Sie helfen den ersten Corona-Flüchtlingen aus Südamerika
Beim Caritasverband und dem Diakonischen Werk wird ihnen geholfen, in der neuen Heimat Fuß zu fassen.

Von Marion Gottlob
Heidelberg. Wer nach Deutschland einwandert, der hat Wünsche und Erwartungen im Gepäck. Doch manches wird schwieriger als gedacht, gerade in der Corona-Krise und auch in Heidelberg. Die Migrationsberatungen für erwachsene Zuwanderer des Caritasverbandes und des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche haben im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 300 Zuwanderer mit ihren Familien beraten. Der größte Anteil kam aus Syrien, Irak, Afghanistan, der Türkei und Staaten der Russischen Föderation. Auch die ersten Corona-Flüchtlinge aus Südamerika suchen nun in Heidelberg eine neue Heimat. Die RNZ sprach mit den Beratern Nicole Bader vom Diakonischen Werk Heidelberg und Michael Deimann und Lenz Feesche vom Caritasverband.
Mit dem Beginn der Corona-Krise stand die Migrationsberatung für Menschen ab 27 Jahren (MBE) vor zusätzlichen Aufgaben: Von einem Moment auf den anderen waren persönliche Gespräche nicht mehr möglich. Spontan entstanden "Beratungsfenster" oder "Treffen an der Tür" – hier konnten Klienten Briefe, Formulare und Dokumente abgeben. Dann konnten die Berater die Unterlagen ausfüllen, einscannen und an die Behörden weiterleiten. "Unsere Klienten konnten in dieser Zeit jedoch nicht lernen, selbst Formulare auszufüllen", so Bader. Wenn Betroffene jedoch in der Krise ihren Job verloren hatten, war es erst einmal am wichtigsten, Fristen einzuhalten. "Sonst standen einige plötzlich ohne Geld da", so Bader. Ein Problem: Viele Rat Suchende verfügen weder über das Know-how noch über die technische Ausrüstung, um ihre Angelegenheiten online zu erledigen.
Einige Klienten brauchen nur ein oder zwei Beratungstermine, andere benötigen mehr Hilfe. Ein Beispiel: Eine Frau wanderte in der Hoffnung auf ein besseres Leben aus Ungarn nach Deutschland ein. Sie fand Arbeit als Zimmerfrau und holte ihren Mann und die zwei Kinder nach. In ihrer Heimat hatte sie Ausbildungen im Pflege- und Laborbereich absolviert. Doch ihr Abschluss wurde trotz der Hilfe der Berater in Deutschland nicht anerkannt. Sie wird nun eine neue Ausbildung im Pflegebereich machen. Der Sohn macht schon eine Ausbildung, die Tochter wird nach dem Realschulabschluss eine weitere Schule besuchen. Der Ehemann kämpft noch mit Sprachproblemen.
Mit ähnlichen Hürden wie die Ungarin sah sich eine Familie aus Syrien konfrontiert. In diesem Fall war die Frau mit abgeschlossenem Studium Lehrerin in ihrer Heimat. Auch diese Qualifikation wurde hier nicht anerkannt. Als Mutter von zwei Kindern kann sie im Moment aber kein weiteres Studium bewältigen. Ihr Mann war in der Heimat Ingenieur – nun gelingt ihm der Sprung in die neue Berufswelt nicht. "Er ist ängstlich geworden", sagen die Berater, die sich manchmal mehr Flexibilität der Ämter wünschen – auch wenn sie verstehen, dass sich die Mitarbeiter an Vorgaben halten müssen.
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Zu den Themen der MBE gehören: Die Vermittlung in Integrationssprachkurse und damit der Erwerb von Sprachkompetenz. Außerdem wird bei der beruflichen Integration unterstützt, etwa durch Hilfe bei der Anerkennung von vorhandenen ausländischen Abschlüssen und der Vermittlung in den Arbeitsmarkt. Auch werden Informationen zur Beantragung von Sozialleistungen gegeben, sowie bei aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen Unterstützung gewährt. Auch Probleme mit der Kinderbetreuung oder Schule können besprochen und geklärt werden. "Wir sind Lotsen und vermitteln dann weitere Hilfen", erklärt Deimann. Vereinzelt kommen inzwischen auch Corona-Migranten zur Beratung. Zu ihnen zählt ein Mediziner, der regelmäßig gezwungen wurde, ohne Schutz und ohne Pause 72 Stunden am Stück in einer Klinik zu arbeiten.
Immer wieder gibt es gute Rückmeldungen von Klienten an die MBE. Ein aus Kairo stammender Arzt durchlief etwa die Anerkennung und Approbation in seinem Beruf und sammelte praktische Erfahrungen in einer Heidelberger Hausarztpraxis als Vertretung. Mittlerweile hat er eine Landarztpraxis in Bayern übernommen und wird von seinen Patienten geschätzt.
Trotz dieser Erfolge haben die Berater noch Wünsche. "Wir haben mit der MBE eine gute Beratungsstruktur. Wir würden uns aber wünschen, dass diese Qualität besser wahrgenommen und genutzt würde", sagt Deimann. Feesche fügt hinzu: "In Heidelberg können wir in vielen Bereichen über eine gute Kooperation von Einrichtungen und Behörden berichten. In einigen Verfahren würden wir uns aber eine kürzere Bearbeitungsdauer wünschen."



