Für einige GGH-Mieter dürfte es teurer werden
Größer, grüner, gerechter: Die Städtische Wohnungsbaugesellschaft GGH will sich neu aufstellen. Muss die Stadt Kapital zuschießen?

Von Denis Schnur
Heidelberg. Die Mieten in Heidelberg steigen und steigen – und beim Klimaschutz kommt die Stadt auch nicht so voran, wie sie es sich zum Ziel gesetzt hat. Bei beiden Herausforderungen will nun die Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz (GGH) einen deutlich größeren Beitrag leisten – und sich dafür neu aufstellen. Der kommunale Baukonzern will größer, grüner und gerechter werden. So sieht es die "Strategie 2035" vor, die der GGH-Aufsichtsrat gemeinsam mit der Geschäftsführung aufgelegt hat (siehe unten). Ein Überblick:
Hintergrund
> Die Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz Heidelberg (GGH) wurde 1921 als "Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Atzelhof"gegründet. Seit 1925 ist die Stadt Heidelberg alleinige Eigentümerin. Als kommunales Wohnungsbauunternehmen ist die GGH eigenständig tätig. Im
> Die Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz Heidelberg (GGH) wurde 1921 als "Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Atzelhof"gegründet. Seit 1925 ist die Stadt Heidelberg alleinige Eigentümerin. Als kommunales Wohnungsbauunternehmen ist die GGH eigenständig tätig. Im Aufsichtsrat sitzen jedoch Vertreter von Stadt und Gemeinderat. Das Stadtparlament kann ihr zudem Weisungen erteilen.
> Mit 7323 Wohnungen ist die Gesellschaft die größte Vermieterin der Stadt. Die Anzahl ihrer Wohnungen entspricht rund 17 Prozent aller Mietwohnungen in Heidelberg.
> 3936 Wohnungen sind preis- oder belegungsgebunden. Die Gesellschaft vermietet damit 83 Prozent der geförderten Wohnungen in Heidelberg.
> Die Durchschnittsmiete liegt mit 6,82 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter klar unter dem Heidelberger Durchschnitt (9,40 Euro). Bei 82 Prozent der Einheiten liegt sie unter 8 Euro, bei zehn Prozent sogar unter 5 Euro. dns
> Wachstum: Seit 2015 hat die GGH ihren Bestand um rund 90 Wohnungen pro Jahr vergrößert. "Heidelberg wächst und die GGH wächst mit", hat Geschäftsführer Peter Bresinski immer gesagt. Das soll sich mit der neuen Strategie ändern und der Bestand soll überproportional wachsen – bis 2035 um rund 2200 Wohnungen auf 9500. Dabei sind die rund 2000 Wohnungen noch nicht eingerechnet, die die GGH in Patrick-Henry-Village errichten wird. Vielmehr soll vor allem im Bestand aufgestockt und ergänzt werden.
> Sozialwohnungen: Günstigen Wohnraum zu schaffen, bleibt die zentrale Aufgabe der städtischen Gesellschaft. Bresinski nennt das deren "soziale DNA". Bei Neubauten soll deshalb jede zweite Wohnung eine geförderte Sozialwohnung sein.
> Mieten: Ein Teil der Mieter muss sich auf – zum Teil deutlich – höhere Kosten einstellen, denn die GGH will die Struktur grundsätzlich umstellen. In einigen Tausend Wohnungen subventioniert sie bislang die Miete, sodass diese deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Oft sei das angebracht, doch: "Einige wenige werden extrem privilegiert, ohne dass sie das nötig hätten", so Bresinski. Etwa Menschen, die einst mit Familie in eine große, günstige Wohnung gezogen seien, dort nun aber alleine lebten.
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"Das ist nachvollziehbar, aber nicht fair, wenn das die Allgemeinheit subventioniert." Deshalb wolle man die Mieten die nächsten fünf bis acht Jahre überall an die Vergleichsmiete anpassen; wer einen Wohnberechtigungsschein hat, bekommt jedoch zehn Prozent Abschlag. "Das muss man sich vorstellen wie eine Normalverteilungskurve, wo wir die Ränder etwas abschneiden", so Bresinski. Heißt: Wer eine sehr niedrige Miete hat, muss mit Mehrkosten rechnen; wer trotz Berechtigungsschein viel zahlt, bekommt eine Ermäßigung.
