Heidelberg schränkt E-Roller-Angebot ein
Es herrscht Uneinigkeit zum Umgang mit den Scootern. Der Haupt- und Finanzausschuss beschloss ein Konzept für eine stärkere Regulierung.

Heidelberg. (dpa) Heidelberg schränkt das Angebot von mietbaren E-Scootern ein. Der Gemeinderat billigte einem Stadtsprecher zufolge mit großer Mehrheit ein neues Konzept, wonach künftig nur noch drei Anbieter zusammen maximal 1200 E-Scooter bereitstellen dürfen.
Zudem sollen Nutzer die Fahrzeuge in der Innenstadt nur noch in ausgezeichneten Flächen abstellen können. Hintergrund für die Neuregelungen sind Behinderungen für Fußgänger, Radfahrer und Rollstuhlfahrer durch wild abgestellte E-Scooter.
Seit 2019 gibt es mietbare E-Scooter in der Universitätsstadt - aktuell im Schnitt rund 1700 E-Scooter von vier Anbietern. Seit März hat Heidelberg nach Angaben des Stadtsprechers in der Altstadt acht Abstellflächen als Pilotprojekt ausgewiesen und spricht von einer Verbesserung der Verkehrssicherheit sowie des Stadtbildes.
Die Roller würden zwar von einigen sehr gerne genutzt, seien aber auch ein "Ärgernis", so Oberbürgermeister Eckart Würzner. Mit dem Konzept reguliere man die Anbieter nun stärker. Dabei werde es aber nicht bleiben: "Das ist nicht die letzte Beschlussvorlage hierzu", kündigt Würzner an.
Grundsätzlich zeigten sich alle Gemeinderäte offen für eine Regulierung der Fahrzeuge, die oft Gehwege blockieren. Kritik gab es jedoch an der Zahl von 1200. Björn Leuzinger (Die Partei) hält sie für zu niedrig, Tim Nusser (FDP) für nicht ausreichend begründet. "Die Verwaltung sagt nur, die Zahl sei angemessen für Heidelberg. Das reicht uns nicht."
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90 Abstellflächen in den kommenden Jahren geplant
Mit der Neuregelung sollen die Anbieter auch technische Auflagen erhalten, wie die für bestimmte Sensoren. Damit würden umgefallene E-Scooter an die Anbieter gemeldet, sagte der Sprecher. Außerdem könnten Nutzer beim Abstellen außerhalb ausgezeichneter Flächen den Mietvorgang nicht abschließen und würden weiter bezahlen.
In den kommenden Jahren will die Verwaltung in der Kernzone maximal 90 Abstellflächen ausweisen und geht dabei von Kosten in Höhe von bis zu 135.000 Euro aus. Die Anbieter sollen über Gebühren an den Ausgaben beteiligt werden.
Heidelberg steht mit der Neuregelung nicht allein da: Der Deutsche Städte- und Gemeindebund stellte bereits im April fest, dass Kommunen vermehrt konkrete Kontingente oder Fahrverbotszonen für Leih-E-Tretroller vorgeben würden.
Im benachbarten Ausland gibt es auch schon drastischere Maßnahmen: So sind Leih-Scooter in Paris seit vergangenem Jahr verboten, nachdem sich in einer Bürgerbefragung 89 Prozent der Beteiligten gegen E-Scooter-Verleihe ausgesprochen hatten.
Update: Freitag, 15. November 2024, 19.15 Uhr
E-Roller bewegen schon wieder die Gemüter
Von Julia Schulte
Heidelberg. Vor gut einer Woche hat die Stadt im Ausschuss für Mobilität ein neues Konzept präsentiert, dass E-Scooter stärker regulieren und die Anbieter mehr in die Pflicht nehmen soll. Eigentlich sollte der Haupt- und Finanzausschuss das Konzept danach nur noch beschließen, damit schnell Regelungen in Kraft treten können.
Doch das Thema bewegt die Gemüter – und so ging dem Beschluss des Konzepts mit zwei Stimmen dagegen und einer Enthaltung erneut eine Debatte voraus.
Mobilitätsbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain erläuterte, dass die Stadt als Interimslösung eine Sondernutzung für Roller anstrebe. Langfristig arbeite man an einer Ausschreibung für ein Leihradsystem, in das man auch die Leihroller mit reinnehmen und damit noch strenger regulieren könnte. Aber als schnelle Lösung sei eine Sondernutzung nötig, damit nicht wieder drei Jahre ein Vakuum bestehe.
