Heidelberg: IBA will Probleme Bergheims lösen
Der Stadtteil hat genug gedient, er soll wieder etwas zurückbekommen

Dieses Foto, das einen Blick auf einen Teil Bergheims von Westen zeigt, ist zehn Jahre alt. Während der Stadtteil in dieser Zeit immer lebendiger und hipper wurde, hat sich die Verkehrsbelastung nicht verbessert - eher im Gegenteil. Foto: privat
Von Sebastian Riemer
Heidelberg. 1885 war für Heidelberg ein großes Jahr: Mit der Pferdebahn wurde die erste Nahverkehrslinie der Stadt gebaut. Und wo kamen damals Wagenhalle und Ställe unter? Natürlich nach Bergheim. Und so ging das immer weiter: Ob Elektrizitätswerk oder Schlachthof, ob Straßenbahndepot oder die wichtigen, breiten Straßen: Dieser Stadtteil übernimmt seit jeher die wichtigen Funktionen für die ganze Stadt.
"Bergheim war und ist ein dienender Stadtteil", sagt auch Michael Braum, Chef der Internationalen Bauausstellung (IBA). Und wenn es nach ihm geht, ist es höchste Zeit, dass Heidelberg Bergheim etwas zurückgibt. Denn die lange Dienerschaft sieht man dem Stadtteil an. "Wir müssen dort noch einmal alles in Frage stellen - besonders den Verkehr", sagt Carl Zillich, Kuratorischer Leiter der IBA. Die IBA-Leute, die ihr Büro selbst in Bergheim im Dezernat 16 haben, sind trotz aller Probleme begeistert von ihrer Nachbarschaft - oder gerade deshalb. "In der Weststadt, der Altstadt, ist ja absehbar, was in den nächsten Jahrzehnten passiert", sagt Braum. Bergheim sei ganz anders - "rauer, vitaler, lebendiger". Das Zentrum der Stadt werde sich weiter nach Westen verlagern. "In Zukunft werden der Hauptbahnhof und sein Umfeld der neue Mittelpunkt Heidelbergs. Und wir müssen jetzt dafür sorgen, dass dieses Zentrum richtig gut wird", so Braum.
Die Probleme sind ja lange bekannt: Bergheim erstickt im Verkehr, weil die drei Achsen Kurfürsten-Anlage, Bergheimer Straße und B 37 den Stadtteil zerschneiden. Jeden Tag rollen lange Blechkarawanen von der Autobahn heran und hindurch - viele der "Durchreisenden" wollen ins Neuenheimer Feld. In der Mitte des Stadtteils stehen Monolithen wie das Straßenbahndepot oder die Stadtwerke - toter Raum, nicht öffentlich, kein Durchkommen für Fußgänger oder Radler.
"Wir können aus Bergheim eine Fußgängerstadt machen, fast wie die Altstadt", sagt Carl Zillich. Aber dafür müsse man groß denken, neue Verbindungen schaffen - und vielleicht auf der ein oder anderen kleineren Straße auch mal auf Autoverkehr verzichten. "Und natürlich ist das Tramdepot ein zentrales Element", so Zillich. Er macht keinen Hehl daraus, dass er eine Verlagerung an den Ochsenkopf für richtig hält. "Dadurch würden wir ein riesiges Areal im Zentrum Bergheims für die Öffentlichkeit gewinnen", sagt Zillich. Dann wäre nicht nur Platz für bessere Verbindungen, sondern auch für günstigen Wohnraum und mehr Grünflächen.
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Zum IBA-Motto "Wissen schafft Stadt" passt Bergheim perfekt: Mit Uni-Campus, Stadtbücherei, Volkshochschule, F&U-Campus, Musikhochschule, Kulturfenster, Schulen und Kitas ist die Bildungsvielfalt bemerkenswert vielfältig. "Nur ist das in den Köpfen der Leute gar nicht drin, weil es keine Verbindungen zwischen diesen Orten gibt", sagt Michael Braum. Er fordert deshalb "eine Gesamtidee" für Bergheim: "Die Angst vor einer Stadtidee ist in Heidelberg so groß, dass immer nur in klitzekleinen Räumen gedacht wird." Bergheim biete die Chance, das mal ganz anders zu machen.
Die Zeichen stehen gut, denn bei Baubürgermeister Jürgen Odszuck rennt die IBA offene Türen ein. "Die Entwicklung Bergheims ist extrem wichtig", sagt er. Den Status quo hält er für untragbar: "Das kenne ich aus keiner anderen Stadt, dass man großräumigen Verkehr in einen zentralen Innenstadtbereich lenkt - und dann von dort aus verteilt." Odszuck hat mehrfach betont, dass er persönlich eine fünfte Neckarquerung für notwendig hält - vor allem aber fordert er, dass es keine Denkverbote gibt.
"Wir brauchen ein Gesamtziel, zu dem Bürger, Politik und alle Beteiligten sagen: Ja, das wollen wir - und dann arbeiten wir die einzelnen Schritte nach und nach ab." Und durch die notwendige Entscheidung über den Betriebshof sei das Thema jetzt dringlich. "Wir können das nun nicht mehr auf die lange Bank schieben."



