"Redeverbot" gilt nur für den Gemeinderat
Stadträte modifizieren die Selbstbeschränkung. Ausschüsse dürfen weiterhin frei debattieren. Die Sitzungsgeld-Erhöhung wird verschoben.

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Auf kein Thema wurden die Mitglieder des Gemeinderates in der letzten Woche so häufig angesprochen wie auf die geplante Beschränkung der Redezeit und die gleichzeitige Erhöhung der Sitzungsgelder von 900 auf 1100 Euro monatlich. Nun haben die Stadträte noch einmal nachgeschärft.
In der Sitzung am Donnerstag stimmte die Mehrheit für den SPD-Antrag, dass die Beschränkung der Redebeiträge zunächst nur für den Gemeinderat, nicht aber für die Fachausschüsse gilt. Ob die Mitglieder des Gremiums mehr Geld bekommen, wird – entsprechend einem Antrag der "Heidelberger" – frühestens in den bevorstehenden Haushaltsberatungen besprochen.
Wenn es die Finanzlage nicht hergibt, wird die Erhöhung sogar auf die Beratungen zum Doppelhaushalt 2027/28 verschoben. Die Aufwandsentschädigungen der Mitglieder der Bezirks- und der anderen Beiräte sowie des Jugendgemeinderats sollen dabei auf jeden Fall mitbedacht werden.
SPD-Stadträtin Anke Schuster hielt eine flammende Rede für die freie Debatte in den Ausschüssen: "Wir sind nicht als Fraktionen gewählt worden, sondern als einzelne Menschen, die für der Stadt Bestes und ihr Wohl eintreten wollen." Die Mitglieder des Gemeinderats müssten weiterhin die Möglichkeit haben, in den Fachausschüssen mit der Verwaltung in Diskurs zu treten.
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Die Redezeitbegrenzung auf drei Minuten pro Wortmeldung könne man mitgehen, nicht aber, dass die Anzahl der Redebeiträge nach Größe der Fraktionen in den Fachausschüssen begrenzt werde. "Damit würden wir Einzelstadträten, die Freiheit nehmen, mehrmals zu sprechen." Der Grundgeist der Meinungsfreiheit würde damit beschnitten. Die Pläne kämen einem "Redeverbot" gleich.
Schuster wies zudem daraufhin, dass es ja bereits zwei scharfe Schwerter gegen ausufernde Diskussionen gebe: die Anträge auf Ende der Rednerliste und Ende der Debatte. Stimmt die Mehrheit einem dieser Anträge zu, wird entweder kein neues Gemeinderatsmitglied mehr auf die Rednerliste gesetzt oder die Debatte wird sofort beendet.
Felix Grädler (Grüne) plädierte für die Begrenzung der Redebeiträge auch in den Ausschüssen. "Sonst können sich nur noch die Leute das Ehrenamt leisten, die privilegiert sind." Ein festes Ende der Sitzungen und damit die Vereinbarkeit von Familie und kommunalpolitischem Engagement – könne nur mit solchen Mitteln erreicht werden.
"Die Diskussion wird nicht besser, wenn man ihr mehr Zeit einräumt", so Grädler. Es gebe immer noch die Möglichkeit, bei besonders wichtigen Tagesordnungspunkten die Beschränkungen im Vorfeld aufzuheben.
Bei den Sitzungsgeldern waren sich dann die meisten einig. Gegen die Stimmen von Grünen und CDU stimmte die Mehrheit für den "Heidelberger"-Antrag, diese Debatte erst in den Haushaltsberatungen zu führen. Anke Schuster (SPD) hatte schon zuvor kritisiert, dass das Thema Inflationsausgleich für Gemeinderatsmitglieder überhaupt in der Vorlage steht. Dies gehöre in die Haushaltsberatungen.
"Wir werden kritisch draufschauen. Im Moment sehen wir keinen Spielraum", so Schuster. Ähnlich äußerte sich Karl Breer (FDP): "Es wäre verdient, die Entschädigung zu erhöhen, aber ein ungünstiger Zeitpunkt." Angesichts der Haushaltslage müsse man selbst Opfer bringen, wie man es auch von den Institutionen verlange.
Mit 16 Ja- und acht Nein-Stimmen von den Grünen ging der SPD-Antrag durch, die Begrenzung der Redebeiträge nur auf den Gemeinderat, nicht aber auf die Ausschüsse anzuwenden. Allerdings wird in allen Gremien die Redezeit pro Wortbeitrag auf drei Minuten begrenzt. Eine Ausnahme bildet die Einbringung von Anträgen, darauf hatte Tim Nusser (FDP) gedrängt. Um einen mehrseitigen Antrag zu begründen, brauche man mehr als nur drei Minuten.
Für den Gemeinderat gilt nun, dass sich pro Tagesordnungspunkt Einzelstadträte und kleine Gruppierungen nur einmal zu Wort melden dürfen. Kleine Fraktionen erhalten zwei Mal das Rederecht, Fraktionen ab fünf Sitzen können sich dreimal, große ab neun Sitzen viermal melden. Diesen Kompromissvorschlag hatten die Grünen bereits in der Haupt- und Finanzausschusssitzung unterbreitet.