Sarah Mirow (Die Linke) sprach in Bezug auf die Roller von einem grundsätzlichen Problem: "Wir haben den Verkehrsraum nicht." Der vorhandene müsse für Radfahrer und Fußgänger sein. Und wenn die Gefährte auf dem Fußweg unterwegs seien, sei das gefährlich, gerade für die schwächeren Verkehrsteilnehmer. Sie sei deshalb froh, dass man die Roller nun stärker reglementieren wolle.
Tim Nusser (FDP) sagte, dass er es richtig finde, mehr Abstellflächen für Roller auszuweisen und dabei über den Weg der Sondernutzungserlaubnis zu gehen. Doch er verstehe nicht, wieso die Zahl der Roller von 1700 auf 1200 begrenzt und die der Anbieter reduziert werden soll.
"Ich habe bisher keine stringente Begründung gefunden, warum es diese massive Reduzierung benötigt", so Nusser. Schmidt-Lamontain betonte, dass es aktuell aus Sicht der Stadt zu viele Roller gebe. "Wir gehen davon aus, dass 1200 für die Größe von Heidelberg angemessen sind."
Marliese Heldner (Heidelberger) wiederholte ihre Forderung aus dem Mobilitätsausschuss, dass nicht nur in der Innenstadt Abstellflächen eingerichtet werden sollten. "Ob ich in Altstadt oder in Kirchheim über einen Roller falle, ist doch egal." Ihr Vorschlag: 80 Zonen in der Kernstadt, zehn in den Stadtteilen.
Nicole Marmé (CDU) sagte, in ihrer Fraktion sei man zwiegespalten in Hinblick auf die Roller. Der Bedarf sei da, gerade bei Jüngeren – allerdings seien die Gefährte auch nicht ganz ungefährlich. Bezüglich der Standorte der Abstellzonen müsse man mit Bedacht vorgehen, nachdem in der Altstadt eine Zone direkt unter den Schlafzimmern der Bewohner eingerichtet worden war.
Zudem verstehe sie nicht, warum drei Anbieter angestrebt würden. "Warum nicht nur einer? Das handhaben wir bei den Leihrädern doch auch so." So müsste man auch nicht mit drei Anbietern verhandeln.
Felix Grädler (Grüne) warf ein, dass die Stadt vor allem auf die Kosten achten sollte. "Wenn wir nur einen Anbieter haben, müssen wir subventionieren, wie bei den Nextbikes." Wenn die Anbieter bereit seien, höhere Strafen zu akzeptieren, sollte man das nutzen.
Schmidt-Lamontain betonte in diesem Zusammenhang, dass es eine Sondernutzung ermögliche, Einnahmen zu erzielen. Das komme in der Vorlage allerdings nicht rüber, bemängelte Sören Michelsburg (SPD). Dabei sei es wichtig, dass die Kosten – die Einrichtung der 90 Abstellflächen wird 300.000 Euro kosten – mittelfristig gedeckt seien. Hierzu erklärte Schmidt-Lamontain, dass die Höhe der Gebühr gesondert beschlossen werde, ein Vorschlag dafür werde folgen.
Final soll das E-Tretroller-Konzept am Donnerstag im Gemeinderat beschlossen werden.
Scooter-Anbieter fürchtet Nachteile
Bevor der Gemeinderat an diesem Donnerstag über das E-Roller-Konzept entscheidet, meldet sich der Anbieter Dott (ehemals Tier) zu Wort. Man begrüße, dass Anbieter künftig durch ein Auswahlverfahren eine Erlaubnis für den Roller-Verleih erlangen müssten, teilt eine Sprecherin mit.
Allerdings sehe man die Begrenzung der Flotte kritisch, da diese für einen nicht öffentlich geförderten Anbieter die einzige Möglichkeit sei, Umsatz zu generieren. Auch für eine Gebühr habe man grundsätzlich Verständnis. Hier plädiere man für einen verhältnismäßigen Betrag, da sonst die ökonomische Nachhaltigkeit des Angebots in Gefahr sei, mit möglichen Auswirkungen auf die Abdeckung der Außenbezirke sowie die Preisgestaltung.
Daher empfehle man eine Orientierung an den lokalen Leihrad-Gebühren oder, basierend auf dem Platzverbrauch, ein Zehntel der Anwohnerparkgebühren.