Heidelberg

Für ein einsames Haus muss die ganze Treppenanlage erneuert werden

Für zwei Millionen Euro muss die Brücke über die Bahngleise zum Wohnhaus im Valerieweg erneuert werden. Der Bezirksbeirat ist konsterniert.

31.10.2022 UPDATE: 31.10.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 56 Sekunden
Die Stahlkonstruktion über die Bahngleise verbindet die Schlierbacher Landstraße mit dem Wanderweg „Valerieweg“ – und dem einsamen weißen Haus an dessen Fuß. Die Stadt hat die Pflicht, dieses zu erschließen – und muss den maroden Steg daher nun teuer neu bauen. Foto: Rothe

Von Joris Ufer

Heidelberg. Ein einsames Haus steht am Fuße des Valeriewegs, direkt über dem S-Bahnhof Heidelberg-Altstadt. Dorthin gelangt man von unten nur über eine Stahlkonstruktion, die mittlerweile schwere Mängel aufweist. Und deren Kompletterneuerung soll – rechnet man eine provisorische Treppenanlage während der Bauzeit mit ein – insgesamt zwei Millionen Euro kosten.

Bei den Bezirksbeiräten der Altstadt stieß das Vorhaben vergangene Woche auf Unverständnis und Ablehnung. Doch eine andere Lösung ist nicht in Sicht, wie Bernd Weisbrod vom städtischen Tiefbauamt in dem Gremium erklärte.

Das Haus befindet sich heute in Privatbesitz und ist bewohnt. Die Eigentümer haben es vermietet. Aus rechtlichen Gründen muss die Stadt die Erschließung des Gebäudes sicherstellen. Dazu zählen unter anderem Zugangsmöglichkeiten für Rettungsdienste, Versorgungsleitungen und die Belieferung mit Heizöl, die bisher mit einem langen Tankschlauch von der Schlierbacher Landstraße aus erfolgte.

Die Lage des Hauses ist einzigartig – und der Zugang ungewöhnlich: Denn von dort führt der über 500 Meter lange, steile, schmale Valerieweg den Hang nach oben bis zum Schloß-Wolfsbrunnenweg. Der Wanderweg wurde einst nach der Tochter der österreichischen Kaiserin Elisabeth – besser bekannt als Sissi – benannt, weil Prinzessin Valerie mit ihrer Mutter mehrmals am Wolfsbrunnen zu Gast war.

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Aufgrund der Lage sind die Bewohner des Hauses auf den 1936 erbauten Steg angewiesen, der die Bahngleise überbrückt und dessen Treppe direkt an der Schlierbacher Landstraße endet. Schon im Jahr 2014 waren an der Konstruktion so schwere Mängel festgestellt worden, dass sie nun komplett zurückgebaut und neu errichtet werden muss.

Was die ganze Angelegenheit noch schwieriger macht: Gebäude und Steg bilden zusammen ein Kulturdenkmal, weshalb die für 2024 geplante Neukonstruktion ihrem Vorgängerbau aus grauem Stahl fast exakt gleichen muss. Lediglich die Breite soll von zwei auf zweieinhalb Meter erweitert werden. Kostenpunkt für die Neuerrichtung: 1,7 Millionen Euro. Hinzu kommen noch 300.000 Euro für eine provisorische Treppenanlage, die im April 2023 auf dem Bahnsteig von Gleis 2 errichtet werden soll, um während der Bauarbeiten die Anbindung des Wohnhauses sicherzustellen.

Die Bürgervertreter der Altstadt zeigten sich erstaunt bis verärgert über diesen großen finanziellen und materiellen Aufwand. Ob die Stadt das Haus nicht einfach kaufen könne, fragte eine Bezirksbeirätin. Tiefbauamts-Vertreter Bernd Weisbrod erklärte, dass man dann vor demselben Problem stehen würde, weil das Gebäude aus rechtlichen Gründen weiterhin "angedient" werden müsse. "Selbst das Abreißen wäre teurer, weil das nur aus der Luft geht", ergänzte er. "Wir haben alle Möglichkeiten durchdacht", bekräftigte Weisbrod, "aus der Nummer kommen wir nicht raus." Die außergewöhnlich hohen Gesamtkosten von zwei Millionen Euro seien allerdings auch auf die durch die Wirtschaftskrise deutlich gestiegenen Preise in der Baubranche zurückzuführen.

Ort des Geschehens

Nachdem die Bezirksbeiräte konsterniert alle denkbaren Alternativen durchgespielt hatten, wurde es in dem Gremium dann doch noch ein wenig heiter – zu absurd der Aufwand, der zur Erschließung eines einzelnen Hauses nötig ist. Letzten Endes wurde die Beschlussvorlage der Verwaltung abgelehnt. Eine andere Lösung für das historische Gebäude ist allerdings auch nicht in Sicht. Der schlechte Zustand des Stegs macht ein weiteres Aufschieben der Erneuerung unmöglich.

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