel enger schnallen"
Die hohen Energiepreise sind auch eine Herausforderung fürs Universitätsklinikum. Ab Oktober greift der neue Sparplan.

Von Julia Lauer
Heidelberg. Die Lage der Krankenhäuser ist ernst. Das gilt auch fürs Heidelberger Universitätsklinikum mit seinen knapp 3000 Betten. "Auch als Uniklinik müssen wir den Gürtel enger schnallen", sagt Edgar Reisch aus dem Vorstand. "Erst war Corona, dann stiegen die Kosten für Energie, und auch die Preise für andere Sachgüter wie Lebensmittel und Medizinprodukte gingen in die Höhe", erklärt er die angespannte finanzielle Lage.
Dass sich das Klinikum in öffentlicher Trägerschaft befindet, nimmt Reisch diese Last nicht. "Derzeit gibt es keine belastbaren Hinweise für geplante finanzielle Ausgleiche", kommentiert er. Trotzdem solle sich an der Qualität der Patientenversorgung nichts ändern, verspricht Reisch, der auch Vorsitzender der neu gegründeten Taskforce Energiesicherheit ist. Ihr gehören neben dem Uniklinikum auch die Universität und das Deutsche Krebsforschungszentrum an. Gemeinsam mit ihren technischen Beratern tauschen sie sich zu Einsparpotenzialen aus.
Drei bis fünf Prozent der Ausgaben eines Krankenhauses entfallen auf Energie. Das klingt überschaubar, liest sich aber anders in absoluten Zahlen – zumindest wenn es um einen solchen Riesenbetrieb wie das Universitätsklinikum geht. "Schon von 2020 bis 2022 hatten wir Mehrkosten für Energie in Höhe von 20 Millionen Euro", gewährt Reisch einen Einblick ins Budget. Für das laufende Jahr rechnet er damit, dass die Ausgaben noch weiter steigen. "Allein für 2022 kalkulieren wir mit 40 Millionen Euro für Energie." Nur: Einfach alles abschalten kann man in einem Krankenhaus natürlich nicht. Ab Oktober tritt daher ein Stufenplan in Kraft. Ziel ist, ein Viertel der Energie einzusparen – und das möglichst schon sofort. Die größten Energiefresser am Klinikum sind die Klimatisierung und die Großgeräte. Zusammen bringen sie es auf 60 Prozent des Verbrauchs. Energieintensive Diagnostik wie Computer- oder Magnetresonanztomographie soll wie gewohnt im Einsatz sein. "Die Energieversorgung von Geräten und Patientenüberwachung ist so organisiert, dass sie sicher ist." Auch die Temperatur in den Patientenzimmern bleibt bei 21 Grad – also warm. "Wir sparen im patientenfernen Bereich", erklärt Reisch die Strategie seines Hauses.
Dass die Beschäftigten kalte Füße bekommen, ist hingegen nicht ausgeschlossen. "In den Büros werden wir die Temperatur zentral auf 19 Grad senken", führt Energiemanager Jochen Grewe aus. Der Diplom-Kaufmann und frühere Geschäftsführer eines Energieversorgers verweist auf Berechnungen, nach denen das Absenken der Raumtemperatur um jedes Grad Einsparungen von bis zu sieben Prozent nach sich ziehe. "Das wird den größten Effekt haben", meint er.
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Vorgesehen ist weiterhin, die Lüftungsanlagen zu drosseln. Coronabedingt war der Luftaustausch in den vergangenen beiden Jahren erhöht. "Jetzt suchen wir einen Kompromiss zwischen Einsparungen und Gesundheitsschutz", veranschaulicht Grewe das Vorgehen. Zugleich sollen Computer nur noch bei Benutzung laufen, Lichter nur dort brennen, wo man sie braucht. Auch das Dimmen der Außenbeleuchtung soll kommen. Schon seit Längerem ist der Sicherheitsdienst, der nachts die Patrouillen am Klinikum macht, angehalten, weitere Sparpotenziale aufzuzeigen.
Eigenen Strom mit Solaranlagen produziert das Klinikum bisher nicht, das soll aber kommen. "Langfristig wollen wir die Energie so steuern, dass wir unabhängiger von solchen Entwicklungen wie den gegenwärtigen werden", berichtet Grewe. Bisher sorgen die Stadtwerke für die Sicherheit der Stromversorgung am Klinikum, Wärme und Kälte bezieht es von dem Energiekonzern E-on. Derzeit prüfe man die Möglichkeiten, mit Strom Wärme zu erzeugen, erklärt der Energiemanager. Und man habe ermittelt, in welchen Bereichen sich vergleichsweise leicht von einer Energieform auf eine andere umsteigen lässt. "Die Wäscherei zum Beispiel kann man von Erdgas auf Flüssiggas umstellen, das sich flexibel zukaufen lässt", ergänzt Reisch. Dazu habe man einen riesigen Tank – "so groß wie ein Tanklastzug" – neben die Wäscherei gestellt. "Wir haben uns frühzeitig mit dem Thema Flüssiggas beschäftigt, sodass wir noch einen Tank bekommen haben. Heute wäre eine Lieferung nicht vor April 2023 möglich." Angesichts all dessen hat sich das Klinikum hinter eine Petition der Deutschen Krankenhausgesellschaft gestellt. Sie fordert vom Bund einen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser. "Auch als Uniklinikum ist unser Budget gedeckelt. Deshalb brauchen wir die Mittel", macht Reisch deutlich. "Deshalb haben wir die Petition auch mit unterschrieben."