Heidelberg

Sommertour führt auf die Fährten von Räubern

Mit der Evangelischen Kirche und einem Stadtführer geht es für die Kinder auf historische Entdeckerreise.

19.08.2025 UPDATE: 19.08.2025 04:00 Uhr 2 Minuten, 36 Sekunden
Wo findet man denn hier die Spuren des Hochwassers? Die RNZ-Sommertouristen schauen sich auf der Alten Brücke um – letztendlich vergeblich. Foto: Philipp Rothe

Von Hannes Huß

Heidelberg. Die Heidelberger Altstadt, sie war in ihrer Geschichte häufig nicht nur Schauplatz des Lebens von Gerbern, Kurfürsten und Bäckern, sondern auch Tatort: So wurde die Bande um den berüchtigten Odenwälder Räuber Hölzerlips 1812 auf dem Marktplatz hingerichtet.

Davon erzählte am Montag im Rahmen der RNZ-Sommertour der historische Polizeidirektor Dr. Ludwig Pfister, der den Hölzerlips dereinst zur Strecke brachte, acht Kindern sowie deren erwachsenen Begleiterinnen und Begleitern. "Alles, was ich erzähle, ist wahr", versprach Pfister (gespielt von Sebastian Klusak von der Evangelischen Kirche) seinen Zuhörern direkt zu Beginn.

Organist Paul Heilemann erklärt den Sommertouristen, warum sich eine Orgel und eine Blockflöte gar nicht mal so unähnlich sind. Foto: Philipp Rothe

Rund drei Stunden lang führte der Polizeidirektor die Sommertouristen durch die Altstadt, entlang der Stationen der Hölzerlips-Bande sowie in verschiedene evangelische Kirchen hinein. Unterwegs erhielten die Kinder so auch einen Einblick in weitere Geschichten aus der kriminellen Vergangenheit Heidelbergs.

Wie etwa der Familienzwist zwischen Friedrich von Hirschhorn und Hans von Handschuhsheim, der mit dem Tod Letzteren endete. Oder, etwas leichter verdaulich, der Sinn hinter den Brezeln in der Mauer der Heiliggeistkirche.

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Über diese konnten die Menschen im Mittelalter überprüfen, ob ihre gekauften Brezeln wirklich der Norm entsprachen. Hatte der Bäcker sie zu klein gebacken, so drohten ihm drei Tage am Pranger, mitten auf dem Marktplatz.

Vom Marktplatz navigierte Pfister seine Zuhörer dann weiter auf die Alte Brücke. Dort sollten sie nach den Spuren eines Vulkanausbruches suchen, keine leichte Aufgabe. Denn die Spuren eines Vulkanausbruches im Jahre 1783 bestehen in Heidelberg nicht etwa aus Rußspuren oder Einschlaglöchern, sondern im Hochwasser aus dem Februar 1784.

Der elfjährige Linus war am schnellsten: Er hat das Grab von Hans Jacob Rieter gefunden, einem Opfer der Hölzerlips-Bande. Foto: Philipp Rothe

Der Vulkanausbruch war zwar in Island, erklärte Pfister, aber: "Sogar in Deutschland verdunkelte sich der Himmel über Monate und der Neckar fror zu." Und dann, als der Himmel wieder aufklarte, trat der Neckar schlagartig über das Ufer.

Immer wieder durften die Kinder während der Sommertour, die die Evangelische Kirche ansonsten vor allem für Schulklassen anbietet, auch selbst aktiv Teil der Geschichten werden. Entweder durch Rate- und Suchspiele, oder, wie der elfjährige Linus, im Rollenspiel.

Denn Linus mimte den Delinquenten, während Pfister die Sommertouristen in die Geschichte der Heidelberger Hinrichtungen einführte. Mit historischen Zeichnungen ermöglichte er ihnen einen Blick darein, was bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts noch Schaulustige aus Stadt und Umland auf den Marktplatz zog.

Während Luis mit einem Seil Hände und Füße zusammengebunden wurden sowie die Augen verbunden, berichtete Pfister, warum das notwendig war: "Zu den Hinrichtungen kamen immer wieder Freunde der Verurteilten, um die zu befreien."

Pfister klärte seine Zuhörer aber nicht nur über die Geschichte der Räuber auf, auch ihre Opfer rückte er in den Fokus. An der Peterskirche zeigte er ihnen den Grabstein eines der Opfer der Bande, ein Schweizer Geschäftsmann, der vom 17-jährigen Sebastian Lutz erschlagen worden war.

Das war schließlich auch die Tat, die das Ende der Hölzerlips-Bande einleitete. Denn der historische Dr. Pfister organisierte danach die erste grenzüberschreitende Polizeiaktion, machte die Bande dingfest und ihr in Heidelberg den Prozess. Bei dem Lutz übrigens verschont bliebt.

Auf Anweisung des Großherzogs wurde er nicht hingerichtet, sondern zu lebenslanger Haft verurteilt. Allerdings erst, nachdem er aus dem Untersuchungsgefängnis in der Alten Brücke geflüchtet und wieder gefunden worden war.

Nach diesen Blicken in die Heidelberger Historie durften die Teilnehmer der Sommertour sich noch auf einen besonders musikalischen Abschluss freuen. Organist Paul Heilemann erklärte ihnen die Orgel in der Providenzkirche. "Wie eine Blockflöte" funktioniere sie, so der 17-Jährige.

Denn auch sie arbeitet mit Pfeifen, mit dem großen Unterschied, dass sie aber auch ein Tasteninstrument ist. Und über die Register die Klangfarben verändert werden können, sodass eine Orgel "wie ein Orchester ist". Auf Heilemanns Ausführungen folgte dann eines der großen Highlights für die Kinder: Sie durften sich selbst an die Tasten setzen.

Die zwölfjährige Nisha spielte die Titelmelodie von "Fluch der Karibik", die achtjährige Hallel genügte sich damit, wahllos Töne zu erzeugen. Sie sei gerade ihre Großeltern besuchen, erzählte sie danach mit strahlenden Augen. Zur Orgel habe sie, da ihr Opa auch Orgel spielt, ein besonderes Verhältnis. "Immer, wenn ich hier bin, sitze ich bei Opa in der Kirche an der Orgel."

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