SPD will Flut an Feriendomizilen eindämmen
Genossen fordern Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum - Stadt sieht keinen Bedarf - Positive Erfahrungen in Freiburg
Von Holger Buchwald
Jetzt, im Oktober, wenn Dutzende von Studenten in die Notquartiere des Studierendenwerks ziehen, wird der Wohnungsmangel in Heidelberg wieder einmal deutlich. Auch die Basismiete laut Mietspiegel ist 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozent gestiegen. Die SPD glaubt, dass diese Probleme unter anderem an Heidelbergs Status als Touristenstadt liegen. Viele Apartments würden als Ferienwohnungen oder Herberge für Medizintouristen missbraucht. Um dem entgegenzuwirken, fordern die Heidelberger Genossen nun ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnungen. Der Gemeinderat wird sich am Donnerstag, 8. Oktober, mit dem Antrag befassen.
Allein über die Internetplattform Airbnb werden in Heidelberg derzeit mehr als 300 Zimmer oder Apartments als Feriendomizil angeboten. Längst geht es dabei nicht mehr nur darum, ab und zu und für kurze Zeit mal einen Urlauber aus einer anderen Stadt bei sich aufzunehmen. Die hohe Anzahl der Bewertungen zeigt, dass Airbnb inzwischen auch gewerbsmäßig genutzt wird. Und genau dies will die SPD unterbinden. "Gerade in stark nachgefragten und zentralen Gebieten wie Teilen Bergheims, der West- oder Altstadt und Neuenheims wird Wohnraum an Touristen vermietet", ärgert sich Landtagskandidat Adrian Rehberger: "Auch wenn die Situation noch nicht dramatisch ist, muss die Stadt diese Entwicklung eindämmen."
Seit 2014 können Kommunen in Baden-Württemberg Satzungen erlassen, um die Zweckentfremdung von Wohnraum zu verbieten. Ein Leerstand von mehr als sechs Monaten oder die Umwidmung von Mietwohnungen werden dadurch unterbunden oder genehmigungspflichtig. Diskussionen über Sinn oder Unsinn solcher Verbote gibt es auch in anderen Städten. So ist in Stuttgart ein Streit zwischen Oberbürgermeister Fritz Kuhn und der CDU entbrannt.
Der Heidelberger SPD-Stadtrat Andreas Grasser verteidigt den Vorstoß seiner Fraktion: "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Wohnraumsituation in den zentralen Stadtteilen noch angespannter wird." Untervermietungen einzelner Zimmer für eine gewisse Zeit müssten aber nach wie vor möglich sein. Stadträtin Monika Meißner betont, dass eine Regulierung auch im Sinne des hiesigen Hotelgewerbes sei.
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Die Heidelberger Stadtverwaltung sieht derzeit keine Notwendigkeit für solch eine Satzung, teilt eine Sprecherin mit: "Uns liegen keine Erkenntnisse vor, dass in Heidelberg in größerem Umfang gewerbsmäßig Wohnraum als Ferienappartments zweckentfremdet wird." Dass Wohnungen auf Internetseiten angeboten würden, heiße nicht automatisch, dass diese ständig von Touristen genutzt würden. Sollten aber Hinweise aus der Nachbarschaft eingehen, würden diese Fälle baurechtlich geprüft. 2013 gab es in Heidelberg weniger als 20 Anträge auf Nutzungsänderung von Wohnen in Gewerbe.
Rechtsanwalt Jan Weber hält persönlich auch nichts von Zweckentfremdungsverboten: "Ich finde, der Staat sollte sich aus solchen Sachen raushalten." Weber hatte im Frühjahr letzten Jahres Vermieter bei einem Zivilprozess vor dem Amtsgericht Heidelberg vertreten, die ihren Mieter erfolgreich aus der Wohnung geklagt hatten. Der Mann lebte damals bei seiner Freundin. Da das von ihm angemietete Appartment leer stand, hatte er dies dauerhaft an Touristen untervermietet. Für ihn war das ein lukratives Geschäft. So bezahlte er selbst nur 370 Euro Miete, verlangte aber für den ersten Gast 35 Euro und für jeden weiteren 15 Euro - pro Nacht. Selbst wenn ein Vermieter einer Untervermietung zustimmt, ist laut BGH-Urteil sogar eine tageweise Vermietung an "beliebige Touristen" nicht ohne Weiteres zulässig.
Positive Erfahrungen hat die Stadt Freiburg gemacht, in der das Zweckentfremdungsverbot seit Januar 2014 gilt. Stadtsprecherin Edith Lamersdorf berichtet, dass es dort im ersten Jahr 110 Verfahren gegeben habe. Das Instrument sei sinnvoll, um den Boom an Ferienwohnungen einzudämmen, und ein kleiner, aber wichtiger Bestandteil des "Handlungsprogramms Wohnraum". Bußgelder wurden in Freiburg bisher keine verhängt. Lamersdorf: "Es genügte, dass das Baurechtsamt die Wohnungseigentümer auf die Rechtslage hinwies."



