Heidelberg

Sind die Kitas gut gewappnet für die Krankheitswelle?

Die Personalsituation in städtischen Kitas ist entspannter als 2023. Für jede Einrichtung wird ein Notfallplan erarbeitet. Auch an die Eltern gab es einen Appell.

16.10.2024 UPDATE: 16.10.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 55 Sekunden
Wie die städtischen Kitas fit für Herbst und Winter gemacht werden sollen, erklären Susanne Engelhardt-Feil, Bürgermeisterin Stefanie Jansen, Justine Hintenlang sowie Kita-Leiterin Zekiye Dursun. Foto: Rothe

Von Denis Schnur

Heidelberg. Der Sommer ist vorbei und mit dem Herbst kommt die Erkältungs- und Coronasaison. Mit entsprechend bangem Blick schauen vor allem Eltern kleiner Kinder auf die nächsten Monate. Denn im vergangenen Jahr sorgte die Krankheitswelle nicht nur für laufende Nasen zuhause, sondern in den meisten Betreuungseinrichtungen auch für kürzere Öffnungszeiten.

Ein Wieblinger Kindergarten konnte sogar lange nur im Wechselbetrieb öffnen – eine Woche durften die Kinder kommen, eine Woche mussten sie zu Hause bleiben.

Damit es in diesem Jahr besser läuft, habe man eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, wie die Verantwortlichen der Stadt betonen: "Wir drehen seit dem Frühjahr an einigen Stellschrauben, das macht sich aber erst jetzt bemerkbar", so Bürgermeisterin Stefanie Jansen. Da man dennoch nicht garantieren könne, dass es wieder zu Einschränkungen komme, erarbeite man derzeit in allen Einrichtungen Notfallpläne.

Die wohl wichtigste Stellschraube ist das Personal. Susanne Engelhardt-Feil vom Jugendamt nennt zwar keine konkreten Zahlen, weil die sich täglich ändern können, wenn jemand länger ausfällt, eine andere Stelle annimmt – oder eingestellt wird. "Aber wir haben deutlich weniger unbesetzte Fachkraftstellen als noch vor einem Jahr."

Auch interessant
Streik: Kita hat ungeplant zu - Was berufstätige Eltern wissen müssen
Arbeiten in Heidelberg: Sinja Broadie wechselt von der Bäckerei in die Kita
Ärger bei Eltern: Sind in Heidelberg die Autos wichtiger als die Kinder?
Heidelberg: Im Spätsommer 2025 sollen Kita-Fachkräfte aus Kolumbien kommen

Und jede Woche biete man weitere Vorstellungsgespräche an, um auch diese möglichst zu besetzen. Zudem habe man als Stadt mittlerweile 28 Hilfskräfte in den 24 Einrichtungen beschäftigt – vor einem Jahr waren es zwei. "Da hatten wir zusätzlich Leiharbeiter. Aber wir wollen das selbst in den Händen haben", betont Jansen.

Unter diesen 28 Personen seien Fachkräfte in Rente und Studierende. Bei dem Großteil handele es sich jedoch um Menschen, die selbst bald als Fachkraft arbeiten wollen – etwa Pädagoginnen aus der Ukraine, die für die Anerkennung ihres Abschlusses in Deutschland nachweisen müssen, dass sie hier praktisch gearbeitet haben.

Auch in Sachen Ausbildung habe man aufgestockt. Dabei gebe es die verschiedensten Wege – von der praxisintegrierten Ausbildung über den Direkteinstieg bis zum Studium der Kindheitspädagogik. Zwar sei die Zahl der angehenden Fachkräfte gestiegen, aber man kämpfe noch immer mit Vorurteilen, wie Justine Hintenlang berichtet, die für die Personalplanung in städtischen Kitas zuständig ist: "Viele denken noch, man würde in der Ausbildung nichts verdienen – dabei stimmt das nicht."

Mit mehr Personal sollten Ausfälle besser kompensiert werden können als im Vorjahr, betonen die Verantwortlichen. "Die Decke ist dicker", wie es Bürgermeisterin Jansen ausdrückt. Das heiße aber nicht, dass man sicher ohne Einschränkungen durch die nächsten Monate komme. Denn seit der Corona-Pandemie fielen Krankheitswellen deutlich heftiger aus. "Ich habe Fachkräfte, die nie krank waren und jetzt wochenlang ausfallen", berichtet Zekiye Dursun, Leiterin der Kita am Paradeplatz. Kämen dann Ausfälle etwa wegen Reha oder Beschäftigungsverboten aufgrund von Schwangerschaft hinzu, könne man das nicht immer auffangen.

Für Dursun und die anderen Einrichtungsleitungen bedeute dies: schwierige Entscheidungen. Erreiche sie am Sonntagabend eine Krankmeldung, brüte sie oft die halbe Nacht darüber, wie die nächste Woche funktionieren könne. Reicht es, betreuungsintensive Ausflüge zu verschieben? Müssen Gruppen zusammengelegt werden? Oder die Öffnungszeiten reduziert? "Das ist jedes Mal ein Puzzle", so die Leiterin. Denn natürlich wisse sie auch, dass kurzfristige Änderungen für viele Eltern eine große Belastung darstellten.

Um in solchen Situationen bestmögliche und transparentere Entscheidungen treffen zu können, wird nun in allen städtischen Einrichtungen ein eigener Notfallplan erarbeitet. Dazu fragen die Kitas bei Elternabenden mit Bögen die Betreuungszeiten ab, auf die Eltern dringend angewiesen sind.

Wenn das Kind etwa mittwochs zum Turnen gehe und früh abgeholt werde oder donnerstags die Oma komme, sei der Bedarf geringer, erläutert Engelhardt-Feil. Andere Eltern könnten vielleicht auch mal später mit der Arbeit beginnen. "Genau das wollen wir abfragen, damit wir im Ernstfall die Entscheidung treffen, die am wenigsten wehtut."

Häufig werde das wohl eine Einschränkung der Öffnungszeiten sein. Bisherige Erhebungen zeigten, dass die meisten Kinder zwischen 8 und 16 Uhr betreut werden müssen. Verzichte man jeweils auf die Stunde davor und danach, erleichtere das die Personalplanung erheblich.

In größeren Einrichtungen könne man aber auch Gruppen zusammenlegen, wenn einige Kinder zu Hause bleiben. "Die eine Lösung gibt es nicht – deshalb wollen wir die Eltern einbinden", betont Engelhardt-Feil. "Dafür sind wir auf deren Mithilfe und ihre Bereitschaft, sich einzubringen, angewiesen."

Einem Instrument, das immer wieder gefordert wird, erteilen die Verantwortlichen dagegen eine Absage: Einen stadtweiten "Springer-Pool" aus Fachkräften, die stets in den Einrichtungen eingesetzt werden, wo gerade Bedarf ist, werde man nicht einrichten.

Vor allem, weil das Personal dafür fehle. "Wir haben ja auch noch unbesetzte Fachkraftstellen in den Einrichtungen", so Jansen. Außerdem zeige die Erfahrung: "Solche ,Springer’ sind die Ersten, die den Job wechseln, wenn sie irgendwo eine dauerhafte Stelle in einer Einrichtung angeboten bekommen."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.