> Wohnungsgrößen: Bei den Zuschnitten will die GGH "gerechter" werden. Wer mehr Fläche zur Verfügung hat, als es das Landesförderungsgesetz vorsieht, soll weniger Förderung erhalten. Lebt etwa ein Paar mit Berechtigungsschein in einer 90-Quadratmeter-Wohnung, obwohl das Gesetz 60 Quadratmeter vorsieht, müsste es für die zusätzlichen 30 Quadratmeter den vollen Preis zahlen, nur der Rest werde künftig gefördert.
> Klimaschutz: Die GGH will auch ökologisch Vorreiter werden. Dazu soll der CO2-Ausstoß ihrer Gebäude bis 2035 um 62 Prozent sinken. "Das ist sehr ambitioniert, aber wir trauen uns das zu", betont Bresinski. Jedoch müsse der Konzern massiv investieren, um deutlich schneller zu sanieren und nur noch energieeffiziente Neubauten zu errichten. Der Energiestandard soll jedoch nicht mehr das Maß aller Dinge sein: "Oft kann ich das Geld besser nutzen, um mehr CO2 einzusparen", so der Geschäftsführer – etwa durch die Verbesserung der Gebäudetechnik oder die Erweiterung des Fernwärmenetzes. Zudem soll auf jedem GGH-Dach, wo möglich, eine Solaranlage gebaut werden. Wenn man das alles umsetze und die Stadtwerke zügig die Fernwärme auf erneuerbare Energien umstellten, könne die GGH schon vor 2045 klimaneutral werden, so Bresinski.
> Finanzierung: Die angedachte aktivere Rolle der GGH erfordert Investitionen. Den Großteil will das Unternehmen selbst erwirtschaften – etwa über die neue Mietstruktur, die etwas höhere Einnahmen bringe. Vor allem aber, indem es weiter im Bauträgergeschäft Überschüsse generiert. Doch schließt Bresinski nicht aus, dass die GGH zum ersten Mal die Stadt um Zuschüsse bitten muss. Denn Sozialwohnungen seien trotz Landesförderung ein Minusgeschäft. Bisher habe man deren Bau alleine stemmen können, bei dem gewünschten Wachstum und den hohen Investitionen für Klimaschutz sei das jedoch schwierig. Deshalb geht die GGH davon aus, dass sie 5,7 Millionen Euro zusätzliches Kapital jährlich bräuchte. "Wir versuchen, das zu vermeiden, aber es kann gut sein, dass es nicht anders geht."
Klare Mehrheit steht hinter GGH-Strategie
Die GGH will sich neu aufstellen – und erhält dafür viel Rückenwind aus der Politik. So hatte es zwar fast ein halbes Jahr gedauert, bis der Aufsichtsrat, in dem zwei Bürgermeister und neun Stadträte sitzen, mit der "Strategie 2035" zufrieden war. Am Ende stimmte in dem Gremium jedoch nur Stadtrat Bernd Zieger (Linke) dagegen, der Rest steht hinter dem Papier.
Und auch bei den Gemeinderäten kamen die Pläne überwiegend gut an. In einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Soziales, Klimaschutz, Bauen und Stadtentwicklung sowie Finanzen stimmte eine große Mehrheit für die Strategie. "Das ist eines der wichtigsten Papiere für die Zukunft Heidelbergs", betonte SPD-Fraktionschefin Anke Schuster. "Das ist nicht nur ökologisch ambitioniert, sondern auch vom Bauvolumen und vom Sozialen her." Jan Gradel, Chef der CDU-Fraktion, ist sicher: "Das wird auch bundesweit beachtet."
Gegenstimmen kamen lediglich von Linken, Bunten Linken, AfD und "Partei". Sahra Mirow (Linke) begrüßte zwar das geplante Wachstum der GGH und ist offen für höhere Mieten für Gutverdiener. "Aber eine Steigerung auf zehn Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete ist für Menschen mit geringen Einkommen zu viel. Da muss es ein Mittel geben." Die Neustrukturierung der Mieten muss der Stadtrat im Laufe des Jahres jedoch ohnehin gesondert beschließen.



